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Spindelegger Rücktritt: Die Reaktionen

Die Reaktionen zum Rücktritt von Michael Spindelegger
Die Reaktionen zum Rücktritt von Michael Spindelegger ©APA/ROLAND SCHLAGER
In einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz im Finanzministerium begründete der bisherige Vizekanzler, Finanzminister und ÖVP-Obmann Michael Spindelegger seinen Rücktritt mit der aktuellen Steuerreformdebatte. Wir haben die Reaktionen im Überblick.
Spindelegger tritt zurück
Ein gescheiterter Minister

Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner hat nach dem Rücktritt von Vizekanzler und Parteichef Michael Spindelegger auf eine rasche Klärung des weiteren Vorgehens gedrängt. Dies sei nötig, um “die Handlungsfähigkeit der Regierung sicherzustellen”, sagte Mitterlehner vor dem Ministerrat, wo er als Sprecher des verbleibenden ÖVP-Regierungsteams fungierte.

Mitterlehner drängt auf rasche Klärung

Der Parteivorstand wird laut Mitterlehner noch am Dienstag zusammentreten, um die weitere Vorgehensweise zu besprechen. Besprechen wird man dabei laut Mitterlehner auch die weitere Vorgehensweise in der Steuerreform, also die Frage, ob man einen “Sparkurs” oder einen “Offensivkurs” fahren wolle. Die Umsetzung werde dann Sache des neuen Finanzministers sein, betonte Mitterlehner: “Wir werden das in den nächsten Stunden präzisieren.”

Zurückhaltend zeigte sich der Wirtschaftsminister auf die Frage, ob er selbst Parteiobmann werden könnte: “Bei uns ist üblich, dass wir das intern diskutieren.” Nötig sei aber eine rasche Klärung, um die Handlungsfähigkeit der Regierung sicherzustellen. Die Regierungsbeteiligung der ÖVP sieht Mitterlehner nicht infrage gestellt, vielmehr gehe es um Kontinuität und Stabilität.

Die Kritik des kurz zuvor zurückgetretenen Obmanns und Finanzministers Spindelegger an der auch parteiinternen Steuerreformdebatte nehme man zur Kenntnis sagte Mitterlehner. “Wie immer ist an der Kritik etwas dran, subjektiv gesehen bei ihm”, so der Wirtschaftsminister. Nun müsse man Geschlossenheit erreichen und die Dinge intern diskutieren und nicht öffentlich austragen.

Steindl kritisiert “Demontage” des VP-Chefs

Verständnis für den Rücktritt von ÖVP-Chef Vizekanzler Michael Spindelegger hat am Dienstag der burgenländische ÖVP-Obmann Franz Steindl geäußert. Steindl sprach laut Aussendung von “schlechtem Stil” und einer “scheibchenweisen Demontage” Spindeleggers durch “einige Persönlichkeiten in der ÖVP, die es eigentlich besser wissen sollten.”Was sich in den vergangenen Wochen abgespielt habe, sei “ein unwürdiges Schauspiel”, das der ÖVP insgesamt Schaden zugefügt habe.

“Wo gehobelt wird, fliegen Späne, und natürlich hat auch Vizekanzler Spindelegger Fehler gemacht. Aber er hat die ÖVP in einer sehr schwierigen Situation übernommen und die Partei stabilisiert,” meinte Steindl. Das sei auch “durchaus gute Ergebnisse” bei diversen Wahlen bewiesen.”Jeder Parteiobmann ist nur so stark, wie das Team, das ihn unterstützt.

Das sollte auch jenen bewusst sein, die sich gerne aus einer sicheren Position heraus als Besserwisser gerieren und mediale Schaukämpfe inszenieren,” so der Landeshauptmannstellvertreter. Wer immer jetzt Bundesparteiobmann werde, müsse sich “zu hundert Prozent” auf die Unterstützung und die Loyalität der Länder und der Teilorganisationen verlassen können. Wer immer die Funktion übernehme, sei gut beraten, diese “Garantieerklärung” einzufordern, erklärte Steindl.

Wiener ÖVP-Chef dankt “für großen Einsatz”

Wiens ÖVP-Landesparteiobmann Manfred Juraczka hat sich am Dienstag nach dem verkündeten Rücktritt Michael Spindeleggers für dessen Arbeit und “seinen großen Einsatz für unser Land” bedankt. Spindelegger habe bis zuletzt für seine Überzeugungen gekämpft und sei sich immer treu geblieben, so Juraczka in einer Aussendung.  Der Chef der Rathaus-Schwarzen lobte Spindelegger als “versierten Sachpolitiker”. Sein Rücktritt sei als “persönliche Entscheidung” zu respektieren.
Dem Geschäftsführer der Kärntner ÖVP, Josef Anichhofer, ist zum Rücktritt von Bundesparteiobmann Michael Spindelegger im ersten Moment nur ein Wort eingefallen: “Überraschung.” Anichhofer sieht den ausschlaggebenden Grund für Spindeleggers Rückzug nicht in der parteiinternen Kritik, sondern beim Koalitionspartner SPÖ. “Wie mit ihm auch vor allem in der Koalition umgegangen wurde, diese Art und Weise hat er sich persönlich nicht verdient. Man hat ihn als Finanzminister im Regen stehen gelassen”, meinte Anichhofer.
Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hat den Rücktritt Michael Spindeleggers von all seinen Ämtern hingenommen. “Die Entscheidung des Herrn Vizekanzlers ist zu akzeptieren”, sagte sie am Dienstag nach dem Ministerrat. Auch sie sei überrascht gewesen, sagte sie. Bezüglich der Nachfolge verwies sie auf die Parteigremien, die noch am Dienstagabend tagen.

