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Terror-Prozess - Kontroverse zwischen Richter und Angeklagter

Vor ihrem Ausschluss hatte es eine heftige Kontroverse zwischen dem Vorsitzenden Norbert Gerstberger und der Angeklagten Mona S. gegeben.

“Es ist ein ganz fundamentaler Grundsatz der österreichischen Strafprozessordnung, dass die Geschworenen anhand des Gesichts die Glaubwürdigkeit des Angeklagten prüfen können”, sagte Gerstberger und forderte die Angeklagte auf, den Gesichtsschleier während der Verhandlung abzunehmen.

Mona S. verweigerte das mit dem Argument: “Ich bin nach islamischem Recht dazu verpflichtet, den Schleier zu tragen. Der Prophet hat mir das gesagt.” Außerdem berief sie sich auf die Religionsfreiheit. “Österreich ist kein Gottesstaat”, meinte daraufhin der Richter. Er wollte sich jedoch nicht auf eine theologische Diskussion einlassen, warf der Angeklagten aber vor, den Koran in ihrem Sinn auszulegen, wogegen es Dokumente der islamischen Glaubensgemeinschaft gebe, wonach in bestimmten Richtungen des Islam nicht einmal das Tragen eines Kopftuches Vorschrift sei. “Ich lege den Koran nicht aus”, betonte daraufhin Mona S.

“Welche sind denn die fünf Glaubensgrundsätze des Islam?” wollte Gerstberger von der 21-Jährigen wissen. “Das Glaubensbekenntnis, das Gebet, Fasten (im Monat Ramadan, Anm.), die Hadsch …” – “Und die Almosen”, half ihr der Richter. “Wenn man die befolgt, ist man ein guter Muslim.” – “Stimmt nicht”, widersprach Mona S. “Es gibt auch noch andere Regeln.”

Gerstberger gab ihr schließlich fünf Minuten Bedenkzeit, ob sie den Schleier ablegen wolle. Als sie das nach dieser Frist weiter verweigerte, bat sie der Richter noch einmal. “Ich kann nicht. Hier sind so viele Männer”, beschied ihm Mona S.

Nach kurzer Beratung beschloss daraufhin der Senat, die 21-Jährige von der Hauptverhandlung auszuschließen. Unter den Paragraf 234 StPO falle auch die Regelung, dass unpassende Kleidung ungeziemendes Verhalten rechtfertige. Es gebe für einen Angeklagten Gründe, das Gesicht zu verhüllen, etwa wenn er eine ansteckende Tuberkulose habe, oder für einen Zeugen, wenn er in einem Mafiaprozess aussagen müsse.

Anders verhalte es sich, wenn es um die Verschleierung aus religiösen und ideologischen Gründen gehe, führte Gerstberger aus. “Noch dazu, wenn es sich um eine individuelle Auslegung des Koran handelt.” Hingegen würden sich Hunderte Millionen muslimischer Frauen mit dem Kopftuch begnügen oder sogar darauf verzichten. Außerdem handle es sich in diesem Fall um Demonstrationsschritte “für islamistisches Gedankengut, was die Missachtung des Gerichts auf den Höhepunkt bringt”, sagte der Vorsitzende.

Nachdem sich Mohamed M. innig mit Umarmungen von seiner Frau verabschiedet hatte, ergriff Verteidiger Lennart Binder das Wort: “Das Verfahren ist im jetzigen Moment nichtig”, sagte er . “Ich gehe davon aus, dass der Senat voreingenommen ist.” Als Untermauerung für seinen Vorwurf führte er das Argument des Richters von der Demonstration für islamistisches Gdankengut an. Sein Antrag auf Befangenheit des Senats wurde jedoch unter anderem mit der Begründung abgelehnt, dass die Geschworenen, nicht die Berufsrichter über Schuld oder Schuldlosigkeit der Angeklagten zu entscheiden hätten.

Auch Mohamed M. meldete sich zu Wort: “Wenn ein Pfarrer hier vor ihnen sitzt, zwingen sie ihn auch, die Kleidung abzulegen?”, fragte er Gerstberger. “Es darf niemand im Gerichtssaal sich verschleiern”, erwiderte dieser. Zum Abschluss dieser Debatte betonte der Richter in Richtung der bereits abwesenden Mona S.: “Es betrifft mich sehr, dass sie jetzt nicht da ist.”

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