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Tag der Pressefreiheit: Leere Titelseiten auf Österreichs Zeitungen als Protest

Die Titelseiten der Printmedien bleiben am heutigen "Tag der Pressefreiheit" aus Protest meist leer.
Die Titelseiten der Printmedien bleiben am heutigen "Tag der Pressefreiheit" aus Protest meist leer. ©APA
Am "Tag der Pressefreiheit" sind die Titelseiten von Österreichs Tageszeitungen leer geblieben. Die im Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) vertretenen Printmedien protestieren damit gegen die geplanten ORF-Novellen.
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In einem gemeinsam unterzeichneten Brief warnen die Zeitungsverleger, dass die Medienvielfalt in Österreich durch die von der Bundesregierung präsentierte Gesetzesreform "existenziell bedroht" sei. Zugleich wird eine Überarbeitung des ORF-Gesetzes gefordert. Der ORF-Redaktionsausschuss sieht Grenzen überschritten.

Neues ORF-Gesetz: "Österreichische Medienvielfalt existenziell bedroht"

Medienvielfalt sei ein Garant für Meinungsvielfalt, heißt es in dem an Bundeskanzler Karl Nehammer, die Mitglieder der Bundesregierung sowie des Nationalrats adressierten Schreiben, das am Mittwoch jeweils auf der zweiten Seite der Tageszeitungen veröffentlicht wurde. "Ohne Medienvielfalt gibt es keine Wahlfreiheit. Und ohne Wahlfreiheit keine liberale Demokratie."

Mit der geplanten Novelle erhalte der ORF "zusätzliche öffentliche Geldmittel sowie erheblich mehr Möglichkeiten, seine Aktivitäten und Angebote im digitalen Raum auszuweiten. Das ist gut für den ORF. Und schlecht für die Medienvielfalt." Mit mindestens 710 Millionen Euro an ORF-Beiträgen trete der öffentlich-rechtliche Sender "nun verstärkt in Konkurrenz zu den privaten journalistischen Medien", denen "damit jegliche Entwicklungsmöglichkeit in die Zukunft abgeschnitten" werde. "Die österreichische Medienvielfalt ist dadurch existenziell bedroht!"

Die Zeitungsverleger fordern deshalb "einem drohenden Meinungsmonopol entgegenzuwirken" und eine Überarbeitung des ORF-Gesetzes. Demokratie brauche Meinungsvielfalt, damit die Seiten nicht weiß bleiben, heißt es in dem Brief zum Internationalen Tag der Pressefreiheit abschließend. Die Chefredakteurinnen und Chefredakteure der Zeitungen flankierten den Protest mit Leitartikeln gegen das Gesetzesvorhaben.

Die Bundesregierung habe "intensiv verhandelt, gerade auch mit den Zeitungsverlegern", sagte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) bei einer Pressekonferenz. Dabei hätten die Verleger auch Rahmenbedingungen definiert, bekräftigte der Kanzler und betonte, dass sich die Regierung "für eine breite und vielfältige Medienlandschaft eingesetzt hat".

Online-Petition gestartet

Nicht leer blieb hingegen die Titelseite der Tageszeitung "Österreich", die mit der Schlagzeile "Stoppt die ORF Steuer" eine Petition gegen die vorgesehene Haushaltsabgabe gestartet hat. Ziel sei eine "unabhängige ORF-Reform und eine nachhaltige Finanzierung des österreichischen Medienstandorts", hieß es dazu in einer Aussendung. Die Petition könne man online unterzeichnen. Eine Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Senders sollte über das Budget erfolgen, zudem sei in einem neuen ORF-Gesetz ein klarer öffentlich-rechtlicher Auftrag zu formulieren und ein parteiunabhängiger Aufsichtsrat zu installieren. Der private Medienmarkt müsse hingegen "gleichrangig" mit dem ORF gefördert werden. Und außerdem sei im Sinne der Medienvielfalt die "Wiener Zeitung" zu erhalten, und zwar über eine jährliche Förderung von 20 Mio. Euro - sofern die Tageszeitung zumindest 10.000 zahlende Abonnenten lukrieren kann.

ORF-Redaktionsausschusses kritisiert falsche Zuschreibungen in Debatte über ORF-Gesetz

Der ORF-Redaktionsausschuss hat indes einstimmig eine Resolution beschlossen. Darin heißt es: "Der öffentlich-rechtliche Rundfunk zählt zu den Errungenschaften der Demokratie - das anzuerkennen, müsste auch für Konkurrenten selbstverständlich sein. Dennoch hat die Debatte um das neue ORF-Gesetz in den vergangenen Tagen absurde Züge angenommen und Grenzen überschritten." Private Medien würden über das neue ORF-Gesetz berichten, als "würde damit der Niedergang von Meinungsfreiheit und Demokratie einhergehen". "Völlig unangebrachte, falsche Zuschreibungen, von 'Monopolsender', über 'hypertropher Staatsfunk', bis hin zu 'Massenvernichtungswaffe' waren über den ORF zu lesen", empörten sich die ORF-Redaktionssprecherinnen und -sprecher. Man habe zwar Verständnis für die wirtschaftlichen Probleme der privaten Medienbetreiber, doch liege es nicht in der Verantwortung des ORF, dass internationale Konzerne wie Google oder Facebook Werbegelder abziehen. Die Medienlandschaft wäre ohne ORF "als verlässliches und öffentlich finanziertes Qualitätsangebot dramatisch schlechter aufgestellt".

Einschränkungen bei ORF.at "äußerst problematisch"

Grundsätzlich begrüßt der ORF-Redaktionsausschuss den Entwurf zur ORF-Gesetzesnovelle. Dieser stelle eine staatsferne Finanzierung sicher und lasse anachronistische Regelungen im Digitalbereich fallen. Als besorgniserregend wird eingestuft, dass die ORF-Geschäftsführung trotz bereits in den vergangenen Jahren durchgeführter, weitreichender Einsparungen weitere Kostenreduktionen zugesagt hat und der ORF-Beitrag drei Jahre nicht valorisiert werden soll - trotz hoher Inflation. Die Redaktionen seien bereits personell ausgedünnt, warnte der Redaktionsausschuss. "Äußerst problematisch" sei die Einschränkung der Textmeldungen auf ORF.at. Viele Userinnen und User würden in einem Mehr an Videos keinen Ersatz für weniger Text sehen. Zudem untergrabe das Vorhaben den gesetzlichen Informationsauftrag. "Extrem bedauerlich" sei, dass sich keine Entpolitisierung der Aufsichtsgremien im Novellenentwurf finde.

(APA/Red.)

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