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Unsicherheitsminister Kickl

©APA
Gastkommentar von Johannes Huber. Der Innenminister verbreitet nicht nur Angst. Beim Verfassungsschutz ist er zu einem echten Risiko geworden.

Zu Beginn seiner Amtszeit hat Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) sehr präzise festgestellt, dass die Sicherheitslage in Österreich zwar „sehr gut“ sei, es aber ein Problem mit dem „subjektiven Sicherheitsempfinden der Bevölkerung“ gebe. Warum? Weil die Politik versagt habe. Das kann man nur unterschreiben: 2015 gab es einen echten Ausnahmezustand, in dem der Staat in Anbetracht von Zehntausenden Flüchtlingen jegliche Kontrollfunktion aufgegeben hat. Das führte zu einem massiven Vertrauensverlust. Dieser wird jedoch weiter verstärkt. Und zwar von Leuten wie Kickl.

Wenn sich der Innenminister gerade nicht um den Aufbau einer berittenen Polizei kümmert, dann tut er vor allem dies: Vorschläge machen, wie Europa seine Grenzen dicht machen könnte. Oder mit hunderten Beamten eine Übung unter dem Titel „Pro Borders“ durchführen lassen. Oder allein schon aufgrund eines Treffens mit europäischen Amtskollegen in Innsbruck verschärfte Grenzkontrollen am Brenner durchführen lassen.

Solche Maßnahmen können als Signal an Menschen in aller Welt verstanden werden, die daran denken, nach Österreich zu fliehen. Die Botschaft an sie lautet: „Vergesst es, bleibt zu Hause, es gibt kein Durchkommen mehr!“ Dem steht aber auch ein Signal an alle Menschen gegenüber, die in Österreich leben: „Achtung, Achtung, es besteht echte Gefahr, wir müssen die Abwehrmaßnahmen ausbauen!“ Womit wir wieder beim „subjektiven Sicherheitsempfinden“ angelangt wären; es wird zusätzlich ramponiert.

Das ist eine Gratwanderung, die einen besonders verantwortungsbewussten Innenminister erfordern würde. Kickl ist es nicht. Im Gegenteil: Seine Vorgangsweise ist nicht mehr gerechtfertigt. Flüchtlinge in Afrika und im Nahen Osten überlegen es sich längst ein weiteres Mal, ob sie sich auf den Weg machen sollen. Sehr viele haben resigniert: Übers Mittelmeer kommen nur noch relativ wenige, am Brenner können sie laut Bürgermeister Franz Kompatscher an einer Hand abgezählt werden und auch in Österreich sind die Asylwerberzahlen wieder auf ein Vorkrisenniveau zurückgegangen. Kickl’sche Panikmache ist also ganz und gar nicht angebracht.

Und sie ist selbstverständlich auch dann nicht vertretbar, wenn sie dem Innenminister nur dazu dient, von der Verfassungsschutzaffäre abzulenken: Sein Vorgehen dort hat ihn zu einem echten Sicherheitsrisiko gemacht. Seit beim Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) aufgeräumt wird, können ausländische Dienste nicht mehr auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit setzen. Womit Österreich nicht mehr davon ausgehen kann, alle notwendigen Informationen zu bekommen. Leider.

Um nicht missverstanden zu werden: Gut möglich, dass sich unter ehemaligen ÖVP-Innenministerin schwerwiegende Missstände beim BVT entwickelt haben. Dann sind diese jedoch in geordneter Weise zu beheben. Und nicht in einer Art Selbstjustiz, die Kickl praktizieren lässt, indem etwa Belastungszeugen vor ihrer Einvernahme bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft zum Termin im Innenministerium empfangen werden. Das geht gar nicht, das riecht zu sehr nach Einflussnahme.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

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