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Tag gegen Armut: Rund eine Million Österreicher sind armutsgefährdet

Tag gegen Armut: Rund eine Million Österreicher sind armutsgefährdet
Tag gegen Armut: Rund eine Million Österreicher sind armutsgefährdet ©APA/ROLAND SCHLAGER
Am Donnerstag ist der Welttag der Armutsbekämpfung. In Österreich sind 268.000 Kinder und Jugendliche bis 19 Jahre armutsgefährdet. Die Politik und Hilfsorganisationen fordern den Kampf gegen Missstände.
Armut trifft Kinder
Armut wächst

Der anlässlich des Welttages der Armutsbekämpfung veröffentlichte AidWatch Report bescheinigt Österreich auch 2012 eine magere Performance bei der Entwicklungszusammenarbeit und Humanitären Hilfe. Von der Zusage, bis 2015 rund 0,7 Prozent des Bruttonationalprodukts für Entwicklungszusammenarbeit auszugeben, ist Österreich weit entfernt: 2012 betrug die Quote 0,28 Prozent – eine Steigerung von dürren 0,01 Prozentpunkten im Vergleich zu 2011, hieß es seitens mehrerer Organisationen am Mittwoch.

Letzter bei Entwicklungszusammenarbeit

Mehrere UN-Millenniumsentwicklungsziele werden nicht erreicht werden, weil wohlhabende Staaten wie Österreich offenbar keine verlässlichen Partner seien. Denn zwei Jahre vor der Ziellinie zur Erreichung der Millenniumsentwicklungsziele (MDG) gelte als gesichert, dass nicht alle Ziele erreicht werden können – Annelies Vilim, Geschäftsführerin des Dachverbands AG Globale Verantwortung, zeigt sich verärgert: “Die Finanz- und Wirtschaftskrise, die immer wieder herhalten muss, ist im Endeffekt eine willkommene Ausrede. Andere europäische Staaten schaffen es auch, internationale Zusagen einzuhalten – etwa Schweden, Großbritannien oder Luxemburg. Was in Österreich fehlt, ist der politische Wille.”

Der jährlich vom europäischen Dachverband CONCORD herausgegebene AidWatch Report vergleicht nicht nur die Höhe der Beiträge der EU-Staaten, er untersucht auch deren Verwendung und damit Wirksamkeit. Viele Staaten tricksen bei den Zahlen und rechnen Beträge zur Entwicklungszusammenarbeit (EZA) zu, die nie in den Zielländern ankommen. So wird zum Beispiel die Grundversorgung von Asylwerbern und Asylwerberinnen in Österreich als EZA-Ausgabe gerechnet: Mehr als die Hälfte der Mittel, die von Österreich als bilaterale EZA deklariert werden, ist nichts weiter als “Phantomhilfe”.

In den vergangenen Jahren habe es immer wieder schöne Bekenntnisse gegeben, während man beim Zahlen den Retourgang einschaltete, so Heinz Hödl, Geschäftsführer der Koordinierungsstelle der Bischofskonferenz (KOO). “Österreich muss endlich mehr Geld in die Hand nehmen, um seine Verpflichtungen umzusetzen, statt als ‘Schönrechnungskaiser’ zu brillieren”, fordert Hödl: “Entwicklungszusammenarbeit ist unverzichtbar, um einen entscheidenden Beitrag zur Lösung der Armutsprobleme der Welt leisten, denn sie kann gezielt in Bildung, Gesundheit und Landwirtschaft investieren.”

Forderungen von Hilfsorganisationen und Politik

Anlässlich des Internationalen Tags gegen Armut am Donnerstag nannten Hilfsorganisationen und Politiker am Mittwoch Forderungen für den Kampf gegen die Armut. Die Armutskonferenz warnte vor den Folgen eines Auseinandergehens der Schere zwischen Arm und Reich und das Team Stronach sprach sich in einer Aussendung dafür aus, “bedarfsgerechte Gesundheits- und Sozialleistungen ehestmöglich den Betroffenen zukommen zu lassen.” Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) sagte im Ö1-“Mittagsjournal”, er unterstütze die Forderung der Volkshilfe, dass der Anteil der Mindestsicherung für Kinder erhöht werden soll.

Kinder sind laut einer Studie der Volkshilfe besonders armutsgefährdet. “Fakt ist, Kinderarmut ist ein Thema, Fakt ist, die Allerziehende mit 900 Euro Einkommen hat ein riesiges Problem”, so Hundstorfer. Den Volkshilfe-Vorschlag könne er unterstützen. “Das Bundesland Wien hat es umgesetzt und ich gehe davon aus, dass das natürlich in den anderen Bundesländern ein weiterer Dialog ist.” Hundstorfer betonte aber, dass die Erhöhung der Mindestsicherung Angelegenheit der Bundesländer sei.

Rund eine Million Österreicher armutsgefährdet

“Geht die Schere zwischen Arm und Reich auf, heißt das mehr Krankheiten und geringere Lebenserwartung, mehr Teenager-Schwangerschaften, mehr Status-Stress, weniger Vertrauen, mehr Schulabbrecher, vollere Gefängnisse, mehr Gewalt und mehr soziale Ghettos”, warnte die Armutskonferenz in einer Aussendung. Armut werde “mittlerweile einfach in Kauf genommen”, kritisierte das Netzwerk und sprach sich unter anderem für ein Bildungssystem, “das den sozialen Aufstieg fördert und nicht sozial selektiert” aus. Bei Verwaltungsreform und Demokratiepaket dürften diejenigen nicht vergessen werden, “die eine gute Verwaltung und gleichen Zugang zum Recht am meisten brauchen”.

Rund eine Million Menschen in Österreich sind armutsgefährdet. “Eine traurige Zahl für ein Land wie Österreich”, meinte die Sozialsprecherin des Team Stronach Martina Schenk. “Niemand darf durch Sozialleistungen klein gehalten werden, sondern es müssen Perspektiven geschaffen werden, um ihnen wieder ein Leben aus eigener Kraft zu ermöglichen”, so Schenk.

In Österreich sind 268.000 Kinder und Jugendliche bis 19 Jahre armutsgefährdet. Mehr dazu lesen Sie hier.

(APA)

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