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Startschuss für Konferenz des Atomwaffenverbotsvertrags in Wien

"Müssen Atomwaffen abschaffen, bevor sie uns abschaffen", betonte Schallenberg. In Wien steigt eine Konferenz des Atomwaffenverbotsvertrags.
"Müssen Atomwaffen abschaffen, bevor sie uns abschaffen", betonte Schallenberg. In Wien steigt eine Konferenz des Atomwaffenverbotsvertrags. ©APA/EXPA/JOHANN GRODER (Symbolbild)
Am Dienstag fällt der Startschuss für die erste Konferenz der Mitgliedsstaaten des Atomwaffenverbotsvertrags (TPNW) in Wien.

Die Vision einer atomwaffenfreien Welt ist am Dienstag etwas näher gerückt. Knapp eineinhalb Jahre nach dem Inkrafttreten des Atomwaffenverbotsvertrags (TPNW) hat im Wiener Austria Center das erste Treffen seiner Mitgliedsstaaten begonnen. "Dieses erste Treffen ist ein wichtiger Meilenstein", sagte der Präsident des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, Peter Maurer, vor Journalisten. "Danke an Österreich für dieses historische Treffen."

Konferenz des Atomwaffenverbotsvertrags steigt in Wien

Die dreitägige Zusammenkunft wird vom österreichischen Spitzendiplomaten Alexander Kmentt geleitet. Dieser ließ gleich zum Auftakt Opfer von Atomtests zu Wort kommen. "Ohne Sie wären wir heute nicht hier", betonte Kmentt unter dem Applaus der Delegierten aus mehr als 80 Staaten. UNO-Generalsekretär António Guterres wandte sich per Videobotschaft an die Konferenz. Er warnte vor einer Vernichtung der Erde durch das aus 13.000 Atomsprengköpfen bestehende Arsenal, wie die deutsche Presseagentur (dpa) meldete.

Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) gestand in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Maurer zu, dass keine Atommacht dem Vertragswerk beigetreten sei. Er zeigte sich aber vor Journalisten zuversichtlich, dass sich der Vertrag letztlich durchsetzen werde. Diesbezüglich erinnerte er an die Initiativen zum Verbot von Anti-Personen-Minen und Streumunition, die zu Beginn in gleicher Weise als unrealistisch oder naiv abgetan worden seien.

Schallenberg warf Putin in Rede vor UNO-Konferenz "nukleare Erpressung" vor

"Eigentlich sollte das ein Tag zum Feiern sein. Aber noch nie seit dem Kalten Krieg war die atomare Bedrohung mehr präsent als heute", sagte Schallenberg mit Blick auf die nuklearen Drohungen des russischen Machthabers Wladimir Putin im Ukraine-Krieg. Noch vor wenigen Monaten hätte man so etwas als rein theoretisch angesehen, doch jetzt "sind alle nervös geworden". "Es ist höchste Zeit, dass wir mit dem Mythos aufräumen, dass Atomwaffen Sicherheit geben", betonte Schallenberg, der Putin in seiner Rede vor der UNO-Konferenz scharf "nukleare Erpressung" vorwarf.

"Wir müssen Atomwaffen abschaffen, bevor sie uns abschaffen", unterstrich der Minister. "Das Damoklesschwert, das über unserem Kopf hängt, ist eine zu große Bedrohung." Die Atommächte mögen zwar an ihren Waffen festhalten, "aber die Mehrheit der Staaten akzeptiert diese Logik nicht". Auch solle die Wiener Konferenz "ein starkes Signal senden, dass der Atomwaffenverbotsvertrag die neue Norm ist". In seiner Rede vor den Delegierten erinnerte der Minister daran, dass das "Austrian Pledge" ("Österreichisches Versprechen") zur Ächtung von Atomwaffen vor acht Jahren der Beginn des Vertrags gewesen sei. "Mit diesem historischen Vertrag haben wir unser Versprechen erfüllt", sagte er. "Wir können stolz darauf sein, was wir gemeinsam erreicht haben - wir alle, Staaten und Zivilgesellschaft."

Schallenberg: Weg zu universeller Ächtung von Atomwaffen "langer Prozess"

Vor Journalisten räumte Schallenberg ein, dass der Weg zu einer universellen Ächtung von Atomwaffen ein "langer Prozess" sei. Man wolle "geduldig" und "Schritt für Schritt" die Zahl der Staaten erhöhen, die sich rechtlich zum Atomwaffenverbot bekennen. 65 Staaten hätten den Vertrag bereits ratifiziert, 23 weitere unterzeichnet, berichtete der Minister. Allein in den vergangenen Tagen hätten vier Staaten ihre Ratifikationsurkunden bei der UNO hinterlegt. An der Wiener Konferenz nähmen 49 Vertragsparteien und 33 Beobachter teil. Unter ihnen sind mit Deutschland und Norwegen auch zwei NATO-Staaten.

IKRK-Präsident Maurer sagte, dass es sich beim Atomwaffenverbot um ein Langfristprogramm handle und es auch "Rückschritte" geben könne. Man dürfe aber den Paradigmenwechsel nicht unterschätzen, der darin bestehe, dass Atomwaffen nun nicht mehr militärisch, sondern unter humanitären Gesichtspunkten betrachtet werden. Dies habe einst auch dem Verbot von Anti-Personen-Minen den Weg geebnet. Auf eine Frage der APA ließ Maurer auch den Wunsch erkennen, dass sich die Schweiz dem Vertrag anschließt. "Als Schweizer Bürger kann ich Ihnen sagen, dass ich so eine Entscheidung wärmstens begrüßen würde", sagte Maurer. Das sei das Maximum, was er als Präsident einer nichtstaatlichen Organisation sagen dürfe, fügte er hinzu.

Atomwaffenverbotsvertrag seit 2021 Teil von Völkerrecht

Die erste Konferenz dient formell dazu, den Vertrag etwa durch den Beschluss einer Geschäftsordnung und eines Budgets mit Leben zu erfüllen. Teil des Völkerrechts ist der Atomwaffenverbotsvertrag seit Jänner 2021, nachdem die Mindestzahl von 50 Staaten ihn ratifiziert hatte. Er sieht eine komplette Ächtung von Atomwaffen nach dem Beispiel biologischer oder chemischer Kampfstoffe vor.

Durch Putins Atomdrohungen hat der Vertrag besondere Brisanz bekommen. Sowohl Befürworter als auch Gegner sehen sich bestätigt. Diplomaten zufolge haben westliche Atommächte massiven Druck auf ihre Verbündeten ausgeübt, dem Abkommen fernzubleiben. Die nächste Konferenz soll unter Vorsitz Mexikos im New Yorker UNO-Hauptquartier stattfinden.

Großes Interesse von Medien aus Japan in Wien auffallend

Die Befürworter des Abkommens setzen vor allem auf Druck durch die Zivilgesellschaft innerhalb der Atomstaaten und ihrer Verbündeten. Auffallend war in Wien etwa das große Interesse von Medien aus Japan, dem Schauplatz der beiden bisher einzigen Atomwaffeneinsätze. In Deutschland nahm die oppositionelle Linke die Konferenz zum Anlass, die Ampelkoalition zum Beitritt zum Vertragswerk aufzufordern. "Es ist eine Schande, dass Deutschland den Atomwaffenverbotsvertrag noch nicht unterzeichnet hat", sagte Linken-Chefin Janine Wissler nach Angaben der dpa.

(APA/Red)

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