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Und es gibt sie doch … Hexen!

Sie ist Psychologin, Fernseh- und Radioproduzentin, Festivalorganisatorin und Hexe – Lady Purple aus Wien Döbling.

Auch wenn Freunde Bedenken äußerten, dass ich als Frosch zurückkehren könnte, ich habe mich in die Hexenwohnung in Wien Döbling gewagt. Schon beim Eintreten war zu bemerken: hier wohnt eine Hexe, deren Lieblingsfarbe Lila ist.

Tanja Kozak ist 35 Jahre alt und der Wicca- Bewegung angehörig, einem neuheidnischen Kult, der im Jahr 1954 von Gerald Gardner gegründet wurde. Wiccas verstehen sich als Hexen, die die Natur verehren und diese als göttlichen Urgrund sowie geistigen und körperlichen Kraftspender ansehen. In der Wicca- Religion gibt es eine Göttin und ihren Gefährten, den „gehörnten Gott“, die als gleichberechtigt gelten. In den Ritualen wird Kontakt zu weiteren Göttern und Göttinnen als Erscheinungsformen der beiden Hauptgottheiten hergestellt. Im Gegensatz zu Österreich ist in den U.S.A. Wicca offiziell als Religion anerkannt. Lady Purple wünscht sich keine Institutionalisierung ihres Glaubens in Österreich, weil dies einen Verlust an Autonomie bedeuten könnte. Denn sie schätzt an Wicca besonders, dass es keine Oberhäupter und kein Dogma gibt. Es gibt jedoch HohepriesterInnen, zu denen sich auch Lady Purple mittlerweile zählt und die für ihre so genannten Coven verantwortlich sind. Innerhalb dieser Hexenzirkel wird das Basiswissen der Wicca vermittelt und es werden Ritualabläufe gelehrt. Im „Buch der Schatten“ – ein Art „magisches Arbeitsbuch“ – werden die verschiedenen Anleitungen schriftlich festgehalten und laufend ergänzt. Lady Purple sieht zwar Parallelen zwischen ihrer Tätigkeit als Psychologin und ihrer Funktion als Hohepriesterin, betont aber, dass Wicca- Rituale keine Psychotherapien sind.

Während der Rituale kommt es oft zu sehr intensiven, psychischen Vorgängen, die tiefe Emotionen bei den TeilnehmerInnen hervorrufen und zur Persönlichkeitsarbeit beitragen. Innerhalb vorab gezogener Engergiekreise sitzen die Wicca meist nackt beisammen und singen oder sprechen sich in Trance. In Wien wird es den Hexen schwer gemacht, ihre Rituale im Wald durchzuführen, denn in den städtischen Naturgebieten sind offene Feuer verboten. Auch alltägliche Probleme werden von den Hexen in Angriff genommen. Ob Prüfungsangst oder Liebeskummer, Lady Purple hilft gerne! Sie lehnt jedoch von ihr so bezeichnete „Dienstleistungshexen“ ab, die Geld für die Durchführung von Ritualen verlangen. Meine vorsichtige Nachfrage, ob die Möglichkeit besteht, Brad Pitts Herz für mich zu gewinnen, wurde von Lady Purple leider verneint. Sie erklärte, dass Liebeszauber kaum gegen den Willen des oder der Angebeteten wirkt und außerdem würde sie nie zwanghaft jemanden an eine andere Person binden. Nebenbei verriet sie, dass sie selbst Single ist. Der Wunsch nach Kindern ist bei ihr nicht dringlich, da sie bereits so viele Kinder in Form von Projekten „auf die Welt gebracht hat“. Ihr längstes Projekt ist ein Hexen- und Heidenstammtisch, der seit 10 Jahren zweimal im Monat statt findet und Raum für Information und Kommunikation geben soll. Weiters organisiert sie jährlich heidnische Festivals, so auch heuer wieder zum 6. Mal das „Merry Meet Festival“, auf dem sich Gleichgesinnte treffen, um an rituellen Workshops teilzunehmen, Vorträge anzuhören und sich ungezwungen auszutauschen.

Einen besonderen Hang hat Lady Purple auch zu verschiedenen Medien, die sie einerseits für ihre Hexenöffentlichkeitsarbeit nutzt und andererseits selbst verwendet, um ihre Themen zu verbreiten. So produziert sie seit 2000 die Sendung „Witches on Air“ auf Radio Orange, wodurch sie eine zeitlang mit den Schattenseiten von medialer Öffentlichkeit konfrontiert wurde. In den ersten Monaten ihrer Radiosendung bekam sie regelmäßig feindselige Zuschriften und Morddrohungen. Doch Lady Purple ließ sich nicht abschrecken und macht mittlerweile auch eine eigene Fernsehsendung namens „Hagazussa“, die auf dem Stadtsender Okto zu sehen ist. Sie möchte Interessierten die Welt der Hexen abseits von „Harry Potter“, „Buffy“ und „Charmed – Zauberhafte Hexen“ näher bringen und wünscht sich, dass die Wiccas sowie beispielsweise Christen ein selbstbestimmtes Leben führen können.

Bericht: Verena Aldrian

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