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SPÖ-Berater bei verdecktem Dirty Campaigning auf Facebook involviert

Die SPÖ bestätigt die Involvierung beim Dirty Campaigning auf Facebook
Die SPÖ bestätigt die Involvierung beim Dirty Campaigning auf Facebook ©AP (Sujet)
Medienberichten der "Presse" und dem "Profil" zufolge ist der in Israel verhaftete SPÖ-Berater Tal Silberstein bei der Organisation der rassistischen Facebookseite "Die Wahrheit über Sebastian Kurz" und auch für die VP-Chef-Fanseite  "Wir für Sebastian Kurz" mitverantwortlich gewesen.

Die SPÖ bestätigt die Involvierung eines Parteimitarbeiters. Die ÖVP wirft der SPÖ schon länger vor, verdecktes Dirty Campaigning gegen Kurz zu betreiben. Die Urheber der Seite “Die Wahrheit über Sebastian Kurz” waren wegen ihrer rassistischen Schlagseite bisher allerdings eher im rechten Milieu vermutet worden.

SPÖ-Berater Silberstein bei Dirty Campaigning auf Facebook involviert

Und “Wir für Sebastian Kurz” gab sich den Anstrich einer Fanseite für den ÖVP-Chef, die mit ihren Postings oft über das Ziel hinausschoss – etwa als sie die ÖVP mit einer Umfrage über die Schließung der Brennergrenze in Erklärungsnot brachte. Die ÖVP verlangte vergeblich die Löschung der Seite.

Verbindung zu Facebookseiten bisher von SPÖ immer geleugnet

Die SPÖ hatte eine Verbindung zu diesen Seiten bisher geleugnet. Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler wies im August darauf hin, dass auf “Wir für Sebastian Kurz” scharf gegen Kanzler Christian Kern geschossen werde: “Die Höhe ist, dass die ÖVP dann auch noch die Chuzpe hat, uns für diese Seiten verantwortlich zu machen. Das ist Dirty Campaigning, wie es im Lehrbuch steht.” “Presse” und “profil” berichten nun allerdings, dass beide Seiten von einem Team des früheren SP-Beraters Silberstein organisiert wurden.

SPÖ-Bundesgeschäftsführer wusste angeblich nichts von Aufträgen

Niedermühlbichler betont zwar, selbst nichts von derartigen Aufträgen gewusst zu haben. Er bestätigt aber, dass zumindest ein Mitarbeiter der Parteizentrale informiert war. Man habe den Fall hausintern “genauestens prüfen lassen”, so der SP-Bundesgeschäftsführer: “Es gab tatsächlich einen Mitarbeiter, der um diese Facebookseiten wusste. Da er nach einem schweren Unfall im Krankenstand ist, können wir genauere Informationen dazu nicht erheben.”

Von PR-Berater betrieben, der zuvor für ÖVP und NEOS arbeitete

Betrieben wurden die Facebookseiten den Berichten zufolge von einem PR-Berater, der früher auch für ÖVP und NEOS gearbeitet hatte. Er bestreitet in der “Presse”, mit Silberstein für die SPÖ gearbeitet zu haben. Die beiden Seiten “Wir für Sebastian Kurz” und “Die Wahrheit über Sebastian Kurz” sind am Freitag vom Netz gegangen.

SPÖ spricht von “Parallelstruktur”

Nach Angaben der SPÖ soll Wahlkampfberater Tal Silberstein die Facebook-Gruppen ohne wissen der Parteiführung organisiert gegeben haben. “Silberstein hat hier ohne Auftrag und ohne Wissen des Bundesgeschäftsführers gehandelt”, heißt es in einer Aussendung am Samstag. Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler zeigt sich “bestürzt” und spricht von einer “Parallelstruktur” Silbersteins.

“Wir verurteilen diese menschenverachtenden Seiten”

Einmal mehr betont Niedermühlbichler, dass ein Mitarbeiter der SPÖ Kenntnis von den Aktivitäten Silbersteins gehabt haben dürfte. Dieser Mitarbeiter befinde sich nach einem schweren Unfall im Krankenstand. “Wir werden nach seiner Rückkehr ein klärendes Gespräch mit dem Mitarbeiter führen”, so der Bundesgeschäftsführer. Und: “Wir verurteilen diese menschenverachtenden Seiten – auf denen auch gegen den eigenen Spitzenkandidaten polemisiert wurde – auf das Schärfste und haben dies auch in der Vergangenheit stets getan.”

ÖVP sieht “rote Linie” überschritten

Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) übt nach den Enthüllungen über die Dirty Campaigning-Aktivitäten des SPÖ-Beraters Tal Silberstein heftige Kritik an der SPÖ und ihrem Vorsitzenden Christian Kern. Mit den manipulierten Pro- und Contra-Facebookseiten gegen ÖVP-Chef Sebastian Kurz habe die SPÖ-Kampagne einen “neuen Tiefpunkt” erreicht, sagte Stelzer am Samstag gegenüber der APA.

