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Wallraff spricht von "moderner Sklaverei" bei GLS

Der Enthüllungsjournalist Günter Wallraff war wieder einmal unter falscher Identität unterwegs - diesmal beim europaweit tätigen Paketzusteller GLS. Nach mehrmonatigen Recherchen und Undercover-Einsatz für RTL und das "Zeit-Magazin" prangert der 69-jährige Schriftsteller "Menschenschinderei mit System" an. GLS wies die Vorwürfe zurück.

“Fahrer werden dort zu schwer durchschaubaren Bedingungen und in oft nur mündlichen Verträgen als Subunternehmer verpflichtet, ohne dass GLS sie auf die unternehmerischen und finanziellen Risiken hinweist. Viele werden total ausgebeutet, geraten in eine Schuldenfalle – und GLS stiehlt sich geschickt und komplett aus der Verantwortung”, sagte Wallraff der Nachrichtenagentur dpa am Mittwoch in Düsseldorf.

“Ich habe dort an verschiedenen Standorten mitgearbeitet und recherchiert – und habe Arbeitsbedingungen festgestellt, die körperlich, nervlich und finanziell ruinieren”, betonte der Autor. “Es konnten oft keine Pausen gemacht werden, nachts waren nur vier oder fünf Stunden Schlaf drin. Das Unfallrisiko ist enorm.” Und: “Wir waren in verbeulten Karren und bei Schnee und Eis auch mit Sommerreifen unterwegs”, erzählt der 69-Jährige. “Es ist ein System, das eine Form von moderner Sklaverei mitten in Deutschland darstellt.” Viele tausend Menschen seien betroffen, vor allem jüngere und männliche Beschäftigte.

Nach Wallraffs Einschätzung ist der Konzern nicht der einzige, der Dumpinglöhne zahlt und Verstöße gegen arbeitsrechtliche Regelungen bewusst in Kauf nimmt. “Bei mir häufen sich Zuschriften von vielen Betroffenen aus den unteren Hierarchie-Ebenen, aber auch von Managern, die diese Zustände nicht mehr verantworten wollen.”

GLS wies die Vorwürfe von Wallraff zurück. Es handele sich bei dem Beitrag um eine “einseitige und verkürzte Berichterstattung”, erklärte das Unternehmen am Donnerstag im hessischen Neuenstein. GLS verpflichte Transportfirmen “zur Beschäftigung von Fahrern in rechtskonformen, sozialversicherungspflichtigen Anstellungsverhältnissen”, hieß es in einer Mitteilung. Das Unternehmen mit Sitz in Amsterdam, das in Deutschland zu den vier größten Paketlogistikern gehört, “bedauerte” den Bericht.

(APA)

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