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Verkehrsverbünde würden 1-2-3-Ticket begrüßen

Die Verkehrsverbünde würden ein 1-2-3-Ticket begrüßen.
Die Verkehrsverbünde würden ein 1-2-3-Ticket begrüßen. ©APA
Die österreichischen Verkehrsverbünde stehen dem 1-2-3-Ticket positiv gegenüber, äußern aber Skepsis, wenn es um die Finanzierung geht. Zudem müsse besonders am Land das Öffi-Netz viel stärker ausgebaut werden.

Um einen Euro pro Tag in einem Bundesland, um zwei Euro in zwei und um drei Euro täglich durch ganz Österreich - das geplante 1-2-3-Ticket gehört zu den ambitioniertesten Projekten der Regierung. Die 1er-Variante um 365 Euro im Jahr ist bereits in Wien und Vorarlberg umgesetzt, was in beiden Bundesländern zu einem hohen Anstieg bei den Jahreskarten führte.

Eine Projektgruppe für die Umsetzung der österreichweiten Variante wurde bereits aufgestellt, im ersten Halbjahr soll es ein gemeinsames Kick-off-Treffen mit allen Betroffenen geben, kündigte Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) bereits Ende Jänner an. Einfach ist die Umsetzung nicht, müssen schließlich sieben Verkehrsverbünde und neun Bundesländer mitmachen. Eine große Hürde ist die Finanzierung des Projekts, auch sind Investitionen in die Infrastruktur erforderlich. Prinzipiell stehen aber beinahe alle Beteiligten der österreichweiten Jahresnetzkarte für den öffentlichen Verkehr positiv gegenüber.

VOR wartet auf Details zur Finanzierung

Beim Verkehrsverbund Ost-Region (VOR), in dem Wien, Niederösterreich und das Burgenland zusammengefasst sind, freut man sich "sehr über den allgemeinen Konsens, dass der öffentlichen Verkehr aus ernstzunehmenden Klimadebatten nicht mehr wegzudenken ist", wie es in einer Stellungnahme gegenüber der APA hieß. Allerdings sieht der VOR noch einigen Gesprächsbedarf: "Nicht nur in Bezug auf die Finanzierung des 1-2-3-Tickets selbst warten wir auf die Details vom Bund. Es müssen auch dringend Gespräche hinsichtlich Ausbau des Angebotes und Ausbau der vorhandenen Infrastruktur in den Städten, dem Stadtumland und der Region geführt werden."

Denn schon jetzt seien zur Hauptverkehrszeit viele Züge ausgelastet. Zudem müsse beim Bus- und Bahnausbau auch die Verfügbarkeit von Fahrzeugen und qualifiziertem Personal berücksichtigt werden. Außerdem müsse das Verkehrsministerium vor Einführung des 1-2-3-Tickets definieren, wie mit bestehenden Tarifsystemen umgegangen wird - etwa mit den vergünstigten Jugend-, Senioren- oder Studierendentickets. "Darüber hinaus gilt es auch Fälle zu bedenken, in denen aktuelle Jahreskartenbesitzerinnen und -besitzern durch das 1-2-3-Ticket Verteuerungen erfahren", gab man beim VOR zu bedenken.

Die Wiener Verkehrsstadträtin Birgit Hebein (Grüne) sicherte für das Projekt "meine volle Unterstützung" zu: "In Wien sind wir zuversichtlich, dass vor allem viele Pendlerinnen und Pendler umsteigen - aktuell kommen täglich 200.000 Autos aus den umliegenden Bundesländern in die Stadt."

Vorarlberg bereits mit Erfahrung bei 365-Euro-Ticket

Als vehementer Befürworter des 1-2-3-Tickets will Vorarlbergs Mobilitätslandesrat Johannes Rauch (Grüne) das Projekt der neuen Bundesregierung mit Nachdruck unterstützen. In Vorarlberg habe man sechs Jahre Erfahrung mit dem 365 Euro-Ticket gesammelt, gezeigt habe sich "ein Anstieg von 50.000 auf 75.000 Jahreskarten, ein Zehn-Prozent-Plus bei den Passagierzahlen pro Jahr, eine enorme Akzeptanz, und wirtschaftlich rechnet sich das Ganze auch", betonte Rauch gegenüber der APA. Dafür seien nicht nur massive Investitionen notwendig gewesen, auch habe man eine Reihe von regionalen Personennahverkehrsverbünden "unter einen Hut bringen müssen". Ähnlich werde das beim österreichweiten Ticket sein. "Mit guter Planung und kundenorientierter Abstimmung der unterschiedlichen Anbieter ist das zu schaffen", so Rauch.

