AA

Swan Lake: Dada Masilo beim ImPulsTanz 2014 in Wien

Im Volkstheater wird "Swan Lake" aufgeführt.
Im Volkstheater wird "Swan Lake" aufgeführt. ©Julius Silver
Mit einer gewagten Neuinterpretation von "Schwanensee", die klassisches Ballett mit afrikanischem Tanz verbindet, kommt die Choreografin und Tänzerin Dada Masilo heuer zum ImPulsTanz-Festival nach Wien.

“That fusion thing” nennt Masilo ihre Leidenschaft, Stile und Themen zu verbinden, die auf den ersten Blick so gar nicht zueinander passen. “Das macht es interessanter, bringt mehr Dynamik und bewahrt mich vor Langeweile”, erzählt die 29-Jährige im APA-Interview vor der England-Premiere von “Swan Lake” als Auftakt des zweiwöchigen “Sadler’s Sampled”-Tanzfestivals am Dienstag. In der 2010 uraufgeführten Adaption des Ballett-Klassikers lassen Masilo und ihre elf Tänzerinnen und Tänzer elegante, scheinbar schwerelose Bewegungen des klassischen Balletts mit erdbezogenem, aggressivem afrikanischen Tanz verschmelzen. “Am Anfang war es frustrierend, weil die beiden Tanzstile so gar nicht kompatibel schienen”, erzählt Masilo. “Aber ich bin drangeblieben – und jetzt, wo wir es schon so oft gezeigt haben, fühlt es sich ganz normal an.”

Schwanensee mit afrikanischem Tanz

Mittlerweile sei für sie beides gar eine durch und durch “organische Kombination” – auch in Bezug auf die Originalkomposition von Tschaikowsky, “die sehr rhythmisch ist und für mich mit afrikanischen Bewegungen mehr Sinn ergibt als mit klassischen”. In ihrer knapp einstündigen, temporeichen Choreografie, in der die zierliche Tänzerin mit kahlrasiertem Kopf selbst den Schwan Odette gibt, sind neben Tschaikowsky auch Steve Reich, Arvo Pärt und Camille Saint-Saens zu hören. “Für mich steht am Anfang immer die Musik. An sie passe ich mich an, zu ihr entwickle ich Bewegungen – erst dann spinne ich daraus eine Erzählung.”

Über Dada Masilo

Ihre Wurzeln hat Masilo im Ballett und im zeitgenössischen Tanz: Beides hat sie von Grund auf gelernt – erst an der Dance Factory Johannesburg, von der sie als Zwölfjährige als Teil einer Straßentanzgruppe entdeckt wurde, später in Brüssel an Anna Teresa de Keersmaekers berühmter Schule P.A.R.T.S.. Heute ist Dada Masilo einer der Glanzlichter der südafrikanischen Tanzszene, wird für ihre Neuordnung von Klassikern wie “Carmen” und “Romeo und Julia” gefeiert und arbeitet eng mit der Choreografengröße William Kentridge zusammen, in dessen Stück “Refuse the Hour” sie im Vorjahr beim ImPulsTanz-Festival als Solotänzerin zu sehen war. “Wir Südafrikaner, wir tanzen eben”, sagt Masilo und lacht. “Und zwar auf Hochzeiten ebenso wie auf Beerdigungen und Demonstrationen.”

Themen aus der Tabuzone holen

Neben den traditionellen Tanzschritten verarbeitet Masilo auch gesellschaftlich brisante Themen Südafrikas in ihren Choreografien. Den Plot und Aufbau von “Schwanensee”, seines Zeichens Romantik-Klassiker des Balletts als Inbegriff weißer Hochkultur, krempelt die im armen Soweto geborene und in den letzten Jahren der Apartheid aufgewachsene Masilo naturgemäß um: Bei ihr tanzen Frauen und Männer – allesamt dunkler Hautfarbe – gleichermaßen in Tutus und verliebt sich Prinz Siegfried in den schönen, schwarzen Schwan Odile, einen Mann! Die Folge: Seine Eltern verstoßen ihn, die Gesellschaft ächtet ihn. “In der Tanzwelt sind wir mit dem Klischee konfrontiert, dass tanzende Männer schwul sind. Ich habe einfach dieses Vorurteil hergenommen und gesagt: Was, wenn es so wäre? Was ändert sich dadurch?”, so Masilo, die nicht zuletzt auf Tschaikowskys versteckte Homosexualität hinweist. “Mir geht es darum, dieses Thema aus der Tabuzone zu holen und zu sagen: Lasst uns darüber reden und sehen, ob wir etwas verändern können.”

“Absolut alles von mir ist in meiner Arbeit”

Zwischen aller Gesellschaftskritik findet man in Masilos Choreografien auch viel von ihr selbst, wie sie sagt. “Absolut alles von mir ist in meiner Arbeit. Ich glaube, es ist wichtig, sich verletzlich und ehrlich auf der Bühne zu geben – sonst betrügt man nur sich selbst und das Publikum”, sagt Masilo. Den Anstoß zu “Swan Lake” gab immerhin ein sehr persönliches Solo, das sie als erste eigene Choreografie nach dem Tod ihrer Tante in Brüssel kreierte. “Meine Tante war HIV-positiv, starb aber nicht an dem Virus, sondern an dem Stigma – daran, dass die Gemeinde, die Familie sich für sie schämte. Dass sie an Trauer gestorben ist, hat mir das Herz gebrochen.” In “Schwanensee” wird das Solo zum Gruppentanz, bei dem ein Tänzer nach dem anderen umfällt. Denn: “Wenn ein Schwan stirbt, stirbt auch der andere wegen Trauer.”

“Swan Lake” von Dada Masilo mit The Dance Factory wird  beim ImPulsTanz 2014 am 22., 24. und 25. Juli um jeweils 21 Uhr im Wiener Volkstheater aufgeführt. (APA)

  • VIENNA.AT
  • Wien
  • Swan Lake: Dada Masilo beim ImPulsTanz 2014 in Wien
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen