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Studien: Ist Corona-Impfung von Jugendlichen sinnvoll?

Die Studie umfasste insgesamt 2.260 Probanden zwischen zwölf und 15 Jahren.
Die Studie umfasste insgesamt 2.260 Probanden zwischen zwölf und 15 Jahren. ©REUTERS
Die Debatten rund um Corona-Impfungen für Zwölf- bis 15-Jährige reißen nicht ab. Eine aktuelle Studie zum Vakzin von Biontech/Pfizer zeigt, warum eine Immunisierung sinnvoll sein kann und welche Nebenwirkungen auftreten können.
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Debatten um Corona-Impfungen haben in der Bevölkerung, in der Politik oder auch unter Ärzten mit der Freigabe des Pfizer/BioNTech-Vakzins für Jugendliche zuletzt wieder an Emotionalität gewonnen.

In Österreich folgte das Nationale Impfgremium (NIG) Ende Mai der Entscheidung der EU-Arzneimittelbehörde EMA und empfahl den Impfstoff auch für Zwölf- bis 15-Jährige. Studien und Real-World-Daten aus den USA hatten zuvor die Sicherheit und Wirksamkeit in dieser Altersgruppe gezeigt.

Studien und Real-World-Daten zu Pfizer aus USA

Laut Studiendaten, die auch die Grundlage für die Notfall-Zulassung in den USA in dieser Altersgruppe waren und der EMA zur Zulassungsprüfung vorlagen, trat bei mehr als 1.000 geimpften Kindern und Jugendlichen kein Covid-19-Fall auf. In der etwa gleichen großen, ungeimpften Kontrollgruppe waren es 16 Fälle. Die Forscher hatten in der Studie Daten von insgesamt 2.260 Kindern zwischen zwölf und 15 Jahren ausgewertet.

Unerwünschte Wirkungen wurden bis zu sechs Monate nach der zweiten Spritze erfasst. Nach der Impfung sei es überwiegend allenfalls zu leichten Impfreaktionen wie Müdigkeit oder Kopfschmerzen gekommen, schrieben die Wissenschafter in der renommierten Medizin-Fachzeitschrift "New England Journal of Medicine". Das NIG betonte zudem in seiner Anwendungsempfehlung, dass das Vakzin in der Altersgruppe der Zwölf- bis 15-Jährigen in den USA und Kanada in den vergangenen Wochen schon vielfach angewendet wurde und es bisher keine Hinweise auf Sicherheitsbedenken gebe.

Kinder und Jugendliche würden im Vergleich zu Erwachsenen zwar selten schwer an Covid-19 erkranken, dennoch wurden schwere Krankheitsverläufe wie ein Multisystem-Inflammationssyndrom (Hyperinflammationssyndrom) auch in Österreich mit einer Häufigkeit von 1:500 bis 1:1.000 infizierten Kindern und Jugendlichen beschrieben. Diese Patienten müssen auf jeden Fall im Krankenhaus behandelt werden, oft sogar auf der Intensivstation, warnt das NIG. Außerdem mehren sich die Hinweise, dass auch Kinder und Jugendliche nach milden und asymptomatischen Verläufen langfristig unter Long Covid leiden können.

Keine vorrangige Impfung in Österreich, Wien mit Aktion

Kinder- und Jugendliche werden laut der Priorisierungsliste des NIG in Österreich nicht vorrangig geimpft. Personen ab zwölf Jahren fallen in die letzte Prioritätsstufe 7, hier gilt eine "Allgemeine Empfehlung" zur Impfung. Die Stadt Wien etwa bewirbt jedoch "Eltern-Kind-Impfungen", bei denen sich Zwölf- bis 18 Jährige ab 25. Juni impfen lassen können und zeitgleich die Eltern auch ihren Stich bekommen. Bei unmündigen Kinder, also bis zum vollendeten 14. Lebensjahr, ist die Einwilligung eines Elternteils oder der Person, die mit der Pflege und Erziehung betraut ist, einzuholen, betont das NIG. Mündige Minderjährige, also ab 14 Jahren, müssen selbst in die Impfung einwilligen. Auch wenn ein Elternteil in dieser Situation eine Impfung ablehnen würde, kann sich die mündige minderjährige Person selbst für eine Impfung entscheiden.

EMA will über Zulassung von Moderna für Kinder entscheiden

Die EMA will im Juli entscheiden, ob sie auch den Corona-Impfstoff von Moderna für Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren zulässt. Das Unternehmen hatte bereits Ende Mai mitgeteilt, dass sein Mittel bei Menschen im Alter von zwölf bis 17 Jahren "hochwirksam" sei. Dies sei aus klinischen Studien mit mehr als 3.700 Teilnehmern in den USA hervorgegangen. Auch AstraZeneca und die Universität Oxford haben eine Studie bei Kindern und Jugendlichen zwischen sechs und 17 Jahren für ihren gemeinsamen Impfstoff initiiert. Der Pharmakonzern Johnson & Johnson ist mit einer Studie bei Jugendlichen zwischen zwölf und 17 im Planungsstadium.

Kritische Stimmen aus heimischer Ärzteschaft

Die Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ) hatte die Freigabe des Pfizer/BioNTech-Vakzins in Österreich begrüßt. Aus der heimischen Ärzteschaft kamen aber auch kritische Stimmen, vor allem nachdem die deutsche Ständige Impfkommission (Stiko) in der Vorwoche die Impfung von Kindern und Jugendlichen nur bei bestimmten Vorerkrankungen oder anderen Risikofaktoren empfohlen hatte. Der Vorarlberger Ärzteverein Arbeitskreis für Vorsorge- und Sozialmedizin (aks) empfahl daraufhin in einer Aussendung, bei der Impfung der Zwölf- bis 15-Jährigen noch abzuwarten. "Aktuell ist die Studienlage noch zu dürftig", erklärte der Gynäkologe Hans Concin, Leiter der aks Wissenschaft. Zudem sei Corona "keine gefährliche Kinderkrankheit". Die von der Grazer Allgemeinmedizinerin Maria Hubmer-Mogg initiierte Kampagne "Wir zeigen unser Gesicht" schlug in eine ähnliche Kerbe.

In Wien wollen am Freitagvormittag Rechtsanwälte und Mediziner in einer gemeinsamen Pressekonferenz erläutern, warum sie die Impfung von Kindern und Jugendlichen zunehmend "kritisch" sehen. Beteiligt ist auch die "Initiative für eine evidenzbasierte Coronainformation" (ICI), die in der Vergangenheit mehrfach Demonstrationen von Corona-Skeptikern organisiert hat.

Grünen-Wunsch zu Impfterminen für Jugendliche

Angesichts der bevorstehenden weitreichenden Lockerungen fordern die Grünen, in allen Bundesländern Impftermine für Jugendliche freizuschalten. Diese hätten "eineinhalb Jahre lang zurückgesteckt und haben es verdient, auch so gut wie möglich vor einer Corona-Infektion geschützt zu werden", sagte Jugendsprecherin Barbara Neßler am Freitag in einer Aussendung des Grünen Parlamentsklubs. Es sei Zeit, Impfkonzepte für die Jüngeren vorzulegen und Mitmachkampagnen zu starten.

In den vergangenen Monaten hätten Experten oft die Wichtigkeit von sozialen Kontakten gerade im jugendlichen Alter betont. "Das sollten wir ernst nehmen und entsprechend handeln", forderte Neßler. "Nicht zuletzt wird das besonders für den Herbst relevant, wenn wir eine vierte Welle mit neuerlichen Schulschließungen vermeiden wollen."

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(APA/Red)

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