Platter zeigt sich “überrascht”

Der Tiroler VP-Chef, LH Günther Platter zeigte sich vom Rücktritt seines Bundesparteiobmannes”überrascht”. “Diese persönliche Entscheidung von Michael Spindelegger … nehme ich aber zur Kenntnis”, hieß es in einer schrftlichen Stellungnahme.

Jetzt gehe es darum, dass beim Parteivorstand das weitere Prozedere festgelegt werde, wie die Bundes-VP personell und inhaltlich neu aufgestellt werde. “Der heutige Rücktritt stellt uns zwar vor eine schwierige Situation, bietet aber auch eine Chance für einen Neustart. Wir Länderchefs werden uns hier konstruktiv einbringen. Es ist unser gemeinsames Anliegen, dass die Bundes-ÖVP wieder in die Spur kommt”, erklärte Platter.

Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) mahnte die Partei nach dem Rücktritt von Vizekanzler Michael Spindelegger am Dienstag zur Besonnenheit: “Für die Zukunft der Volkspartei ist mir wichtig, dass die weiteren Schritte mit Besonnenheit gewählt werden”, erklärte der Salzburger ÖVP-Landesobmann, der derzeit im Ausland auf Urlaub weilt.

Für Wallner “sehr persönliche Entscheidung”

Der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner sieht den Rücktritt von ÖVP-Bundesobmann und Finanzminister als eine “sehr persönliche Entscheidung”, die es zur Kenntnis zu nehmen gelte. Er sei heute, Dienstag, in der Früh von der Entscheidung informiert worden. Sie sei “doch sehr überraschend für ihn gekommen”, sagte Wallner am Rande einer Pressekonferenz in Feldkirch.
Von der Kritik seines Parteikollegen, er habe die Loyalität innerhalb der Volkspartei in der letzten Zeit vermisst, fühlte sich Wallner nicht angesprochen. Vorarlberg habe immer eine sehr solide Haltung eingenommen. “Anders als andere, die nur über den Zeitpunkt der Umsetzung der Steuerreform diskutiert haben, haben wir von Anfang an gesagt, eine solide Konzeption muss auf den Tisch”, so der Vorarlberger Landeshauptmann, der aber auch einräumte, dass eine Entlastung der Einkommen rasch kommen müsse.

SPÖ hofft auf schnelle Nachbesetzung

Regierungsmitglieder der SPÖ hoffen auf eine baldige Nachbesetzung des Finanzministerpostens, von dem Michael Spindelegger zurückgetreten ist. Sowohl Sozialminister Rudolf Hundstorfer, als auch der neue Infrastrukturminister Alois Stöger und Staatssekretärin Sonja Steßl zeigten sich vor dem Ministerrat überrascht über die plötzliche Personalentscheidung beim Koalitionspartner.”Es ist eine Entscheidung und er wird die Gründe dafür haben”, kommentierte etwa Hundstorfer Spindeleggers Rücktritt von seinen Funktionen. “Ich nehme an, er hat es sich nicht leicht gemacht.”

Ein drohendes Ende der Koalition sieht der Sozialminister nach wie vor nicht. Es gebe lediglich Auseinandersetzungen in Sachfragen, wie zuletzt beim Thema Steuerreform. Stöger, der eben erst seinen Wechsel vom Gesundheits- ins Infrastrukturministerium offiziell gemacht hat, zeigte sich überrascht über die Veränderungen beim Koalitionspartner. Er hofft nun, dass vor allem der wichtige Posten des Finanzministers rasch nachbesetzt wird. “Ich gehe davon aus, dass das bald abgeschlossen ist”, setzt er auf den internen Prozess bei der ÖVP.

“Ich hoffe auf eine rasche Nachbesetzung”, meinte auch Staatssekretärin Steßl. Auf das Finanzministerium kämen mit der von der SPÖ forcierten Steuerreform “sehr große Herausforderungen” zu. Dies sei eines der Leitprojekte der Koalition. Den Schritt Spindeleggers wollte Steßl nicht näher kommentieren. Es handle sich dabei um eine “persönliche Entscheidung des Herrn Vizekanzlers”.

Faymann geht von Halten der Koalition aus

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) sieht die Koalition durch den Rücktritt von Vizekanzler und Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) nicht gefährdet. “Ich gehe davon aus, dass die Koalition bis 2018 hält”, sagte Faymann, der am Dienstag nach dem Ministerrat alleine vor die Presse trat. Es sei Angelegenheit des Koalitionspartners nun einen Nachfolger zu nominieren. Faymann lobte Spindelegger und sagte, “ich möchte mich bei Michael Spindelegger bedanken für die Zusammenarbeit in einer wahrlich schwierigen Zeit.”

