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Terrordrohungen: "Verdeckte E-Mails" liefern auch Rückschlüsse auf Absender

Der Facebook-Internetauftritt des Bundesministeriums für Inneres, BMI mit dem Hinweis zu der Terrordrohung
Der Facebook-Internetauftritt des Bundesministeriums für Inneres, BMI mit dem Hinweis zu der Terrordrohung ©APA/HARALD SCHNEIDER
Laut Polizei sind die konkreten Terrordrohungen gegen Polizeieinrichtungen in Österreich von einer "verdeckten E-Mail-Adresse" abgeschickt worden. Doch selbst, wenn jemand anonym E-Mails verschickt, könne man oft Rückschlüsse auf Identitäten ziehen, berichtete Markus Kammerstetter vom Institut für Rechnergestützte Automation der Technischen Universität (TU) Wien.
Terrordrohung gegen Polizei
Angst vor Terror

“Gott sei Dank machen auch Kriminelle immer wieder Fehler”, bestätigte Edgar Weippl, Wissenschaftlicher Leiter des SBA Research und Privatdozent an der TU Wien. Kammerstetter sieht Unachtsamkeit als Schlüssel dafür, dass man anonymen Absendern doch auf die Schliche kommen kann. “Die Leute gehen oft unachtsam mit Informationen um”, erklärte der Leiter eines Hacker-Teams, das bei internationalen Wettbewerben schon für Furore gesorgt hat. “Aber auch die Software kann Daten mitsenden.”

Der Weg zur “verdeckten E-Mail-Adresse”

Doch wie kommt man zu einer sogenannten “verdeckten E-Mail-Adresse”? Laut Kammerstetter “ganz einfach”. Dem Experten zufolge gibt es drei Möglichkeiten. Bei der ersten Art wendet man sich an einen E-Mail-Provider, der temporäre Adressen vergibt. Man legt einfach einen Account an und schon kann man anonym Nachrichten versenden und empfangen. Laut Kammerstetter wird dieses Angebot häufig von Personen genutzt, die sich eine zusätzliche E-Mail-Adresse für Spam-Mails zulegen wollen. Anbieter gibt es demnach mehrere, als Beispiele nannte er www.guerrillamail.com und www.mailinator.com.

Die zweite Möglichkeit bieten sogenannte “Mixes”. Normalerweise könne man den Weg einer E-Mail ganz genau nachverfolgen – bis hin zur IP-Adresse des Absenders, sagte Kammerstetter. Im Normalfall wird die E-Mail über mehrere Server übertragen, die Liste der Server könne man über den “Header” im E-Mail nachverfolgen. Über Mixes sei es durch kryptografische Verfahren möglich, anonym Nachrichten zu verschicken. “Dabei weiß der eine Server nicht, wer der andere Server ist”, so der IT-Experte aus dem Secure Systems Lab der TU.

Vermeintlich anonyme E-Mail-Absender können oft ausgeforscht werden

Die dritte Option findet man im TOR-Anonymisierungsnetzwerk, auch “Darknet” genannt. TOR steht für “The Onion Router”, die Software könne man sich Kammerstetter zufolge ohne Probleme und sogar kostenlos herunterladen und installieren. “Mit einem Mausklick ist man im TOR-Netzwerk unterwegs”, sagte er. Benutzer könnten damit aber auch anonym im “normalen” Internet surfen, die IP-Adresse wird dann nicht mehr angezeigt.

So einfach das Versenden von möglichen Drohungen als Anonymer jetzt klingt, ist es aber doch nicht. Auch in “verdeckten E-Mails” könnten Experten auf Clous nach Identitäten suchen. Außerdem seien User oft unvorsichtig und würden Informationen etwa in Online-Chats preisgeben. Auch wenn die Technologie super ist, können Sicherheitsexperten vermeintlich anonyme Absender von E-Mails oft ausforschen, so der TU-Doktorand. Außer, wenn man es “richtig macht”, meinte IT-Experte Weippl.

