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Vorgaben schreiben millionenfaches Tierleid fest

Brüssel: Der EU-Ministerrat für Landwirtschaft und Fischerei hat Haltungsvorgaben für Masthühner beschlossen. "Die Richtlinie ignoriert wissenschaftliche Erkenntnisse und legitimiert schwere Tierschutz-Defizite".

Dies erklärt Iring Süss von VIER PFOTEN. Kernpunkte der VIER PFOTEN Kritik sind die Festschreibung viel zu hoher Tierdichten im Stall und die weitgehende Ausklammerung gravierender Tierschutzprobleme durch die einseitige Turbo-Zucht. „Mit dieser Entscheidung verspielt der Ministerrat eine wichtige Chance für den Tierschutz in Europa“, sagt Süss. In der EU werden jedes Jahr fünf Milliarden Masthühner geschlachtet, Österreich sind es jährlich rund 62 Millionen Tiere.

Nach der neuen Richtlinie werden sich in Zukunft bis zu 26 Masthühner auf einem Quadratmeter Stallfläche drängen. Dies entspricht dem beschlossenen Maximum von 42 Kilogramm pro Quadratmeter. „Masthühnern wird damit drastisch weniger Platz zugestanden als Legehennen in Käfigbatterien, die ab 2012 EU-weit verboten sind“, sagt Süss. VIER PFOTEN und andere Tierschutzorganisationen forderten bei den Beratungen eine Besatzdichte von höchstens 15 Tieren pro Quadratmeter. Dieses Maximum hatten auch die Veterinärexperten des Fachausschusses der Kommission empfohlen, um größere Tierschutzprobleme zu vermeiden. Der in der Richtlinie festgeschriebene Grundwert von 33 Kilogramm pro Quadratmeter wird in der Praxis für die wenigsten Mastbetriebe eine Rolle spielen, da sie die Zusatzanforderungen für eine Aufstockung auf 42 Kilogramm einhalten werden.

Schritte zur Vermeidung schwerer Tierschutzprobleme aufgrund der einseitigen Turbo-Zucht auf raschen Fleischzuwachs klammert die Richtlinie gänzlich aus. Zunächst soll hierzu lediglich ein Bericht erstellt werden. Dabei sind die schädlichen Auswirkungen dieser Zucht wissenschaftlich seit langem unstrittig. Die heutigen High-Tech-Hähnchen werden bereits nach 35 Tagen geschlachtet. Die Todesraten sind bei diesen Turbo-Masthühnern siebenmal höher als bei gleichaltrigen Legehennen und viermal höher als bei langsamer wachsenden Rassen. „Nicht selten sind mehr als 30 Prozent der Masthühner krank oder verletzt, wenn sie am Schlachthof ankommen“, erklärt Süss. Infolge der miserablen Haltungsbedingungen und der Überzüchtung leiden viele Tiere an Stoffwechselerkrankungen, Lahmheit und Hautkrankheiten, die Eingangspforten für Infektionen bilden. In den strukturlosen, dunklen Ställen können die Hühner ihr natürliches Verhalten nicht ausleben.

Viele Umfragen belegen, dass der Tierschutz für europäische Bürgerinnen und Bürger immer stärker an Bedeutung gewinnt. Mit dem so genannten „Aktionsplan für Tierschutz“ möchte die EU der rasch steigenden Bedeutung des Tierschutzes Rechnung tragen. „Die neuen Standards für Masthühner verkehren dieses Ziel ins Gegenteil“, kritisiert Süss. „Aus unserer Sicht ist die neue Richtlinie ein Armutszeugnis für die europäische Tierschutzpolitik, denn schwere Tierschutzprobleme werden nicht verhindert, sondern gesetzlich legitimiert.“

Österreich hat eine maximale Besatzdichte von 30 Kilogramm pro Quadratmeter im Tierschutzgesetz festgeschrieben. Landwirtschaftsminister Pröll stimmte auch als einziger Vertreter dezidiert gegen den EU-Kompromiss und erklärte: „Das ist ein bedauerlicher Sündenfall der EU beim Tierschutz, dem Österreich nicht zustimmen konnte.“ Rückfragehinweis:

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