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Verspätete Aktenlieferung: Blümel entschuldigt sich

Blümel erklärte im "ZiB2"-Interview, warum die Akten für den U-Ausschuss so lange zurückgehalten wurden.
Blümel erklärte im "ZiB2"-Interview, warum die Akten für den U-Ausschuss so lange zurückgehalten wurden. ©ORF.at/ZiB 2
Gernot Blümel hat sich im "ZiB2"-Interview am Montagabend für die späte Aktenlieferung an den U-Ausschuss entschuldigt, verteidigte dabei aber gleichzeitig seine Vorgehensweise.
Ministeranklagen gegen Blümel
"Mangel an Respekt"
Akten als "geheim" geliefert

Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) hat seine Vorgehensweise im Streit um Aktenlieferungen für den Ibiza-Untersuchungsausschuss verteidigt und sich dafür entschuldigt, sollte der Eindruck entstanden sein, dass er die Verfassung nicht achte. Er sei ein "überzeugter Demokrat und Patriot" und fühle sich "der Verfassung und den Institutionen zu tiefst verpflichtet". "Wenn ein anderer Eindruck entstanden ist, tut es mir leid. Dafür möchte ich mich aufrichtig entschuldigen".

Geheimhaltungsstufe soll laut Blümel herabgestuft werden

Er zeigte sich in der "ZiB2" Montagabend bereit, über eine Herabstufung der Geheimhaltungsstufe der gelieferten Akten mit den Abgeordneten zu sprechen und die Akten auch elektronisch zu liefern. Blümel hatte vom U-Ausschuss geforderte Unterlagen erst nach einem Exekutionsantrag des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) geliefert, sie wurden dabei als "geheim" klassifiziert und nur in Papierform ausgehändigt. Nun zeigte sich Blümel bereit, die Klassifizierung herunterzustufen und elektronisch zu liefern.

Er verteidigte aber gleichzeitig seine Vorgehensweise. Der Aktenlieferungsantrag des Ausschusses sei so weitgefasst gewesen, dass Geschäftsgeheimnisse Dritter und Krankenstanddaten von Mitarbeitern dem Parlament bekannt gegeben werden mussten. Es seien ganze Emailpostfächer angefordert worden, die zahlreiche Daten enthalten haben, die nichts mit dem Untersuchungsgegenstand zu tun haben, erklärte Blümel. Deswegen habe man mit der Lieferung so lange gezögert.

Am Montag tagt dazu der Nationalrat. Auf den entsprechenden Termin hat sich am Dienstag die Präsidiale verständigt. Die Debatte ist für Mittag anberaumt. SPÖ, Freiheitliche und NEOS wollen dabei neuerlich mit Anträgen Blümel aus dem Amt bewegen.

Erbost ist weiterhin die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ). Sie sprach in einer Aussendung von demonstrativer Geringschätzung einzelner Minister in der Zusammenarbeit mit dem Nationalrat und seinen Kontrollinstanzen. Sie fordert eine Sonderpräsidiale mit einem Umstufungsvorschlag zu den Vorlagen des Finanzministeriums.

Finanzminister zögerte bei Herausgabe wegen sensibler Daten

Er sei "sehr sensibel vorgegangen, um alle Rechte zu wahren". Das Ministerium habe viele rechtliche Argumente. Dass der VfGH am Ende gegen das Ressort entschieden habe, kommentierte Blümel mit den Worten: "Im Nachhinein ist man immer klüger". Er erinnerte aber auch daran, dass auch das Justizministerium eine Meinungsverschiedenheit bezüglich der Herausgabe des Ibiza-Videos mit dem U-Ausschuss gehabt habe und der VfGH angerufen werden musste.

Wolfgang Peschorn, Chef der Finanzprokuratur, erklärt ebenfalls, dass der Finanzminister bei den U-Ausschuss-Akten lieferbereit gewesen sei und man schon im März versucht habe, eine Einigung mit den Abgeordneten herzustellen. Er habe dem U-Ausschuss angeboten, alle Nachrichten und Daten in einen Datenraum einzuliefern und gemeinsam mit U-Ausschuss und IT-Spezialisten vom U-Ausschuss gewählte Suchbegriffe einzugeben und die Treffer vorzulegen. Das sei abgelehnt und dann ohne weitere Verständigung der Exekutionsantrag eingebracht worden, sagte Peschorn dem "Standard" (Dienstagausgabe).

