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Österreichs Gletscher schmelzen

Der Rückzug der österreichischen Gletscher geht weiter. Wie aus dem aktuellen Gletscherbericht des Österreichischen Alpenvereines hervorgeht, betrug 2006 der mittlere Längenverlust 15,8 Meter.

Im Jahr zuvor waren es 16,3 Meter. Von 102 gemessenen Gletscherzungen schmolzen 97 Gletscher (95 Prozent) zurück, vier (vier Prozent) blieben stationär. Bei einem Gletscher wurde ein schwacher Vorstoß registriert.

Seit 1891 wird vom Alpenverein der Gletschermessdienst organisiert. Seit 115 Jahren werden von den Mitarbeitern dieses Dienstes ausgewählte Gletscher beobachtet und ihre Veränderungen messend verfolgt.

Durch den derzeitigen Gletscherrückgang wird alljährlich Neuland eisfrei, das zumindest seit den vergangenen 1.300 Jahren dauernd eisbedeckt war, betonte der OeAV in einer Pressekonferenz in Innsbruck. Der starke Gletscherrückgang sei „kein Trauerkapitel“. Er zeige auch, dass die derzeitige Entwicklung an den Gletschern „nicht außergewöhnlich“ sei.

Die extremen Zungenauflösungen hätten sich 2006 fortgesetzt. Das Horn Kees in den Zillertaler Alpen sei ist um 84 Meter, das Schmiedinger Kees in der Glocknergruppe um 70,5 Meter und der Gaisbergferner in den Ötztaler Alpen um 70 Meter kürzer geworden. Ein Gletscher (Schalf Ferner, Ötztaler Alpen) sei um 52,2 Meter und 20 Gletscher seien zwischen 20 und 40 Meter zurückgeschmolzen. Bei der Pasterze bereite sich durch kesselförmige Eiseinbrüche am schuttfreien Zungenende ein überdurchschnittlicher Rückzugsbetrag vor. Der einzige vorrückende Gletscher war mit 1,9 Meter der hochgelegene Freiger Ferner in den Stubaier Alpen.

Die Jahresfließwege seien gering und auf der Pasterzenzunge in allen vier vermessenen Profilen weiterhin abnehmend. Die Jahresbewegung in der Profillinie 6 am Hintereisferner in den Ötztaler Alpen sei mit 6,2 Metern nahezu unverändert geblieben. An allen Gletschern, an denen in Profilen die Höhe der Eisoberfläche eingemessen wird (Hintereisferner, Pasterze, drei Gletscher der AnkogelHochalmspitzgruppe) hätten sich Einsinkbeträge ergeben. Somit zeigten die Messungen wieder das Bild eines unverändert starken Massen- und Längenverlustes für das letzte Haushaltsjahr.

Gletscher waren laut Tiroler Glaziologen früher deutlich kleiner

Der derzeitige Gletscherschwund ist nicht außergewöhnlich. Dies stellte der Tiroler Glaziologe Univ.-Prof. Gernot Patzelt am Freitag bei einer Pressekonferenz in Innsbruck fest. Die Gletscher seien früher deutlich kleiner gewesen. Nahe legen würden dies die Auswaschungen am Ende des größten österreichischen Gletschers, der Pasterze im Nationalpark Hohe Tauern. Die dort fließende Möll lege Torf und Latschen frei, was darauf schließen lasse, dass diese Stellen früher eisfrei gewesen seien.

„Der starke Gletscherrückgang ist kein Trauerspiel. Er gibt Hinweise auf die Klimavergangenheit und zeigt, dass die derzeitige Entwicklung an den Gletschern nichts Außergewöhnliches ist,“ sagte Patzelt bei der Präsentation des jährlichen Gletscherberichts des Österreichischen Alpenvereins. Die Wachstums- und Rückzugsphasen der Gletscher würden mit dem durch den Klimawandel bedingten kontinuierlichen Temperaturanstieg nicht übereinstimmen. Eine Prognose für die Zukunft wollte Patzelt nicht abgeben. „Man kann keine seriöse Wetterprognose abgeben, die mehr als vier Tage in die Zukunft reicht,“ meinte der Glaziologe.

Der Trend, dass kleinere Gletscher völlig verschwinden, werde sich aber weiter fortsetzen. Seit dem letzten Gletscherhöchststand in der Mitte des 19. Jahrhunderts seien 15 Prozent der Gletscher komplett verschwunden. Der vergangene Sommer habe den Gletschern einen massiven Schnee- und Eisverlust gebracht. Mit 15,8 Metern entspreche der Rückgang ungefähr dem Vorjahr. Damit werde der überdurchschnittliche Rückzug fortgesetzt. Der diesjährige Winter sei sehr niederschlagsarm gewesen. Die Schneedecke auf den Gletschern liege momentan unter dem Schnitt.

Derzeit würden etwa 1,8 Prozent der Gletscher als Skigebiet genutzt, sagte Patzelt. Dies sei ein erträgliches Maß. In Österreich gebe es derzeit 925 Gletscher. Mit etwa 700 sei Tirol das gletscherreichste Bundesland. Die Messungen werden durchwegs von ehrenamtlichen Mitarbeitern durchgeführt. Einmal im Jahr brechen die so genannten „Gletscherknechte“ zu einer einwöchigen Tour auf, um die Längenänderungen zu dokumentieren. Die Freiwilligen müssen bis zu 40 Kilogramm Ausrüstung in das hochalpine Gelände transportieren und legen Etappen von bis zu 14 Stunden zurück.

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