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Verzweifelte Frauen werfen ihre Babys über Stacheldraht

Laut Journalisten werfen verzweifelte Mütter ihre Kinder über den Zaun des Airports, um sie in Sicherheit zu bringen.
Laut Journalisten werfen verzweifelte Mütter ihre Kinder über den Zaun des Airports, um sie in Sicherheit zu bringen. ©AP; Canva
Weiter Chaos rund um Kabuler Flughafen: Afghaninnen sollen aus Verzweiflung ihre Kinder über den Flughafenzaun geworfen haben.
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Tödliches Chaos um US-Militärflieger

Rund um den Flughafen der afghanischen Hauptstadt Kabul herrscht weiter Chaos. Einheimische Helfer berichteten von verstopften und teils unpassierbaren Straßen. Das österreichische Krisenteam, das die noch in Afghanistan befindlichen Österreicher bei der Ausreise unterstützen soll, befindet sich mittlerweile in Taschkent. In der Provinzstadt Asadabad gab es laut einem Augenzeugen Tote, nachdem Taliban bei einer Kundgebung anlässlich des Nationalfeiertags geschossen hatten.

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Noch ist unklar, ob die Menschen bei einer Massenpanik oder durch die Schüsse getötet wurden. Am 19. August wird die Unabhängigkeit des Landes von Großbritannien gefeiert.

Demonstranten: "Lang lebe Afghanistan"

In sozialen Medien kursierten am Donnerstag zudem Videos, wie etwa in Kabul eine Menge mit geschätzt 100 Menschen durch eine Straße zog und die rot-schwarz-grüne Flagge hochhielt. Die Demonstranten riefen "Lang lebe Afghanistan" und "Unsere Flagge, unser Stolz". Zuverlässig überprüfen ließen sich die Aufnahmen und der Zeitpunkt der Aufnahmen zunächst nicht. Die Nationalflagge entwickelt sich seit der Machtübernahme der Taliban zunehmend zu einem Protestzeichen gegen die Islamisten, die eine eigene Fahne haben - weiß, mit dem islamischen Glaubensbekenntnis.

"Tornado des Wahnsinns"

US-Präsident Joe Biden sagte in einem Interview mit dem Sender ABC, dass sich die Taliban nun entscheiden müssten, ob sie von der internationalen Gemeinschaft anerkannt werden. Dass die Gruppierung ihre Grundüberzeugungen aufgegeben habe, glaube er jedoch nicht. Die CNN-Journalistin Clarissa Ward, die als eine von wenigen ausländischen Journalistin noch in Kabul ist, sprach von einem "Tornado des Wahnsinns". Ihr zufolge warfen Menschen Babys über den Zaun des Airports, um sie in Sicherheit zu bringen. Die Taliban seien mit Peitschen und Waffen unterwegs, um die Menschen zurückzuhalten.

Biden betonte, das Chaos beim Abzug der amerikanischen Truppen sei unvermeidbar gewesen - wegen des Zusammenbruchs der afghanischen Regierung, des Militärs und der schnellen Machtübernahme durch die Taliban. Biden versicherte, die US-Soldaten am Flughafen könnten notfalls auch über den geplanten Abzugstermin am 31. August hinaus bleiben. "Wenn dort noch amerikanische Bürger sind, werden wir bleiben, bis wir sie alle rausgeholt haben."

Afghanen fürchten Rückkehr der Schreckensherrschaft

Nach ihrem Eroberungszug haben die Taliban am Sonntag die Macht im Land übernommen. Viele Afghanen befürchten eine Rückkehr der Schreckensherrschaft der Islamisten der 1990er-Jahre, während der etwa Frauen vom öffentlichen Leben ausgeschlossen waren und die Vorstellungen der Islamisten mit barbarischen Strafen durchgesetzt wurden. Viele Menschen wollen deshalb das Land verlassen. Deutschland, die USA und andere Staaten fliegen derzeit eigene Staatsangehörige und afghanische Helfer aus. Die Taliban forderten alle Menschen ohne Reisegenehmigung auf, den Airport zu verlassen.

Österreicher bei Ausreise unterstützen

Österreichs Krisenteam, dass die noch in Afghanistan befindlichen Österreicher bei der Ausreise unterstützen soll, befindet sich mittlerweile in Taschkent, der Hauptstadt des Nachbarlandes Usbekistan, und soll mit einer Maschine der deutschen Bundeswehr so schnell wie möglich nach Kabul reisen. Das teilte eine Außenamts-Sprecherin auf APA-Anfrage mit. 50 Österreicher mit afghanischen Wurzeln hätten sich bisher beim Außenministerium oder der zuständigen Botschaft in Islamabad mit einem Ausreisewunsch gemeldet. Tschechien hat seine Evakuierungsoperation aus Afghanistan schon abgeschlossen, bestätigten Premier Andrej Babis und Außenminister Jakub Kulhanek in Prag.

In Kabul kommt es seit der Machtübernahme zu immer mehr Autodiebstählen und Einbrüchen. Augenzeugen berichteten, Männer, die sich als Taliban ausgäben, verschafften sich Zugang zu Häusern und nähmen auch Autos oder Motorräder mit. Unter den Betroffenen waren auch Angehörige des Militärs und ein ehemaliger hochrangiger Regierungsvertreter.

(APA)

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