Sobotka startete Vermittlungsversuch

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) hat im Streit um Aktenlieferungen indes einen Vermittlungsversuch gestartet. Er hat die Parteienvertreter zu einer "Fraktionsführerinnen-Besprechung" am Mittwoch geladen, bei der auch Vertreter des Finanzministeriums anwesend sein sollen. Ziel des Treffens sei es, über die von der Opposition kritisierte hohe Klassifizierung zu sprechen.

"Ziel ist es, jene Akten und Unterlagen zeitökonomisch zu identifizieren, die nach nochmaliger Prüfung der ursprünglich zugedachten Klassifizierung durch den Bundesminister für Finanzen herabgestuft werden können, um eine rasche Behandlung im Untersuchungsausschuss sicherzustellen", so Sobotka.

Ministerium sei immer lieferbereit gewesen

In einer Pressekonferenz am Dienstag erklärte Blümel, dass die Gegendarstellung von Wolfgang Peschorn, dem Chef der Finanzprokuratur, verfasst worden sei. Das Höchstgericht sei den darin formulierten Argumenten jedoch nicht näher getreten, und in der Folge sei es zur Lieferung der Daten gekommen, so der Ressortchef. Lieferbereit sei das Ministerium immer gewesen, es sei aber auch um die Rechte der Mitarbeiter und den Schutz der persönlichen Daten in den Postfächern gegangen. Erneut zeigte er sich bereit, die Einstufung von bestimmten Akten herunterzusetzen, allerdings unter der Voraussetzung, dass man sich über deren Relevanz für den Untersuchungsausschuss einige.

Kickl fordert Aufklärung von Van der Bellen

FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl sah die ÖVP bei einer Pressekonferenz dagegen "erstmals in einer Situation, wo es ihr nicht mehr gelingt, den Deckel auf allen Schweinereien draufzuhalten". Das System aus Korruption und Begünstigung sei ein Symbol für den "tiefen Staat", den die Partei über Jahrzehnte aufgebaut habe. Bundeskanzler Sebastian Kurz und Blümel trieben dieses nun zum "Exzess". "Türkis ist nix anderes als die neue Fassadenfarbe am uralten Haus der ÖVP", so Kickl, die Partei ein Fall für den "Mafiaparagraphen".

Auch von Bundespräsident Alexander Van der Bellen erwartet sich Kickl Aufklärung: "Ich will von ihm wissen, wie das Gespräch mit Blümel abgelaufen ist" - also etwa, ob der Präsident gewusst habe, dass Blümel die Akten nur ausgedruckt und in der zweithöchsten Geheimhaltungsstufe liefern werde - "oder hat er vergessen zu fragen oder gibt es einen Deal zwischen den beiden?" Van der Bellen könne ja sagen, dass die Akten elektronisch zu liefern seien. Hinter Blümels Vorgehen ortet er eine Verzögerungstaktik, um den nur noch einige Wochen tagenden Ausschuss zu überstehen. Die Form der Aktenlieferung entspreche eigentlich einer Nicht-Lieferung.

Hinterfragen will Kickl außerdem die Rolle der Grünen: So müsse sich Klubobfrau Sigrid Maurer fragen, ob sie weiter die "Schutzmantelmadonna der ÖVP-Korruptionisten" spielen wolle.

Auch Kritik von SPÖ

Kritik kam auch von SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch. "Es ist offensichtlich, dass Blümel die Aufklärung der türkis-blauen Machenschaften behindern will, wo es nur geht", meinte er in einer Aussendung. Dazu passe auch der Vorschlag des U-Ausschuss-Vorsitzenden und Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka (ÖVP), die Wahrheitspflicht im U-Ausschuss abzuschaffen. Die ÖVP unternehme alles, um parlamentarische Aufklärungsarbeit zu sabotieren.

Auch die Fraktionsvorsitzenden der Opposition im U-Ausschuss meldeten sich wieder zu Wort. Jan Krainer (SPÖ) sprach im Ö1-"Mittagsjournal" vom "Papierln" der Parlamentarier und des Bundespräsidenten durch Blümel. Christian Hafenecker (FPÖ) ortete den Versuch der ÖVP, die Ausschussarbeit zu verunmöglichen, und Stephanie Krisper (NEOS) im pauschalen Hochstufen der Akten eine verbotene Vorgangsweise.

(APA/Red)

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