Verkehrsverbund Vorarlberg-Geschäftsführer Christian Hillbrand hält das 1-2-3-Ticket ebenfalls "für ein wichtiges Angebot, damit noch mehr Menschen auf die öffentlichen Verkehrsmittel umsteigen". Zur Realisierung hält er wie Rauch aber einen umfassenden und konsequenten Ausbau von Bus- und Bahnverbindungen für notwendig. "Eine weitere Aufgabe, die wir zu lösen haben werden, ist die Klärung der Frage, wo die Tickets verkauft werden und wie die Erlöse unter den verschiedenen Verkehrsverbünden aufgeteilt werden können", so Hillbrand.

Positive Rückmeldung aus Tirol

Auch der Verkehrsverbund Tirol (VVT) steht dem 1-2-3-Ticket grundsätzlich "sehr positiv gegenüber", hieß es auf APA-Nachfrage. In der praktischen Umsetzung gebe es allerdings noch einige Punkte und Herausforderungen, die es zu klären gelte - angefangen bei der Vereinheitlichung der Vertriebssysteme, bis hin zur Finanzierung. "Wir sind jedoch sehr gerne mit vollem Engagement dabei und freuen uns auf die Umsetzung, sobald diese Fragen geklärt sind", hieß es seitens des VVT.

Die Grüne Tiroler Verkehrslandesrätin und LHStv. Ingrid Felipe bezeichnete das 1-2-3-Ticket als "ein ambitioniertes Ziel, das uns auf dem Weg zur Klimaneutralität bedeutend weiterbringen wird" und als einen "Paradigmenwechsel" im öffentlichen Verkehr. "Als Vorsitzende der KlimaschutzlandesrätInnen arbeite ich derzeit an einem Antrag für die Konferenz im März, in welchem sich die Länder zum 1-2-3-Klimaticket bekennen und ihre Unterstützung bei der Umsetzung zusagen", so die Landesrätin.

Steiermark will Öffi-Verkehr weiter ausbauen

Jede Maßnahme, die zu einer weiteren Attraktivierung des ÖV beitrage, sei zu begrüßen, hieß es seitens der Verkehrsverbund Steiermark GmbH. Sichergestellt werden müsse jedenfalls - wie bei jeder Ermäßigung - die Kompensation der Einnahmenausfälle. Günstige Tarife seien nicht alles, in der Steiermark gebe es beim Ausbau von Angebot und Qualität Nachholbedarf. Durch eine Tarifsenkung alleine hätten z. B. Menschen in Regionen mit wenig Angebot keine Vorteile. Der für Verkehr zuständige steirische LHStv. Anton Lang (SPÖ) sagte, aus umwelt- und verkehrspolitischen Gründen wäre "das 1 2 3-Ticket natürlich ein Meilenstein. Es kann aber nicht sein, dass wir es z. B. über den Finanzausgleich selber zahlen müssen".

Auch Salzburg bei Finanzierung noch zögerlich

Beim Salzburger Verkehrsverbund begrüßt man den Vorstoß zu einer bundesweiten Netzkarte. "Wir stehen dem Projekt sehr wohlwollend gegenüber", sagte Geschäftsführerin Allegra Frommer zur APA. Salzburg habe erst im Dezember Regionaltickets nach ähnlichem Prinzip eingeführt. "Wir freuen uns, wenn wir hier unser Know-how einbringen können." Für den Erfolg eines österreichweiten 1-2-3-Tickets müssten die Details aber klar und durchdacht sein, etwa im Landesgrenzen überschreitenden Verkehr. Klarheit brauche es auch bei der Finanzierung: "Es geht um eine saubere Kostenschätzung mit nachvollziehbarem Finanzierungsplan und einem deutlichen finanziellen Bekenntnis des Bundes." Und auch wenn günstige Tickets ein wichtiger Hebel für einen attraktiveren öffentlichen Verkehr seien: "Ebenso wichtig ist es, dass die Fahrzeugkapazitäten aufgestockt werden und der Fahrplan bei Bus und Bahn österreichweit verdichtet wird", sagte Frommer.

Verkehrslandesrat Stefan Schnöll (ÖVP) sicherte Ministerin Leonore Gewessler (Grüne) bei der Umsetzung der Netzkarte "vollste Unterstützung" zu. "Es wird Schwierigkeiten geben, aber wir haben vor allem über Bundeslandgrenzen hinaus einen Riesenaufholbedarf", sagte er zur APA. So gebe es zwar einen gemeinsamen Tarifverbund mit Freilassing (Bayern), die Jahreskarten für Einpendler aus Oberösterreich seien aber oft sehr teuer. "Das kann man in Zeiten eines modernen öffentlichen Verkehrs nicht rechtfertigen." Eine unmittelbare finanzielle Belastung für das Land erwartet sich Schnöll nicht. "Im Regierungsprogramm ist von Bundesmitteln die Rede."

Schwaches Öffi-Netz in ländlichen Regionen

Für "grundsätzlich begrüßenswert" hält Kärntens Landesrat für öffentlichen Verkehr, Sebastian Schuschnig (ÖVP), den Vorschlag für das 1-2-3-Ticket. Nun müsse die Bundesministerin einen Vorschlag vorlegen, der auch Organisation, Finanzierung und Vertrieb beinhalte. Für Kärnten werden die Kosten das größte Thema sein, glaubte Schuschnig. Wenn man die Ausgaben der Länder für den Bereich vergleiche, sei Kärnten nicht einmal im Mittelfeld. Ausbauen müsse man hier zuerst das Angebot. "Wenn in meinem Tal nur zwei Mal am Tag ein Bus fährt, kommt es auf den Preis nicht an." Erst im zweiten Schritt könne man dann an Tarife und Ticketsystem arbeiten. "Der öffentliche Verkehr wurde in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten kaputtgespart." Schon heute gut funktioniere etwa das S-Bahn-System im Zentralraum, hier brachten die Takte sehr gute Fahrgastzahlen, so der Landesrat.

Oberösterreichs Infrastrukturlandesrat Günther Steinkellner (FPÖ) fürchtet, dass mit Einführung des 1-2-3-Tickets nicht mehr ausreichend finanzielle Mittel für den Ausbau der Öffis zur Verfügung stehen. Die Pläne der Bundesregierung dürften in "keinem Widerspruch zu den dringend notwendigen Ausbaumaßnahmen in OÖ stehen", sagte er und vertrat damit die selbe Meinung wie der OÖ Verkehrsverbund.

Denn die "Herausforderungen des 1-2-3 Ticketings liegen hauptsächlich in der Finanzierung", so Steinkellner. In Oberösterreich kalkuliert er alleine im OÖVV (Stadtverkehre und ÖBB Fernverkehr nicht mitgerechnet) mit Einnahmeausfällen von jährlich rund 20 Millionen Euro. Gleichzeitig seien aber in seinem Bundesland mehrere Großprojekte "in der Detailplanungs- und Umsetzungs-Pipeline". Den Finanzierungsbedarf für diese "Jahrhundertprojekte" sehen Landesrat wie Verkehrsverbund im "Milliardenbereich". Diese Finanzierung habe aus Sicht des OÖVV Priorität vor der Reduzierung von Tarifen.

OÖ: Geld ist "eine sehr knappe Ressource"

"Wenn Geld keine Rolle spielen würde, sollten sowohl sämtliche Ausbaumaßnahmen als auch die günstigen Preise realisiert werden. Allerdings ist Geld eine sehr knappe Ressource, für die der Steuerzahler aufkommen muss. Prioritär sehe ich die Ausbaumaßnahmen", meinte Steinkellner. "Das Angebot ist der entscheidende Faktor", betonte auch der OÖVV. "Der Öffentliche Verkehr wird dann genutzt, wenn eine attraktive Verbindung von A nach B besteht". Die Einheitspreissystematik sei ungerecht, weil sie Bürgern in Regionen mit sehr gutem ÖV-Angebot weiter begünstige und Menschen in Gebieten mit einem geringeren Angebot weiter keine Vorteile bringe, so eines der weiteren Argumente des Verkehrsverbundes, der die Einführung des 1-2-3-Tickets in seinem Interesse sieht, wenn genügend finanzielle Ressourcen zur Verfügung stünden, um Ausbau und günstige Tarife zugleich umzusetzen.

Der burgenländische Verkehrslandesrat Heinrich Dorner (SPÖ) sieht im 1-2-3-Ticket eine "sinnvolle Maßnahme, um den Umstieg auf Öffis voranzutreiben". Es müsse aber klar sein, dass die Länder die finanziellen Mehraufwendungen nicht alleine tragen können und der Bund einen "wesentlichen finanziellen Beitrag" leisten müsse, betonte Dorner auf APA-Anfrage. Insbesondere in ländlichen Regionen stehe man vor der Herausforderung, die erforderliche Verkehrsinfrastruktur zu schaffen. Zudem dürften die Ticketpreise für bestimmte Strecken nicht teurer werden als bisher, meinte Dorner.

NÖ: Mit Abstrichen positiv

Mit Abstrichen positiv steht Niederösterreichs Verkehrslandesrat Ludwig Schleritzko (ÖVP) dem "1-2-3-Ticket" gegenüber. "Seitens des Landes Niederösterreichs sagen wir ja zur Mobilitätswende und sind offen für alle Vorschläge", betonte er auf APA-Anfrage. Es müsse aber klar sein, dass vom Bund versprochene Leistungen auch vom Bund bezahlt werden. Hinsichtlich der Finanzierung des Angebots wurde aus dem Büro des Landesrats auf jährlich "zumindest 300 Millionen Euro an Zusatzkosten" für den öffentlichen Verkehr im Bundesland verwiesen. Schleritzko forderte in diesem Zusammenhang vom Bund auch eine Zusicherung, "dass trotz dieses finanziellen Mehraufwandes der Ausbau der Infrastruktur und Angebote nicht gefährdet wird".

(APA/red)

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