“Hier wurde ganz klar eine rote Linie überschritten, auch weil offenbar bewusst mit antisemitischen Codes und rassistischen Untertönen gearbeitet wurde. Ich bin erschüttert, dass solche Methoden nach Österreich geholt wurden. Das ist nicht bloß Dirty oder Negative Campaigning, sondern schlichtweg Wählertäuschung”, sagte Stelzer, der auch stellvertretender Obmann der Bundes-ÖVP ist. “Die SPÖ versucht offenbar um jeden Preis Stimmung gegen Sebastian Kurz zu betreiben.”

Köstinger: “Tiefpunkt im Wahlkampf”

Kaum vorstellbar ist für Stelzer, dass die Anti-Kurz-Kampagne ohne Wissen und Zustimmung der SPÖ-Chefetage und nur von einem SPÖ-Mitarbeiter gestartet und betrieben wurde: “Da steckt ein System dahinter, mit ausreichend finanziellen Mitteln und Personal.” Für die verbleibenden Tage in der Wahlbewegung erwartet sich der Landeshauptmann von der SPÖ einen fairen und respektvollen Umgang mit den politischen Mitbewerbern und eine klare Distanzierung von solchen Methoden.

Kritik an der SPÖ kam auch von ÖVP-Generalsekretärin Elisabeth Köstinger. Sie bezeichnete die Dirty Campaigning-Aktivitäten via Twitter als “Tiefpunkt im Wahlkampf” und forderte eine Klarstellung von der SPÖ.

FPÖ über SPÖ-Negativkampagne “entsetzt”

Die FPÖ schießt sich angesichts der Dirty-Campaigning-Aktivitäten des früheren SPÖ-Beraters Tal Silberstein auf Parteichef Christian Kern ein. Die Grünen werten die Kampagne mit falschen Facebook-Seiten als “strategischen Irrsinn”. Die Wiener NEOS beenden indessen ihre Zusammenarbeit mit dem von Silberstein für die Facebook-Kampagne engagierten PR-Berater.

“Ich bin enttäuscht, auf welche Art und Weise im Verantwortungsbereich von Bundeskanzler Kern Wahlkampf betrieben wird”, kritisierte FP-Vizeparteichef Norbert Hofer in einer Aussendung: “Auf der einen Seite wird eine Facebook-Seite eingerichtet, die antisemitische Postings absetzt und der FPÖ in die Schuhe geschoben wird und gleichzeitig wird auf EU-Ebene vor der FPÖ als Regierungspartei gewarnt.” Kern treibe seine Partei in ein Desaster. Die FPÖ fordert außerdem die Offenlegung der kolportierten Kosten der Silberstein-Aktivitäten von 500.000 Euro.

Grüner Klubchef Steinhauser: “Strategischer Irrsinn”

Für den Grünen Klubchef Albert Steinhauser ist die Kampagne mit den falschen Facebook-Seiten “strategischer Irrsinn”. “Rechte Fakeseiten” würden die Debatte nach rechts verschieben und Stimmung zugunsten der Rechten machen, kritisierte er auf “Twitter”.

Die Wiener NEOS haben indessen bekannt gegeben, ihre Zusammenarbeit mit dem laut “Presse” von Silberstein für die operative Umsetzung der Facebook-Kampagne engagierten PR-Berater Peter Puller vorzeitig zu beenden. “NEOS Wien war zu keinem Zeitpunkt von anderen Tätigkeiten oder Aufträgen von Herrn Puller für Tal Silberstein informiert und wir bedauern, dass wir von diesen Umständen über die Medien erfahren mussten”, heißt es in einer Aussendung. Puller hatte gegenüber der “Presse” bestritten, mit Silberstein für die SPÖ gearbeitet zu haben. Für die APA war er am Samstag nicht erreichbar.

Caritas-Generalsekretär entschuldigt sich bei Kurz-Sprecher

Eine Entschuldigung bei Kurz’ Sprecher Peter Eppinger lieferte indessen Caritas-Generalsekretär Claus Schwertner. Er hatte die Seite “Wir für Sebastian Kurz” massiv kritisiert und von einem “doppelbödigen Auftritt” des VP-Spitzenkandidaten gesprochen. Auf Facebook meinte Schwertner nun, angesichts der aktuellen Berichte müsse er sich dafür entschuldigen. Er habe sich wie viele andere täuschen lassen. “Jetzt müssen endlich alle Fakten auf den Tisch!”

Für Grüne “historische Grenzüberschreitung”

Die Grünen sehen in den Aktivitäten des Ex-SP-Beraters Tal Silberstein eine “historische Grenzüberschreitung”. “Von ÖVP und FPÖ war man Grenzüberschreitungen ja schon gewohnt. Aber ich bin fassungslos, dass im SPÖ-Umfeld offenbar antisemitische und rassistische Hetze als Wahlkampfmittel eingesetzt wurde”, so Bundesgeschäftsführer Robert Luschnik. Er verlangt von SP-Chef Christian Kern Aufklärung.

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(APA/Red.)

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