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Türkise Angst- und Panikmache

Innenminister Karl Nehammer verbreitet Angst und Panik.
Innenminister Karl Nehammer verbreitet Angst und Panik. ©APA/HERBERT NEUBAUER
Gastkommentar von Johannes Huber. Die ÖVP versucht die größte Krise nach dem Zweiten Weltkrieg dafür zu nützen, das rote Wien zu stürzen. Verantwortungsvolle Politik geht anders.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hat in einer parlamentarischen Anfrage nichts auszusetzen am Krisenmanagement, das der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) im Fall Ischgl zu verantworten hat. Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) berichtet wiederum, dass es in der Covid-19-Bekämpfung eine gute Zusammenarbeit mit der Stadt Wien gebe. Beides ist bemerkenswert: Sowohl Anschober als auch Mikl-Leitner beweisen, dass es möglich ist, die Pandemie nicht parteipolitisch auszuschlachten. Im Gegenteil, der Grüne Anschober würdigt ÖVP-, die Schwarze Mikl-Leitner SPÖ-geführte Arbeit.

Die türkise Bundes-ÖVP pfeift auf solche Sitten: Jetzt, in der größten Krise nach dem Zweiten Weltkrieg, betreibt sie erst recht Parteipolitik. Im Unterschied zu Mikl-Leitner suggeriert Innenminister Karl Nehammer (ÖVP), dass Wien komplett versage, Hilfe brauche und überhaupt: Seinen Angaben zufolge muss man in der Bundeshauptstadt einen Wellenbrecher gegen einen pandemischen Tsunami aufstellen.

Was der Innenminister hier betreibt, ist Angst-und Panikmache. Noch dazu in einem Bereich, der nur am Rande in seine Zuständigkeit fällt. Er hat sich um Sicherheit zu kümmern, nicht um Gesundheit. Dafür gibt es Anschober, den Gesundheitsminister.

Alles? Nein: Die türkise Bundes-ÖVP legt nach, Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) macht Wien ein „Angebot“: Sie möchte Dolmetscher entsenden, damit fremdsprachige Menschen ordentlich informiert werden können. Ist das nötig? Auf der offiziellen Covid-19-Informationsseite der Stadt gibt es Hinweise in gut zwei Dutzend Sprachen. Sprich: Auf Raab ist man eher nicht angewiesen. Ihr geht’s jedoch genauso wenig um einen konstruktiven Beitrag wie Nehammer: Absicht der beiden ist es vielmehr, Wien als heillos überfordert darstellen – und als potenzielle Quelle einer weiteren Infektionswelle.

Wobei man jetzt einen Einschub machen muss: Wie gut oder schlecht das Krisenmanagement der Stadt bzw. von Bürgermeister Michael Ludwig und Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (beide SPÖ) ist, wird sich wohl erst hinterher beurteilen lassen. Außerdem: In der Stadt gibt es momentan die meisten Neuinfektionen österreichweit. Zum Glück bewegen sie sich jedoch auf einem Niveau, das sehr weit von Tiroler und anderen Spitzenwerten vom März entfernt ist. Andererseits: Vorsicht ist geboten, was relativ klein anfängt, kann in diesem Fall übel enden.

Was laut ÖVP-Chef und Bundeskanzler Sebastian Kurz für Ischgl gilt, sollte jedoch auch für Wien gelten: Bei Ischgl spricht er sich gegen Schuldzuweisungen aus. Aber klar: Ischgl fällt in die Verantwortung seiner Parteifreunde. Und Wien ist sozialdemokratisch geführt. Da lässt Kurz mit zweierlei Maß messen.

Das macht das wahre Ziel der türkisen Volkspartei bzw. von Nehammer und Raab deutlich: Im Hinblick auf die Gemeinderatswahl im Oktober versuchen sie, das rote Wien zu stürzen. Kalkül: Die meisten Menschen sind schwer verunsichert und daher möglicherweise auch sehr leicht manipulierbar.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

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