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Trotz Automatenverbot: Glücksspielmarkt in Österreich wächst

Der Glücksspielmarkt in Österreich wächst.
Der Glücksspielmarkt in Österreich wächst. ©APA (Symbolbild)
Im Jahr 2015 wuchs der Glücksspielmarkt in Österrecih robust um drei Prozent und trotzte damit dem Verbot von Glücksspielautomaten und den strengeren Regeln in Wettsalons.

Insgesamt stiegen die Bruttospielerträge im Glücksspiel und bei Sportwetten 2015 um drei Prozent auf 1,551 Mrd. Euro, errechnete das Beratungsunternehmen Kreutzer Fischer & Partner (KFP). Das Gros entfiel mit 663 Mio. Euro auf Lotteriespiele des teilstaatlichen Casinos-Austria-Konzerns, wobei es hier einen Rückgang um 6 Mio. Euro gab. Der Umsatz mit “Lotto 6 aus 45” stieg aber wegen einer Preiserhöhung um fünf Prozent, so KFP am Dienstag.

Die Erlöse in Automatensalons außerhalb der 12 Spielbanken der Casinos Austria sackten um 10,6 Prozent auf 338 Mio. Euro ab. Das liegt zu einem Teil am Automatenverbot in Wien, das Anfang 2015 in Kraft trat.

Neue “Hotspots” von illegalen Spielautomaten

Laut Kreutzer jedoch wurden gleichzeitig viele illegale Geräte aufgestellt, die den Markt stützten. Allein in Wien sind seiner Rechnung zufolge 600 Apparate ohne Bewilligungen auf den Markt gekommen. Neuer “Hotspot” sei Oberösterreich, und in Westösterreich, wo das Automatenzocken eigentlich verboten ist, stünden weiter 1.700 einarmige Banditen.

Der Bruttospielertrag aus Automaten ohne Genehmigung schnellte laut KFP um 60 Prozent auf 116 Mio. Euro hoch, während der Novomatic-Konzern mit seiner Betreibertochter Admiral und die WINWIN-Spielhallen der Casinos-Austria-Gruppe Einbußen im zweistelligen Prozentbereich hinnehmen mussten.

Die Finanzpolizei alias “Soko Glücksspiel” war vergangenes Jahr oft unterwegs. 2.207 Geräte wurden beschlagnahmt, fast doppelt so viele wie 2014. Die meisten Geräte (763) wurden in Oberösterreich aus dem Verkehr gezogen. In Wien waren es 335 Automaten, in Niederösterreich 295, in Salzburg 255 und in Tirol 249.

Dass in der Steiermark (52) und in Kärnten (37) fast keine illegale Geräte beschlagnahmt wurden, liegt laut Kreutzer daran, dass sich die zuständigen Beamten so sehr vor Amtshaftungsklagen fürchten, dass sie sich weigerten, das Gesetz zu vollziehen. “Und die 52 Automaten in der Steiermark haben die Kollegen aus Niederösterreich eingezogen”, meinte Kreutzer beim diesjährigen “IIR Wettforum” in Wien. “Das spricht nicht für die Qualität des Glücksspielgesetzes (GSpG).”

Noch immer stehen in Österreich 2.986 illegale Glücksspielgeräte, erhob KFP im März 2016. Voriges Jahr waren es 300 Automaten mehr. Die meisten Apparate ohne Genehmigung gibt es der Studie zufolge in Salzburg (653), der Steiermark (588) und Tirol (502). In Wien ging die Anzahl der illegalen Geräte von 640 Stück kurz nach Inkrafttreten des Verbots auf zuletzt 433 zurück.

Online-Casinospiele boomen

Dass die ehemaligen Automatenspieler alle in den Online-Bereich abwandern, wie die Betreiber gewarnt hatten, kann Kreutzer so nicht bestätigen. Das rasante Wachstum der Online-Casinosspiele von 132 Mio. auf 152 Mio. Euro sei nicht auf Kannibalisierungseffekte zurückzuführen. Vielmehr hätten die Anbieter via Mini-Einsätze am Handy neue Zielgruppen erschlossen – vor allem Frauen. Für klassische Sportwetten sei das weibliche Publikum einfach nicht zu gewinnen. “Fußball: never ever”, so Kreutzer. Wer Frauen als Kundinnen gewinnen will, müsste sie zum Beispiel “Trennungswetten” locken: Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich Beyonce und Jay Z trennen?

Überraschenderweise, so Kreutzer, gingen die früheren Automatenzocker vermehrt ins “normale” Casino. Viele, die im großen Admiral-Salon im Wiener Prater oder in Oberlaa Automaten gefüttert hatten, taten dies nun im Casino Wien oder im Casino Baden. So stieg der Bruttospielertrag der 12 Casinos-Austria-Spielbanken im Vorjahr um ganze 26 Prozent auf 212 Mio. Euro. “80 Prozent des Wachstumsbeitrags kamen aus Wien und Baden.” “Diese neuen Zahlen stehen den Verwerfungen der Bundespräsidentenwahl um nichts nach.”

Weltweit machen Casinos ihr Geld vor allem mit Vielspielern – unter ihnen nicht wenige spielsüchtige oder suchtgefährdete Personen. Kreutzer nennt sie “High Roller”. “Ein Casino verdient mit 10 Prozent der Gäste 70 Prozent der Erlöse”, erinnert der Berater. Dass die Touristen das Geschäft ankurbelten, sei “der größte Blödsinn. Die High Roller, die zwei- bis dreimal in der Woche kommen, da verdienst du.” Auch das Casino in Bregenz gehe wegen der Vielzocker so gut.

Ausweichroute auf Sportwetten

Einige Wiener Automatenspieler sind auch auf die – ebenso umstrittenen – Sportwetten ausgewichen. Laut KFP legte der Sportwettenmarkt im Vorjahr um knapp ein Fünftel auf 186 Mio. Euro zu. Der Zuwachs sei zur Gänze dem stationären Geschäft zu verdanken. “Jemanden, der 30 Jahre an Automaten gespielt hat, werden Sie ganz schwer auf den PC bringen.”

Vor allem Live-Wetten (zum Beispiel: Wer bekommt die nächste Rote Karte?) gelten bei Spielsuchtexperten als Ersatzdroge für Automatensüchtige, die Stadt Wien hat sie deshalb heuer verboten. Sportwetten gelten in Österreich, im Gegensatz zu vielen anderen EU-Ländern, nicht als Glücksspiel und sind Ländersache.

In Österreich gibt es laut dem Suchtforscher Alfred Uhl um die 60.000 Menschen mit problematischem Spielverhalten, wie dieser anlässlich des am Montag veröffentlichten Berichts des neuen Kompetenzzentrums Sucht der Gesundheit Österreich GmbH erklärte.

(APA)

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