AA

Terry Pratchett im Rabenhof

&copy Robin Matthews
&copy Robin Matthews
Eine normale Lesung war nicht zu erwarten: Denn gestern, Mittwoch, Abend war Terry Pratchett im Rabenhof zu Gast. Und der hat eines der schrägsten und witzigsten Literaturuniversen geschaffen!

Die „Scheibenwelt“, zugleich Fantasy-Parodie, sympathische Weltsatire und, vor allem, britisch-humoriges Lesevergnügen. Gewidmet war der Abend dem neuen Scheibenwelt-Roman „Klonk“. Gelesen hat Pratchett jedoch nicht daraus. Aber gezeigt, dass ein Autor auch im wirklichen Leben so lustig sein kann wie in seinen Büchern.

Es ist ein leichtherziges und zugleich tiefsinniges Paralleluniversum, das Pratchett seit 1983 in bisher mehr als 30 Büchern errichtet und das ihn mit 45 Mio. verkauften Büchern zu einem der erfolgreichsten Autoren gemacht hat: Die Scheibenwelt ist, trotz (oder gerade wegen) ihrer eigenartigen Bevölkerung, gar nicht so weit entfernt von ihrem runden Konterpart – auch wenn die Erde nach bestem Wissen nicht auf dem Rücken von vier Elefanten steht, die von einer Schildkröte durchs All getragen werden. Aber wer weiß?

Auf der „Scheibenwelt“ ist alles scheinbar anders – aber damit oft nicht viel eigenartiger: Denn Pratchetts Bücher sind keine selbstbezügliche Fantasyparodie, sondern ein amüsierter Blick auf das, was auf der Erde ernst genommen wird (und vielleicht nicht sollte). Alles wird durch den Kakao (bzw. den Schmutz auf den Straßen von Ankh-Morpork) gezogen: Tourismus, Stadtplanung, Politik, Religion, Hygiene, Waffen, Helden, und Götter. Denn letztere müssen nicht groß und mächtig, sondern können auch mal kleiner als eine Schildkröte sein (dafür aber dennoch ziemlich nerven). Nichts ist vor Pratchetts Spott sicher: Von den „Rollenden Steinen“ bis zu Vampiren, die Knoblauch lieben. Vom Zeitungsmachen bis zum Tod, der immer nur in Großbuchstaben redet (und zu den witzigsten Charakteren der Scheibenwelt zählt).

Eine auf amüsierte Weise fanatische Fangemeinde, dem Rabenhof-Publikum nach vor allem junge Menschen, folgt Pratchett in jedes Abenteuer. Und lachte gestern lauthals auf (dicht gefolgt von sarkastischen Buh-Rufen), als der Moderator des Abends, der Übersetzer Bernhard Robben, gestand, erst seit zwei Monaten Pratchetts Bücher zu lesen. Ausverkauft war die Lesung schon lange. Und wenn bei dem Auftritt eines Autors noch dringend nach Karten gesucht wird und bei der nachmittäglichen Autogrammstunde in der Buchhandlung „Morawa“ lange Schlangen entstehen, ist es dann plötzlich eine ziemlich altbackene Frage, ob Leute von heute zu wenig lesen.

Und da davon auszugehen war, dass ohnehin alle im Publikum das neue Buch schon durchhatten, plauderten Pratchett und Robben darauf los: Von Pratchetts Lese-Biografie (den „Herrn der Ringe“ hatte er innerhalb von 24 Stunden durch). Dass Pratchett jemanden hat, der ihm seine Fanpost vorsortiert – damit er dann „die Verrückten“ beantworten kann. Von lustigen Keksen, die ihm Fans mal bei einer Signierstunden gaben, und deren Effekt ihn an Erzählungen seiner Freunde aus den 60er Jahren erinnerte. Von den sechs Computerbildschirmen, die er beim Arbeiten aufgedreht hat. Von seiner Literatursammlung über Frauen, die sich als Männer getarnt in die Armee schlichen.

Am Schluss des heiteren, kurzweiligen, manchmal nur etwas ziellosen Gesprächs erzählte Pratchett dann noch einen schmutzigen Witz, mit einem Krokodil und einer Bar. Auf die Frage, ob vielleicht Minderjährige im Raum seien, meldete sich eine Mutter mit einem zwölfjährigen Sohn. Doch das hinderte Pratchett letztlich nicht, den Witz zum Besten zu geben: Denn „wenn seine Eltern ’Scheibenwelt’-Romane lesen, ist er ja ohnehin einiges gewöhnt“.

  • VIENNA.AT
  • Wien
  • Wien - 3. Bezirk
  • Terry Pratchett im Rabenhof
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen