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Teenager-Mord in Braunau: Anwalt kritisiert psychiatrisches Gutachten

Zunächst sei der Experte zum Schluss gekommen, dass der Bursche "erheblich eingeschränkt zurechnungsfähig" sei.
Zunächst sei der Experte zum Schluss gekommen, dass der Bursche "erheblich eingeschränkt zurechnungsfähig" sei. ©Foto Scharinger
Der Verteidiger eines 17-Jährigen, dem vorgeworfen wird, im November in Braunau in Oberösterreich seinen 16-jährigen Schulfreund mit 20 Messerstichen getötet zu haben, ehe er einen Selbstmordversuch unternahm, kritisiert gegenüber der APA massiv das psychiatrische Gutachten über seinen Mandanten. Zu einem Bericht in der jüngsten Ausgabe von "News", in dem es um die sexuelle Orientierung des Verdächtigen ging, stellte der Mediensprecher der Staatsanwaltschaft Ried, Alois Ebner, fest, sie tue nichts zur Sache. Derartige Hintergründe würden eine untergeordnete Rolle spielen.
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Trauer in Braunau
17-Jähriger kann sich nicht erinnern

Der Anwalt des Verdächtigen bezeichnete seinen Mandanten im Gespräch mit der APA als “sexuell unorientiert, pubertierend”. Wesentlicher sei für ihn Kritik am Gutachten, das den 17-Jährigen zum Tatzeitpunkt für zurechnungsfähig erklärte. Darin sei der Ersteller zu wenig auf die Krankheit des Jugendlichen eingegangen.

Bursche “erheblich eingeschränkt zurechnungsfähig”

Zunächst sei der Experte zum Schluss gekommen, dass der Bursche “erheblich eingeschränkt zurechnungsfähig” sei, so der Jurist. Das liege in einer vierstufigen Skala näher bei zurechnungsunfähig als -fähig. Er selbst sei überzeugt, dass bei dem 17-Jährigen am Tag der Tat ein psychose-wertiger Realitätsverlust vorgelegen habe und er damit nicht zurechnungsfähig war.

Das Depressionsleiden seines Mandanten habe eine endogen-anlagemäßige Komponente – beide Großmütter nahmen regelmäßig Antidepressiva. Das habe der Sachverständige nicht berücksichtigt, ebenso wenig, dass in der Universitätsklinik für Jugendpsychiatrie in Salzburg eindeutig eine schwere depressive Episode diagnostiziert worden sei, die einen langen stationären Klinikaufenthalt erforderlich gemacht habe. Dadurch ging dem Jugendlichen ein ganzes Mittelschuljahr verloren.

Die Beurteilung eines Tatmotivs sei unzulässig

Zudem habe der Sachverständige für die Tage vor der Tat keine Depressionsdiagnostik durchgeführt. In dem Gutachten würde über ein allfälliges Tatmotiv aus forensisch psychiatrischer Sicht gemutmaßt. Die Beurteilung eines Tatmotivs durch den Sachverständigen sei aber unzulässig. Auch eine schwere Krise in der Pubertät habe das Gutachten übersehen, so der Jurist. (APA)

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