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US-Präsidentenwahl in genau einem Jahr

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Noch genau ein Jahr dauert es bis zur Entscheidung, doch die Schlacht ist schon in vollem Gange. Nicht aus Artilleriedonner besteht der Gefechtslärm, sondern aus dem Klingen von Münzen und dem Rascheln von Geldbündeln.

In den USA ist der größte und teuerste Wahlkampf aller Zeiten angelaufen. Mehr als eine Milliarde Dollar (693 Mio. Euro) werden die Kandidaten wohl ausgeben, um am 4. November 2008 das Weiße Haus zu erobern. Über Erfolg und Misserfolg eines Anwärters entscheidet neben dem politischen Talent vor allem das Spendenkonto. Wer knapp bei Kasse ist, droht von der teuren Wahlkampfmaschinerie finanzstarker Gegner überrollt zu werden.

Zwar gibt es auch in den USA ein System staatlicher Wahlkampffinanzierung. Doch wer die Beihilfen annimmt, unterliegt Obergrenzen bei den Ausgaben. Weil das ein Nachteil in der großen Milliardenschlacht ist, schlagen die meisten Kandidaten das Staatsgeld aus und sammeln im Wahlvolk Spenden, die sie nach Belieben einsetzen können. Mehr als 420 Mio. Dollar haben die Anwärter so bisher eingenommen. Ungekrönte Spendenkönigin bei den Demokraten ist die frühere First Lady Hillary Clinton mit 90 Mio. Dollar, dicht gefolgt von ihrem Rivalen Barack Obama. Bei den Republikanern führen Mitt Romney und Rudy Giuliani mit 62 Mio. und 47 Mio. Dollar.

Das Geld befeuert einen Wahlkampf, der früher begann als je zuvor – über ein Jahr vor der eigentlichen Entscheidung. Der Republikaner Romney etwa lässt allein in den beiden kleinen Bundesstaaten Iowa und New Hampshire mehr als 10.000 Fernsehspots ausstrahlen. Dort beginnen im Jänner die Vorwahlen. Das Nachsehen haben Kandidaten, denen im Dauerwahlkampf finanziell die Puste ausgeht. „Das System ist falsch, es ist nicht gesund für Amerika und muss geändert werden“, seufzte zuletzt der Republikaner John McCain. Ende September hatte der einstmals als Favorit seiner Partei gehandelte Senator nur noch 3,5 Mio. Dollar auf dem Wahlkampfkonto.

Wenig Geld, keine Chance: Seit vor einigen Monaten McCains magere Ergebnisse beim Spendeneintreiben öffentlich wurden, sind seine Umfragewerte rasant gesunken. Renommierte Politiker wie Ex-Gouverneur Tom Vilsack oder Senator Sam Brownback haben ihre Kandidatur ganz zurückgezogen, weil ihnen das Geld fehlte.

Beobachter bemängeln, dass der Kontostand für politische Selektion sorgt, ehe überhaupt die Wähler befragt werden. „Es ist ein Teufelskreis“, sagt Linda Fowler, Politikprofessorin am Dartmouth College in New Hampshire. „Spender geben nichts, wenn sie einem Kandidaten den Sieg nicht zutrauen.“ Umgekehrt konzentrieren sich die Spenden auf jene Kandidaten, bei denen ohnehin die Kassen klingeln. Denn der Spendenstand sei ein Gradmesser für die Zugkraft und die Glaubwürdigkeit eines Kandidaten, sagt Fowler.

Relativ hilflos müssen Kandidaten wie McCain mitansehen, wie sich die Politkrösusse Clinton und Obama einen Kampf der Titanen liefern. Im kleinen Iowa, wo bereits am 3. Jänner die ersten parteiinternen Vorwahlen für die endgültige Nominierung eines Kandidaten stattfinden, unterhält Obama 31 Wahlkampfbüros mit 145 Angestellten, Clinton hat 22 Büros mit 130 bezahlten Mitarbeitern. Auch der Republikaner Mitt Romney hat in Iowa eine machtvolle Politmaschine aufgebaut. Um beinahe jeden Preis wollen die Kandidaten gleich zum Auftakt der Vorwahlsaison einen symbolträchtigen Sieg erringen – in der Hoffnung auf einen Durchmarsch zur Nominierung durch ihre Partei auf den Parteitagen im Sommer 2008.

„Der frühe Start, die Intensität, die Geldsummen: Dieser Wahlkampf ist ohne Beispiel“, urteilt Professor Tom Baldino von der Wilkes University. Noch bei der Wahl im Jahr 2000 hatten dem damaligen Kandidaten George W. Bush 185 Mio. Dollar für den gesamten Wahlkampf gereicht, Gegenkandidat Al Gore kam mit 120 Mio. Dollar aus. Diesmal wird jeder der beiden Kandidaten bis zur endgültigen Wahl wohl mehr als 500 Mio. Dollar (347 Mio. Euro) ausgeben.

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