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Teuerung beschert Organisationen heuer Spenden-Minus bis zu 20 %

Rund 350 Mio. Euro haben die Österreicher im vergangenen Jahr an gemeinnützige Organisation gespendet. Nach drei bis vier Jahre langer Stagnation wird für 2008 ein Rückgang von 10 bis 20 Prozent erwartet, sagte Günther Lutschinger, Geschäftsführer des Fundraising Verband Austria auf APA-Anfrage. Schuld ist in erster Linie die Teuerung - die gefühlte wie die reale.

Noch keine direkten Auswirkungen auf die Spendenfreudigkeit hat die Finanzmarktkrise, sie werden aber befürchtet. Trotzdem ist Caritas-Präsident Franz Küberl guter Hoffnung: Die Einlagensicherung sei “eine Einladung zum Teilen”, meinte er.

Die Teuerung bei Lebensmitteln, Heiz- und Wohnkosten bekommen vor allem untere Einkommensschichten zu spüren. Auf der einen Seite wird dadurch die Zahl der Hilfesuchenden größer, andererseits werden auch die Spender zurückhaltender.
Dies merkt man bei den 33 Sozialberatungsstellen der Caritas, die 2007 2,5 Mio. Euro an Soforthilfen ausbezahlt haben. Dieses Jahr habe der Run, der traditionell vor Weihnachten einsetzt, schon im September begonnen, so Küberl. “Heuer brauchen wir 3 bis 3,5 Mio. Euro”, so der Caritas-Präsident zur APA. Im Inland seien die Spenden aber bisher um 10 Prozent zurückgegangen.

Auch das Österreichische Rote Kreuz (ÖRK) hat in den vergangenen drei Monaten einen Spendenrückgang von rund 10 Prozent verzeichnet, so ÖRK-Marketing-Leiter Michael Opriesnig. Wegen der Teuerung können viele Spender die Mitgliedsbeiträge nicht mehr leisten. “Wir haben sogar Entschuldigungsbriefe bekommen.”

Dies bestätigte auch Lutschinger: In Österreich sei der Anteil der spendablen Wenigverdiener größer als im benachbarten Ausland, Höherverdiener dagegen seien hierzulande verhältnismäßig knausriger. Der heimische Durchschnittsspender ist älter, weiblich und gehört nicht zu den Spitzenverdienern.

Generell merken spendensammelnde Organisationen Unsicherheiten in der Bevölkerung sofort, so Opriesnig. Spenden sei eine hochemotionale Angelegenheit, Sorgen wirkten sich unmittelbar auf die Spendenfreudigkeit aus.
In diesem Zusammenhang kritisierte Küberl das Phänomen,”dass auf einmal alle möglichen Leute arm sein wollen.” Den wirklich Armen werde damit nichts Gutes getan. Auch Teuerung und Finanzkrise hätten Österreich insgesamt “ja nicht wirklich ärmer” gemacht, gab er zu bedenken.

Mit einem – ebenfalls teuerungsbedingten – Spendenminus von etwa 5 Prozent für 2008 rechnet das Österreichische Hilfswerk.
Von der Kapitalmarktkrise habe man noch nichts bemerkt, so Harald Blümel von der Bundesgeschäftsstelle des Hilfswerks. Den gleichen Rückgang verzeichnet SOS-Kinderdorf. Heuer fehlen bereits ungefähr 400.000 Euro – damit könnte 100 Kindern im Jahr der Unterhalt in einem Kinderdorf bezahlt werden, so Viktor Trager.
Grund für das Minus sei “mit Sicherheit die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung in den letzten Monaten”. Und: Der psychologische Effekt der drohenden globalen Rezession trage nicht unbedingt zur Besserung bei.

“Klare Befürchtungen”, dass sich die Finanzkrise nächstes Jahr auf die Spendenfreudigkeit niederschlägt, hat Gerhard Pock, stellvertretender Geschäftsführer von WWF Österreich. Die Diskussion um die Inflation und die Teuerung mache sich seit dem Frühjahr bemerkbar. Den heurigen Rückgang beim WWF bezifferte Pock mit 10 bis 20 Prozent.

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