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Wiener SPÖ macht Weg frei: Kern wird wohl neuer Kanzler

Christian Kern wird wohl neuer Kanzler
Christian Kern wird wohl neuer Kanzler ©APA
Die Kür von ÖBB-Chef Christian Kern dürfte nur noch Formsache sein. Daran wird mittlerweile auch in der Wiener Partei nicht mehr gezweifelt. Ein Treffen zwischen Bürgermeister Michael Häupl und dem Bahnmanager soll laut Medienberichten heute bereits stattgefunden haben. Die endgültige Entscheidung fällt morgen.

Das Wiener Rathaus wird dabei vermutlich zur Teil-Sperrzone mutieren. Das liegt jedoch nicht an der Verleihung des Goldenen Ehrenzeichens an Fußball-Teamchef Marcel Koller durch Bürgermeister Häupl, die um 11.00 Uhr dort anberaumt ist. Vielmehr wird Häupl als Interims-SPÖ-Chef die roten Spitzenvertreter zu sich laden – um wohl die Kür von Kern zu fixieren.

Das Treffen, zu dem neben den Landesobleuten auch die anderen Granden der SPÖ wie Gewerkschaft und Klubspitze erwartet werden, findet hinter verschlossenen Türen statt. Neugierige Medienvertreter sollen so weit es geht ferngehalten werden. Laut Bürgermeister-Büro wird – wie auch bei anderen wichtigen Sitzungen inzwischen üblich – die Rathauswache jene Bereiche absperren, in denen die Unterredungen stattfinden.

Niemand zweifelt mehr an Kern

Eine genaue Uhrzeit wird nicht verraten, die Sitzung dürfte aber unmittelbar nach dem Festakt für Koller starten. Um ein “Hearing” handelt es sich bei der Zusammenkunft nicht, wie Häupl zuletzt gegenüber der APA betonte.

Offen ist vorerst auch, ob überhaupt mehrere Kandidaten dort erscheinen. Vielleicht ist es auch nur einer. Denn: Dass ÖBB-Chef Christian Kern der neue starke Mann in der SPÖ wird, daran wird – so ist zu hören – auch in Wien nicht mehr gezweifelt.

Zeiler bestätigt Absage: “Keine Kampfkandidatur”

Der Medienmanager Gerhard Zeiler hat am Donnerstag sein Interesse für den SP-Vorsitz zurückgezogen. Das bestätigte Zeilers Sprecher am Donnerstag.

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Demnach habe Zeiler dem interimistischen SP-Vorsitzenden Michael Häupl bei einem Treffen am Vormittag gesagt, dass er für eine Kampfkandidatur gegen ÖBB-Chef Christian Kern nicht zur Verfügung stehe.

Damit ist Kern offenbar der einzige verbleibende Kandidat für den SP-Vorsitz. Die Mehrheit der Landesorganisationen hat sich bereits für ihn ausgesprochen. Bereits am Freitag soll er im Kreis von SP-Granden präsentiert werden. Offiziell nominiert werden soll er nach jetzigem Stand bei einer Vorstandssitzung am Dienstag.

Wohl kein Überraschungskandidat

Zwar wurde Häupl eine Präferenz für den Medienmanager Gerhard Zeiler nachgesagt, der Bürgermeister selbst hat sich dazu jedoch nie dezidiert geäußert. Auffällig ist bestenfalls, dass sich die Wiener SPÖ mit Wahlempfehlungen in Sachen neuer Obmann zurückhält. Laut Informationen aus der Landespartei sind zu dem Thema auch keine Sitzungen der Parteigremien geplant.

Für die jüngsten Spekulationen, wonach Häupl noch eine überraschende Kandidatin ins Spiel bringe könnte, gibt es ebenfalls keine Bestätigung. Dazu werden – zumindest vorerst – nicht einmal Namen kolportiert. Brigitte Ederer, die hier immer wieder genannt wurde, hat selbst bereits abgewunken.

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Christian Kern – der smarte Bahnmanager

Dem smarten ÖBB-Sanierer und langjährigen Hoffnungsträger der Partei, Christian Kern, wird seit längerem nachgesagt, sowohl Interesse an diesem Amt als auch an jenem des Kanzlers zu haben. Nicht nur er selbst traut sich diese Doppelrolle durchaus zu.

