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Vor Erdogan-Rede in Wien: Volksfest- Stimmung bei Demos und in Halle

Demonstration anlässlich des Besuchs des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan
Demonstration anlässlich des Besuchs des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan ©APA
Um 14 Uhr begann das Rahmenprogramm für den Auftritt des türkischen Premiers Tayyip Erdogan in der Albert-Schultz-Halle in Wien, seine Rede sogar noch später. Dennoch waren um 11 Uhr schon zahlreiche Anhänger auf dem Vorplatz, die besten Plätze vor der Videowall bereits besetzt. Auch die Demos gegen ihn waren schon unterwegs.
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Volksfeststimmung herrscht in Kagran, unter einem Meer türkischer und einzelner österreichischer Fahnen. Ob türkische oder österreichische Staatsbürger, die Austrotürken wollen Erdogan sehen.

Erdogan für Türken in Österreich Idol

“Ich bin österreichischer Staatsbürger, aber er ist ein Idol für mich”, sagt einer im Plaudern mit der APA. Erdogan mache in der Türkei Politik für die Menschen, während “die österreichische Politik zum Nachteil der Menschen ist”. Benachteiligt fühle er sich in Österreich aber nicht.

Halle in Wien-Donaustadt füllt sich

Die Halle füllt sich nach dem Einlass um 12.00 Uhr nur langsam, die Security hat alle Hände voll zu tun, die Menschen an den Absperrungen zurückzuhalten. In einem unbeobachteten Augenblick schafft es ein Dutzend über den Zaun und damit an den Schleusen vorbei, Gefahr für Erdogan dürfte von ihnen nicht ausgehen. Selbst für VIPs ist es schwer, in die Halle zu kommen. Nach stundenlangem Warten in der prallen Sonne sinkt die Laune, wenn sich jemand vordrängt, brandet hin und wieder ein gellendes Pfeifkonzert auf.

Teilnehmer erwarten friedliche Rede

Die von der APA befragten Teilnehmer erwarten eine friedliche Veranstaltung, eine Rede ähnlich wie unlängst in Köln, eigentlich wenig Neues. Trotzdem wollen sie dabei sein. “Ich bin türkischer Staatsbürger, dank der österreichischen Gesetze habe ich alle Rechte – außer dem Wahlrecht – wie die Österreicher und möchte nicht meine Rechte in der Türkei verlieren”, sagt einer. Er habe Elektrotechnik in Wien studiert. Da die Jobchancen in der Türkei besser sind, kann er sich vorstellen, zurückzugehen. Auch Ahmet, österreichischer Staatsbürger, “will zurück in meine Heimat”, abgestoßen durch die Politik in Österreich und “irgendwie indirekt schon diskriminiert”.

Gegner demostrieren ab dem Praterstern

Die Gegner Erdogans sammelten sich unterdessen rund fünf Kilometer entfernt am Praterstern in der Leopoldstadt. Etwa 30 linksgerichtete Organisationen hatten zu einer Gegendemonstration aufgerufen, die ab 15.00 Uhr bis zum Donauzentrum nahe der Albert-Schultz-Eishalle ziehen soll. Die Polizei rechnet aktuell mit bis zu 6.000 Teilnehmern, gegen 13.30 hatten sich jedoch lediglich rund 2.000 Personen bei der Auftaktkundgebung versammelt, sagt Polizeisprecher Roman Hahslinger auf APA-Anfrage.

“Du Mörder, Tyrann, Dieb, Lügner, Terrorist”

Türkische Fahnen suchte man am Praterstern vergeblich, stattdessen prägten die Flaggen kurdisch-türkischer, alevitischer und kommunistischer Vereine das Bild. “Erdogan halt dein verlogenes Maul. Du Mörder, Tyrann, Dieb, Lügner, Terrorist”, steht auf einem der zahlreichen Schilder und Transparente zu lesen. “Erdogan hat in Europa nichts verloren. Er soll den Wahlkampf zuhause führen”, sagte die 49-jährige Diane, die das Schild vor sich hertrug. Aktuelle Bilder der Demos finden Sie hier.

Kritik an Erdogan-Medienpolitik

Andere Demonstranten kritisieren vor allem die Gesellschafts- und Medienpolitik des türkischen Premiers. “Die Medien in der Türkei lügen, Erdogans Medien. Es gibt nur wenige Sender, die die Wahrheit berichten”, erklärt etwa die 16-jährige Diren. “Erdogan ist wie Gift für die Gesellschaft”, fügt der 39-jährige Ömer von der kurdischen “Demokratischen Arbeiterföderation” hinzu. Die Polizei beschreibt die Lage als “sehr ruhig”, auch die Zusammenarbeit mit dem Versammlungsleiter sei “sehr gut”, sagt Hahslinger.

Zweite Demo gegen türkischen Premier

In der Operngasse, am Startpunkt des zweiten Demonstrationszuges hatten sich kurz vor 14.00 laut Polizei rund 400 Personen versammelt. Hier hatte der Verein zur Förderung des Gedankenguts von Kemal Atatürk zum Protest aufgerufen. Man könne sich nicht mit allen Gruppierungen der Kundgebung am Praterstern identifizieren, sagte Vereinsobmann Murat Barlan im Vorfeld zu APA. Es würden etwa Anhänger “terroristischer Gruppen” wie etwa der Kurdischen Arbeiterpartei PKK und “kommunistische Gruppen” teilnehmen.

“Erdogan durch Zusammenhalt stark”

Für den 18-Jährigen Kadir, einen Teilnehmer der Demonstration am Praterstern, ein Fehler: “Es ist falsch, dass wir zersplittert sind. Was Erdogan so stark macht, ist, dass alle zusammenhalten”, meint er.

Spindelegger gegen Aufwiegelung der Bevölkerung

Vizekanzler ÖVP-Obmann Michael Spindelegger äußerte am Donnerstag vor der Rede die Hoffnung, dass Erdogan bei seinem Besuch in Wien “nur wahlkampfbedingte Aussagen” mache, wo es “nicht darum geht, die Bevölkerung gegeneinander aufzuwiegeln”. Erdogan habe ihn im Vorfeld gefragt, ob er ihn treffen könne, “aber ich bin hier und kann daher nicht”, so Spindelegger in Luxemburg. Spindelegger nimmt Donnerstag an der Tagung des ESM-Rates und anschließend an der Eurogruppe teil, sowie am Freitag am EU-Finanzministerrat.

(apa/red)

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