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Tatwaffe Gießkanne

Das Ehepaar Anita und Karl K. wurde vom Bezirksgericht Leopoldstadt wegen exzessiven Blumengießens verurteilt. Ein schlechter Scherz? Mitnichten!

Anita und Karl K. aus dem 2. Bezirk konnten es nicht glauben. “Es gab drei Verhandlungen in dieser Causa, bei der letzten war ich gar nicht mehr dabei, weil ich dachte, es könne uns nichts passieren. Exzessives Blumengießen, das ist doch total lächerlich”, erzählt Anita. Gekostet hat ihnen die Geschichte 57,20 Euro.

“Unser Nachbar zeigte uns wegen exzessiven Blumengießens an. Wir konnten es gar nicht glauben! Das ist so unfassbar, dass es so etwas überhaupt gibt”, sind die beiden immer noch perplex, “Vor den drei Verhandlungen gab es Mediationsgespräche zwischen den Parteien, die Wiener Wohnen organisierte. Doch dabei kam nichts heraus, und so zerrte er uns vors Bezirksgericht.”

Der Nachbar, ein 63-jähriger Pensionist behauptete, dass sein Balkon von seinen Nachbarn über ihm regelrecht überflutet wurde.
Das Argument des Mannes, der seit 1985 arbeitslos ist wie er vor Gericht angegeben hat, war, dass er, wo er nun in Pension ist, den Balkon nutzen und die Sonne am Nachmittag genießen will. “Um diese Tageszeit gibt es keine Sonne bei uns! Außrdem haben wir ihn noch nie am Balkon gesehen”, so Karl K.
Die K.s behaupten, dass er die Beweisfotos fälsche. Denn: “Wir haben nur einen ganz kleinen Balkon, auf dem wir ein paar Blumenkistln hatten. Die haben wir mittlerweile entfernt. Natürlich habe ich die Blumen darin gegossen. Hätte ich sie allerdings exzessiv gegossen, wären sie eingegangen”, erzählt Anita. Er aber legte Fotos vor, auf denen ein zwanzig Zentimeter breiter Wasserstreifen über den ganzen Balkon zu sehen war. “Das geht aber gar nicht, so regelmäßig wie der war, und kein Tropfen war hinter dem Streifen zu sehen. So kann man gar nicht gießen. Außerdem wäre das Wasser auf den Gehsteig getropft. Sein Argument: In unserer Gegend weht ein besonderer Wind, der das Blumenwasser auf seinen Balkon geweht hat. So ein Blödsinn! Und er hat auch noch einen Liegestuhl auf dem Balkon drapiert. Den hat er mittlerweile auch schon wieder entfernt. Die Richterin glaubte ihm allerdings. Sie hielt ihn zu dieser Aktion nicht fähig.” Im Urteil steht dazu: Sieht man sich die Fotos an, die den Balkon zeigen, so fällt auf, dass nicht nur das Wasser zu sehen ist, sondern auch auf allen Fotos je eine rote Blüte … . Auf den Fotos ist zu erkennen, dass sich am Balkon der Beklagten solch rote Blumen befinden. Es ist für das Gericht unwahrscheinlich, dass der Kläger so gewitzt wäre, nicht nur Wasser auf seinem Balkon zum Beweis hinzugießen, sondern auch noch Blüten zu drapieren ….

“Ich habe den Verdacht, dass die Richterin so genervt war, dass sie uns einfach verurteilte, damit die Sache endlich ein Ende hat. Wir wollten eigentlich Einspruch erheben, aber es wurde uns von einer Rechtsberatung davon abgeraten, weil wir uns dafür einen Rechtsanwalt nehmen müssten. Hätten wir wieder verloren, hätten wir auch die Kosten für seinen Anwalt und die Gerichtskosten übernehmen müssen. Das zahlt sich nicht aus”, erzählt Anita.
Und so muss das Ehepaar damit leben, dass es nicht über das ortsbildliche Ausmaß hinausgehend, exzessiv gießen darf und das damit verbundene Erfluten des Balkons zu unterlassen hat (lt. Gerichtsurteil). Die Blumen haben sie vom Balkon entfernt, die Tatwaffe die Gießkanne gibt es noch. Aber die kommt nur noch in der Wohnung zum Einsatz.

Text: Bezirkszeitung

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