Terrordrohungen am Donnerstag gegen Einrichtungen in Österreich

Was am Donnerstag geschah: Gegen Einrichtungen in Wien, Niederösterreich und der Steiermark ist in einem anonymisierten Email mit Terroranschlägen gedroht worden. Betroffen waren vor allem Polizeiinspektionen, aber auch der Wiener Hauptbahnhof und der Flughafen Wien-Schwechat. Mittlerweile werden die Maßnahmen laut Innenministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck wieder “nach und nach zurückgefahren”.

Laut Grundböck kam die Drohung von einer verdeckten Email-Adresse, von der bereits mehrfach einschlägige Drohungen versandt worden sind. Der Unterschied: Diesmal wurden konkrete Ziele mit Adresse, Datum und Uhrzeit genannt. Aufgrund des Inhaltes der E-Mail gehen die Ermittler davon aus, dass die Drohung aus jihadistischen Kreisen kommt. Für genauere Angaben bezüglich der Urheberschaft ist es laut den Fahndern aber zu früh. “Das wird jetzt ermittelt”, sagte Grundböck.

Zusätzlicher Einsatz “nach und nach zurückgefahren”

In der E-Mail wurde auch ein genauer Zeitrahmen für die Anschläge genannt – nämlich von 8.30 bis 9.00 Uhr. Gegen Mittag wurde der zusätzliche Einsatz auch wieder “nach und nach zurückgefahren”, sagte Grundböck. Die “erhöhte Gefahrenlage” seit den Anschlägen auf die Redaktion des Satiremagazins Charlie Hebdo im Jänner 2015 in Paris bleibt aber bestehen.

An Spekulationen darüber, wie ernst die Anschlagsdrohungen ernst zu nehmen waren, wollte sich Grundböck nicht beteiligen. Wenn bei den Behörden ein Drohung mit einer konkreten Drohung zu einem konkreten Zeitpunkt, dann müsse man reagieren. “Man kann ja nicht einfach auf ‘Löschen’ drücken”, sagte der Sprecher.

Terrordrohungen: Aktivitäten auf Hauptbahnhof und Flughafen

Sowohl am Wiener Hauptbahnhof als auch am Flughafen Wien-Schwechat wurden verstärkte polizeiliche Maßnahmen durchgeführt, Evakuierungen hat es aber nicht gegeben. Am Hauptbahnhof gab es verstärkte Polizeistreifen, die das Areal diskret durchsuchten. Aufregung gab es laut ÖBB-Sprecher Christopher Seif allerdings kurz vor Mittag im Untergeschoß des Bahnhofs, weil bei einem Gastronomiebetrieb der Brandmelder Alarm schlug. Seif zufolge wurde der Bereich geräumt. Mit den Terrordrohungen hatte das aber nichts zu tun. Der Verfassungsschutz übernahm die Ermittlungen. Das Innenministerium betonte, es gebe keinen Anlass für Panikmache.

Sobotka: “Grund zur Sorge, aber keine Panik”

Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) bereiten die Drohungen gegen Polizeidienststellen “Sorge, aber kein Anlass zu Panik”. Die Sicherheitsmaßnahmen seien gezielt verstärkt worden und Ermittlungen der Staatsschutzbehörden “unverzüglich” eingeleitet worden, erklärte der Ressortchef am Donnerstag in einer Stellungnahme gegenüber der APA.”Die Drohungen gegen Polizeidienststellen und öffentliche Einrichtungen in Österreich geben Grund zu Sorge, sind aber kein Anlass zur Panik”, so Sobotka. Jedem Hinweis werde nun nachgegangen. “Klar ist aber, dass derzeit niemand derartige Ereignisse in Europa zur Gänze ausschließen kann”, meinte der Innenminister weiter.

>>Polizeieinrichtungen in Österreich erhielten Terrordrohungen

(apa/red)

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