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Vea Kaiser legt nach: Auf "Blasmusikpop" folgt neuer Roman "Makarionissi"

Vea Kaisers zweiter Roman: "Makarionissi oder Die Insel der Seligen"
Vea Kaisers zweiter Roman: "Makarionissi oder Die Insel der Seligen" ©Kiepenheuer & Witsch / APA
Der Roman "Blasmusikpop" von Jung-Autorin Vea Kaiser war 2012 eines der meistbesprochenen Debüts des Jahres. Nun legt die 26-jährige Niederösterreicherin, die in Wien lebt, ihren zweiten Roman vor: "Makarionissi" ist unser Buch-Tipp der Woche.

“Ich bin katastrophal gescheitert”, seufzt die Autorin – und meint damit die Länge des Buches. “Ich wollte unbedingt unter 300 Seiten bleiben.” Doch “Makarionissi” umfasst erneut fast 500 Seiten.

Jungautorin liebt Epen und schrieb Familiensaga

Ihr Hang zur epischen Breite ist wohl auch von jener Materie beeinflusst, die sie neben dem Schreiben am meisten fesselt. Vea Kaiser studiert Altgriechisch, hat ihr in “Gesänge” gegliedertes neues Buch vorwiegend in Griechenland angesiedelt (mit Ausflügen u.a. nach Chicago und St. Pölten) und lässt nicht nur ihre Heldin Eleni Stefanidis immer wieder auf die heroische Vergangenheit Bezug nehmen. Dennoch ist das Buch, dem ein kleiner Stammbaum “der Geschichte Helden” vorangestellt ist, eine fast sechs Jahrzehnte umfassende Familiensaga und kein Heldenepos geworden.

Leiden der Roman-Heldin Eleni

“Heutige Helden, das sind für mich jene Menschen, die sich in Krisengebieten engagieren, für Ärzte ohne Grenzen oder das Rote Kreuz”, sagt Kaiser im Gespräch mit der APA. Politiker hätten hingegen gar nichts Heldisches mehr. “Das fehlt mir vollkommen in der politischen Kaste von heute: Ein Staatsmann, der bereit ist, sich unbeliebt zu machen. Doch Beliebtheitswerte sind ihnen wichtiger als alles andere.” Eleni hat zwar Zähigkeit, Durchsetzungsfähigkeit und Intelligenz für die von ihr angestrebte Politikerkarriere, doch wird die Links-Aktivistin von der Militärdiktatur gefoltert und gebrochen. Später halten sie turbulente Ereignisse ihrer Familiengeschichte davon ab, sich in die politische Geschichte ihres Landes einzuschreiben.

Krisengebeuteltes Griechenland als Thema

Das Buch mit Erscheinungstermin am 11. Mai endet in der von Krisen durchgebeutelten Gegenwart Griechenlands, in denen die Linke erneut im Zentrum der Hoffnungen vieler steht. Ministerpräsident Alexis Tsipras und Finanzminister Giannis Varoufakis waren von Volk und Medien als neue Helden begrüßt worden. “Sie hätten die Möglichkeiten gehabt, haben aber viele bereits enttäuscht. Sie sind in den alten Strukturen gefangen. Ich hoffe sehr, dass Tsipras noch die Kurve kriegt. Denn wenn er scheitert, schlägt das politische Pendel in die Gegenrichtung aus”, sagt Kaiser. “Man darf nicht vergessen: Den Menschen geht es wirklich Scheiße. Das ist mit unserem Lebensstandard nicht mehr zu vergleichen. Die ganze Mittelschicht ist verarmt. Bei Bekannten in Thessaloniki haben alle früheren Geschäfte in ihrer Straße zugesperrt. Zwei haben wieder aufgesperrt – als Pfandleihhäuser…”

Entstehung von Vea Kaisers “Makarionissi”

Ursprünglich hätte “Makarionissi” gänzlich in der Gegenwart spielen sollen. “Mein Thema war ‘Freundschaft in Zeiten der Krise’. Es hat aber nicht funktioniert. Ich habe gemerkt, dass ich als Schriftstellerin nicht gut über aktuelle Dinge schreiben kann. Ich habe auch immer gefürchtet: Bis ich mit dem Buch fertig bin, ist das alles wieder passé, und in Griechenland geht es aufwärts. Ich wurde fortwährend eines Besseren belehrt.”

Wiederbegegnungen nach Jahren der Trennung sind ein zentrales Motiv in “Makarionissi”, wo es lange danach aussieht, dass Eleni mit dem ihr von der Familie als Gemahl zugedachten Cousin Lefti tatsächlich glücklich werden könnte. Warum klappt es mit den beiden nicht? “Ich verstehe das auch nicht”, lautet die verblüffende Antwort der Autorin. “Manche Menschen haben das Talent, es sich schwer zu machen. Sie wollen offenbar gar nicht glücklich sein”, laute eine ihrer bisherigen Lebenserfahrungen. “Es frustriert mich immer wieder, wie oft schöne Dinge nicht passieren, obwohl es so einfach wäre.”

Vea Kaiser: “Wollte Nerd in mir rauslassen”

Anspielungen auf Mythologie und Götterwelt finden sich erstaunlich wenige in dem Buch der Altgriechisch-Studentin. Dafür sei ihre wackere Lektorin verantwortlich, erklärt Kaiser. “Wenn’s nach mir ginge, hätte ich ja zum Beispiel alle Nymphen vorkommen lassen und den kleinen Nerd in mir mehr rausgelassen.”

Zum Untertitel “Die Insel der Seligen”

Dass “Makarionissi” (eine ebenso erfundene griechische Insel wie das Bergdorf Varitsi an der griechisch-albanischen Grenze, in dem ihr Buch beginnt) den Untertitel “Die Insel der Seligen” trägt, beziehe sich dagegen ganz auf die Antike und nicht darauf, dass Papst Paul VI. einmal Österreich so genannt haben soll, beteuert die Autorin. “Das ist offenbar eine Generationenfrage, denn das war für mich ganz neu. Für mich war das immer dieser mythologische Ort, an den die griechischen Helden gelangen, wenn sie sterben – ein Heldenparadies. Lukian hat viel darüber geschrieben.”

Drittes Buch schon in Arbeit

Und Nachschub ist auch schon in Arbeit: Das bereits begonnene dritte Buch von Vea Kaiser “spielt im Norden und Süden von Krems, in Wien-Liesing, auf der gesamten Strecke von Liesing nach Montenegro und in Montenegro. Protagonistinnen sind drei mitsiebzigjährige Damen, eine junge Schriftstellerin, die mit ihrem ersten Roman einen Riesenerfolg hatte und danach nie wieder ein Buch geschrieben hat, weil sie nur noch Affären hatte, und eine Leiche.”

Vea Kaiser: “Makarionissi oder Die Insel der Seligen”, Kiepenheuer & Witsch, 464 S., 20,60 Euro

Ab 11. Mai im Handel. Buchpräsentation am 14. Mai, 20 Uhr, im Wiener Rabenhof

Weitere Buch-Tipps finden Sie in unserem Special.

(apa/red)

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