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Steueroasen unter Druck

Alle paar Stunden gibt es Neues im Steuerskandal: In die liechtensteinische Steueraffäre sind offenbar auch deutsche Politiker bzw. Ex-Politiker verwickelt.

Die Datei über deutsche Steuersünder enthalte die Namen mehrerer Politiker, deren Zahl sich “fast an einer Hand abzählen” lasse, berichtete die “Berliner Zeitung” am Freitag vorab unter Berufung auf informierte Kreise. Darunter befänden sich drei Parlamentarier der FDP und einer aus der Union, offen sei, ob es sich um Ex-Abgeordnete handle. Aus den Fraktionen von FDP und CDU/CSU hieß es, es sei von derartigen Vorwürfen nichts bekannt. Der deutsche Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) drohte unterdessen mit schärferen Kontrollen der Finanzströme nach Liechtenstein. Auch die Schweiz sorgt sich bereits, dass von dem Steuer-Skandal etwas auf sie “abfällt”.

Die Staatsanwaltschaft Bochum hat am Abend erklärt, es stünden keine Ermittlungen gegen aktive Bundestagsabgeordnete bevor. Nach Angaben von Oberstaatsanwalt Hand-Ulrich Krück in der “Süddeutschen Zeitung” (Samstag) hat sich bei den Strafermittlungen gegen 700 beschuldigte Liechtenstein-Anleger kein Hinweis auf die Verwicklung von aktiven Abgeordneten ergeben. “In keinem Falle ist die Aufhebung der Immunität beantragt worden oder geplant”.

Laut “Berliner Zeitung” stammt das vom BND gekaufte Material über deutsche Steuersünder aus dem Jahr 2002 und reicht teilweise bis 1977 zurück.

Die Staatsanwaltschaft will am Dienstag eine erste Bilanz der bisherigen Steuerermittlungen ziehen. Unter Federführung der Behörde waren in den vergangenen Tagen etliche Wohnungen und Büros von vermögenden Deutschen sowie Bankhäuser durchsucht worden.

Laut “Focus” könnte es in Deutschland eine zweite große Welle von Ermittlungen gegen Steuersünder geben. Ein in Rostock inhaftierter Erpresser verfügt laut der dortigen Staatsanwaltschaft über mindestens 725 Datensätze deutscher Kunden der Liechtensteinischen Landesbank LBB. Die aktuelle Steuer-CD betrifft Daten von der LGT Bank.

Deutschlands Finanzminister kündigte an, im Kampf gegen Geldwäsche und Steuerhinterziehung im Ausland könnten Überweisungen aus Deutschland direkt an der Quelle besteuert werden. Laut Ministerium geht es in erster Linie darum, auf europäischer oder OECD-Ebene zu einer Vereinbarung mit möglichst vielen Ländern zu kommen. Sollte dies aber nicht möglich sein, dann sei auch eine Berichtspflicht für Transaktionen nach Liechtenstein denkbar.

Deutschland will Steueroasen wie Liechtenstein, Monaco und Andorra damit notfalls im Alleingang austrocknen. Sollten sich auf europäischer oder internationaler Ebene keine Fortschritte erzielen lassen, könnte der Geschäftsverkehr mit ihnen erschwert werden. Die OECD hat neben Liechtenstein Monaco und Andorra ebenfalls als unkooperative Steueroasen eingestuft. Unterstützung wurde im Kampf gegen Steueroasen bereits aus den USA deponiert.

Unterdessen fürchten auch Schweizer Banker vor einer Ausweitung des Skandals auf ihr Land. “Die haben in Zürich und Genf ja auch jetzt Sorgen, dass was von der Geschichte auf sie abfällt”, sagt ein Banker, der öffentlich nicht genannt werden will. “Wenn die Schweiz damit reingerissen wird, dann sieht es um die Finanzplätze in Europa schlecht aus, denn eigentlich sitzen sie ja auch alle im Boot bei gleichzeitigem Wettbewerb.

In Österreich will die SPÖ von Finanz- und Innenminister wissen, ob den österreichischen Behörden ebenfalls Daten angeboten wurden. Heute, Freitag, ergingen entsprechende parlamentarische Anfragen.

“Wurden Ihnen, Ihrem Ressort bzw. einer Ihrem Ressort unterstellten Dienststelle in den vergangenen Jahren Bank-Daten über mutmaßliche Steuersünder, die ihr Vermögen in Liechtenstein angelegt haben, angeboten?”, fragt die SPÖ-Abgeordnete Sylvia Rinner in ihren parlamentarischen Anfragen an Finanzminister Wilhelm Molterer (V) und Innenminister Günther Platter (V). Rinner ist auch Mitglied des Finanzausschusses. Hintergrund des Auskunftsbegehrs ist ein Bericht im “Wall Street Journal” (WSJ) vom 19. Februar 2008, demzufolge die Behörden des Fürstentums Liechtenstein einen konkreten Verdacht zur Identität jenes Informanten haben, der Bank-Daten über Steuersünder an den deutschen Bundesnachrichtendienst verkauft haben soll. Der angebliche Informant habe seine Informationen in den vergangenen 18 Monaten mehreren Ländern angeboten, so die US-Zeitung. Für Rinner ist es denkbar, dass darunter auch Österreich zu finden ist. Finanzminister Molterer hatte am Mittwoch nach dem Ministerrat betont, dass Österreich solche Steuersünder-Daten nicht kaufen würde.

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