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Währing ohne Wald ... undenkbar

Heuer ist das Jahr des Waldes. Was das mit Währing zu tun hat? Sehr viel, denn Wald gibt es im 18. genug, auch wenn wir das oft erst merken, wenn die Waldtiere in unsere Gärten eindringen.
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Ohne Wälder gäbe es keine Zeitung, kein Rotkäppchen und kein Dach über dem Kopf – mit diesen Slogans haben die Vereinten Nationen das Jahr 2011 zum Internationalen Jahr der Wälder ausgerufen. Währing ist mit seinem Anteil am Wienerwald und mit seinen Parks ein wichtiger Teil der „grünen Lunge“ Wiens. 27,3 Prozent des Bezirks ist Wald oder Grünfläche. Der Wald ist Heimat für tausende Tier- und Pflanzenarten, Rohstofflieferant und Arbeitgeber. Gleichzeitig ist er ein wichtiger Bestandteil der Kulturgeschichte, Schatztruhe für Mythen und Märchen und Inbegriff von Natur und wilder Romantik. Manchmal trifft diese wilde Romantik mit aller Wucht auf die Währinger. Wenn die hungrigen Wildschweine zum Beispiel den Wald verlassen und nachts die Beete und Wiesen der Kleingärten durchwühlen. Das ist dann mehr wild als romantisch – eine Form der Rückeroberung der Stadt durch Tiere.

Die Stadt als Regenmacherin

Der Wienerwald hat ein eigenes Klima. Satellitenaufnahmen von Wien zeigen das deutlich. Ein im thermischen Infrarotbereich empfindlicher Sensor erfasst die Temperatur in Abhängigkeit von der jeweiligen Landoberfläche und Landnutzungsform. Das Ergebnis: Der Schafberg ist deutlich kühler als der Währinger Gürtel. Mitunter machen diese Unterschiede bis zu neun, zehn Grad aus. Sowohl im Sommer als auch im Winter ist die Temperatur im dichverbauten Gebiet höher als im Waldbereich. Interessant auch der Effekt des Wienerwalds auf die Niederschlagsmenge. Im Großraum Wien ist die Regenverteilung sehr unterschiedlich. In den Niederungen des Marchfelds bleiben die mittleren Jahresmengen an Niederschlägen bei unter 600 Litern pro Quadratmeter. Im Wienerwald liegt diese Menge allerdings bei durchschnittlich 800 Litern.

Der Wienerwald fungiert als eine Art Wetterscheide. Er schirmt die von Westen her kommenden feuchten Luftmassen ab. Auch die Luvoder Leelage (also windzugewandt oder windabgewandt) spielt eine Rolle. Dadurch bekommen Regionen in Wienerwaldsenken mitunter mehr Niederschläge ab als hoch gelegene. Es wird aber noch komplizierter. Die Stadt selbst verursacht auch Niederschläge. Einerseits wird der Wind durch die Hitze der Stadt aufwärts getrieben. Dadurch wird die Niederschlagswahrscheinlichkeit höher. Zweitens enthält die Stadtluft weit mehr Staubpartikel als im Umland. Sie bilden als Kondensationskerne den Ursprung von Regenwolken. Das braucht jedoch seine Zeit, sodass die selbst verursachten Regentropfen nicht in Wien prasseln, sondern im Lee der Stadt, also in Orth an der Donau oder in Fischamend. Ausflügler aus Wien, die sich dort beim Fischessen im Schanigarten über Regen ärgern, sollten daran denken, dass es ihr eigener Staub ist, der diesen Niederschlag erst verursacht hat. 10 bis 15 Prozent des Regens dort gehen auf den Hut der Stadt.

Der Waschbär, ein Erbe der Nazizeit

Dem dortigen Auwald und seinen Bewohnern kann es recht sein. Dort leben übrigens ebenfalls Wildschweine, so wie im Währinger Wienerwald. Aber: Welche Tiere leben noch im Schutz der Bäume? Zehn Spechtarten kommen im Wienerwald vor. Die Lebensräume sind die Wälder, Parks und Gärten. Als Höhlenbrüter sind sie auf geeignete Bäume angewiesen. Die Hauptnahrung vieler Spechtarten sind im Holz lebende Insekten, die in abgestorbenen Bäumen vorkommen. Leider lieben die Schnäbler auch neu thermisch sanierte Häuser. In die Außenfassaden bauen sie nur zu gerne ihre Nester. Ein weiterer Quälgeist ist der Waschbär. Das nachtaktive herzige Tier plündert jeden Mistkübel. Es hat übrigens 75 Jahre gedauert, bis sich dieser amerikanische Pelzträger bis nach Wien verbreitet hat. Reichsjägermeister Hermann Göring hat 1934 ein paar Paare an hessischen Seen ansiedeln lassen. „Nazi Racoons“ heißen sie deshalb bis heute in Großbritannien. Eine weniger anzügliche Vergangenheit haben die Rehe, Füchse und Hirsche, die durch den Wienerwald streifen. Sie vermitteln uns auch den märchenhaften Zugang zum Wald. So wie der Fliegenpilz, das Männlein, das im Walde steht, ganz still und stumm.

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