Die designierte Nationalratspräsidentin und noch Infrastrukturministerin Doris Bures (SPÖ) hofft ebenso, dass die ÖVP eine rasche Nachfolge für den am Dienstag zurückgetretenen ÖVP-Chef, Vizekanzler und Finanzminister Michael Spindelegger findet. Auch sie sei “einigermaßen überrascht” über diesen Schritt gewesen, sagte sie nach dem Ministerrat. Es handle sich aber um eine persönliche Entscheidung, die man respektieren müsse, betonte Bures. “Ich hoffe, dass der Koalitionspartner eine rasche Entscheidung trifft”, sagte sie in Richtung ÖVP.

Strache für Neuwahlen

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sieht nach dem Rücktritt von ÖVP-Parteichef und Vizekanzler Michael Spindelegger die Regierung am Ende. In einer Aussendung forderte er am Dienstag unverzüglich Neuwahlen. “Was wir derzeit von SPÖ und ÖVP erleben, kann nur als innenpolitische Chaostage bezeichnet werden.”

Das einzige, was Bundeskanzler Werner Faymann und Spindelegger unterscheide, sei die Parteidisziplin, denn ohne diese wäre der SPÖ-Chef auch schon fällig für einen Rücktritt gewesen, glaubt Strache, der ein eindeutiges Signal in diese Richtung am kommenden SPÖ-Parteitag erwartet. “Dass die Koalition in einer derart schwierigen Zeit, wie wir sie mit Massenarbeitslosigkeit, Höchststeuerdruck, Wirtschafts- und Bankenkrise erleben, ausschließlich mit sich selbst beschäftigt ist, zeigt schon deutlich, dass hier ein Wechsel dringend notwendig ist”, begründete Strache seine Forderung nach Neuwahlen. Persönlich wünschte Strache Spindelegger für die Zukunft alles Gute: “Ich habe Spindelegger immer als versierte, integere und aufrechte Persönlichkeit erlebt.”

Glawischnig hofft auf Kurskorrektur

Grünen-Chefin Eva Glawischnig sieht im Rücktritt von ÖVP-Chef Michael Spindelegger die Chance, dass die ÖVP ihren “Kurs als Hauptblockierer” korrigiert. Spindelegger habe gerade bei der Steuer- sowie Bildungsreform “extrem konservative Hardliner-Positionen” bezogen, meinte Glawischnig gegenüber der APA. Anzurechnen sei dem Politiker, dass er nach der Nationalratswahl neue, interessante Persönlichkeiten in die Regierung geholt habe, mit wenig Rücksicht auf die Proporzwünsche – dafür zahle er jetzt auch sicher den politischen Preis, ist Glawischnig überzeugt.

Der Angelobungstermin für die ausgewechselten SPÖ-Regierungsmitglieder ist noch nicht fixiert. Ursprünglich war der 1. September geplant – aber jetzt wartet Bundespräsident Heinz Fischer auf die weitere Entwicklung in der ÖVP. Vom Rücktritt Michael Spindeleggers wurde er laut seiner Sprecherin Dienstagfrüh informiert.

Während die ÖVP einen neuen Obmann, Vizekanzler und Finanzminister sucht, führt Fischer – am Mittwoch – ein Informationsgespräch mit der neuen Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser und dem künftigen Infrastrukturminister Alois Stöger (beide SPÖ). Er bleibt damit bei seiner mit der vorigen Wahl aufgenommenen Übung, Regierungsmitglieder vor der Angelobung in die Präsidentschaftskanzlei einzuladen.

Khol: Für Nachfolge paar Tage Zeit lassen

“Traurig” über den Rücktritt von Vizekanzler ÖVP-Chef Michael Spindelegger ist Seniorenbund-Obmann Andreas Khol. Er ist der Meinung, man sollte noch nicht beim Parteivorstand Dienstagabend einen Nachfolger bestimmen, sondern sich ein paar Tage Zeit lassen, wie Khol der APA sagte. Spindeleggers Rückzug sei “überraschend”, aber er verstehe, dass dieser “die Nase voll” habe, erklärte Khol. In vielen Fragen sei der ÖVP-Chef zum “Einzelkämpfer geworden”. Er bedaure es “außerordentlich”, dass sich Spindelegger zurückzieht, denn dieser sei ein “guter, verantwortungsbewusster und sehr redlicher Parteiobmann” gewesen, betonte Khol.

Im Parteivorstand heute Abend müsse man nun die Lage analysieren, das Prozedere festlegen und auch eine kurzfristige Strategiereform andenken, meinte Khol auf die Frage nach einem Nachfolger für Spindelegger. Er glaube nicht, dass man heute schon einen neuen Parteichef küren sollte, sondern sich ein paar Tage Zeit nehmen. Man müsse auch mit der SPÖ reden, ob das Regierungsprogramm nun durchgeführt werde – Neuwahlen sind für Khol aber keine Alternative.

(APA)

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