Kern, als Sohn einer Sekretärin und eines Elektroinstallateurs in Wien-Simmering aufgewachsen, gilt als ehrgeizig und zielstrebig. Auf den ersten Blick mag der stets akkurat gekleidete 50-Jährige ein wenig arrogant wirken, im persönlichen Umgang ist er aber gewinnend. Das mag auch nötig sein, denn nicht alle in der Partei sind überzeugt, ob der in zweiter Ehe verheiratete Vater von drei Söhnen und einer Tochter jener Mann ist, der die Sozialdemokratie aus der Krise ziehen kann.

Dass Politik “nicht seine Stärke” sei, wie Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) in einem viel beachteten Interview 2014 meinte, glaubt aber außer ihr dann auch wieder niemand und selbst bei der engen Vertrauten von Werner Faymann (SPÖ) kann man davon ausgehen, dass sie diese Aussage nicht wirklich ernst gemeint hat. Denn Kern bringt durchaus Rüstzeug mit. Er ist in der (Partei-)Politik groß geworden, hat über viele Jahre erfolgreich im staatsnahen Wirtschaftsbereich gewirkt, ist telegen und eloquent.

Früher Start in die Politik

Nach einem kurzen Ausflug in den Journalismus dockte der damalige Publizistik-Student Kern, der später auch eine postgraduale Ausbildung am Management-Zentrum St. Gallen absolvierte, schon früh in der SPÖ an. Bereits mit 25 wurde er Assistent von Staatssekretär Peter Kostelka (SPÖ), drei Jahre später wechselte er mit seinem Chef ins Parlament und wurde Büroleiter und Pressesprecher des damals neuen Klubobmanns.

1997 folgte der zwischenzeitliche Ausstieg aus der Politik. Kern wechselte in den Verbund, wo er diverse Funktionen ausfüllte, ehe er 2007 in den Vorstand aufstieg. Pikanterweise war es gerade Bures, die ihn als Infrastrukturministerin 2010 zum Nachfolger von Peter Klugar als ÖBB-Chef machte.

Bahn auf Schiene gebracht

Galten die Bundesbahnen davor über Jahre als Krisenzone, hat Kern diese Ära beendet. Die Zahlen passen wieder, die Massen-Frühpensionierungen sind eingestellt, der Zentralbahnhof wurde rechtzeitig und innerhalb des Kostenrahmens fertig und auch Konflikte mit der streitbaren Eisenbahner-Gewerkschaft sind zumindest nach außen nicht sichtbar. Gefallen auch beim linken Flügel der SPÖ, dem Kern eher nicht zuzuordnen ist, erlangte er mit der unbürokratischen Abwicklung des Flüchtlingsstroms im vergangenen Jahr.

Dass Kern, der unter anderem die Unterstützung der steirischen und der Kärntner SPÖ und der früheren Staatssekretärin und Siemens-Managerin Brigitte Ederer genießt, höheres vorhatte, war schon länger absehbar. Gerne nahm der fleißige Manager Einladungen zu allerlei Diskussionen an, in denen er weit über die Bahn-Gleise hinausblickte. Wirklich klar, welche Agenda er als Partei- und Regierungschef fahren würde, sieht man vorerst dennoch nicht, hat sich Kern doch nie in eines der roten Lager hineintreiben lassen – möglicherweise derzeit ein Vorteil in der zerstrittenen Partei.

Begeisterter Sportler

Ausdauer für Überzeugungsarbeit jedweder Art sollte er mitbringen. Kern ist begeisterter Läufer und Mountainbiker. Seine fußballerische Leidenschaft ist die Wiener Austria, in deren Kuratorium er auch sitzt – nicht die schlechteste Präferenz für ein wohliges Leben an der SPÖ-Spitze, sind doch die roten Königsmacher Michael Häupl und Wolfgang Katzian echte violette Schwergewichte.

  • Christian Kern, geboren am 4. Jänner 1966 in Wien
  • Vier Kinder aus zwei Ehen
  • Studierter Kommunikationswissenschafter
  • Ab 1991 Assistent des damaligen Staatssekretärs Kostelka
  • Ab 1994 dessen Büroleiter als Klubobmann
  • 1997 Wechsel in den Verbund
  • Ab 2007 dort Vorstandsmitglied
  • Seit Juni 2010 Chef der ÖBB sowie
  • Seit 2014 Vorsitzender der Gemeinschaft europäischer Bahnen
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