AA

SPÖ-Turbulenzen um Studiengebühren

Turbulenzen innerhalb der SPÖ hat der Plan des designierten Bundeskanzlers Gusenbauer (S) für ein Studiengebühren-Modell ausgelöst. Gusenbauer verteidigt weiterhin das Kompromissmodell.

Im Wahlkampf hatte die SPÖ ja die Abschaffung der Studiengebühren versprochen, im ausverhandelten Koalitionspakt mit der ÖVP sollen sie aber nur dann nicht bezahlt werden müssen, wenn die Betroffenen 60 Stunden Sozialarbeit leisten.

Während Gusenbauer Dienstag abend im ORF-Report das Kompromissmodell noch wortreich als sozial ausgewogen verteidigte, obwohl auf der Straße die SPÖ-Jugend dagegen lautstark rebellierte, wollte Klubobmann Josef Cap nur eine Stunde darauf bei einem Runden Tisch zurückrudern und die Studiengebühren-Frage neu verhandelt wissen, was von ÖVP-Generalsekretär Reinhold Lopatka postwendend abgelehnt wurde.

Gusenbauer betonte auch Mittwochvormittag nach einem Empfang bei Bundespräsident Heinz Fischer, wo er sein Regierungsteam präsentierte, dass das Studiengebührenmodell halten werde. Es müssten lediglich einige im Regierungsprogramm offen gelassene Punkte im Rahmen der zu den Studiengebühren geplanten Arbeitsgruppe geklärt werden. Allerdings lehnt Gusenbauer eine von der SPÖ-Jugend geforderte komplette Abschaffung ab, wobei er neuerlich auf die Möglichkeit verwies, sich mit gemeinnütziger Arbeit von der Gebühr zu befreien.

Cap hatte zuvor gemeint, SPÖ und ÖVP wären „gut beraten, ob es nicht klüger wäre, eine andere Regelung zu finden. Wenn die Studenten das kritisieren und es bessere Vorschläge gibt, wird uns kein Zacken aus der Krone fallen, darüber nochmals nachzudenken“. Lopatka wies dies zurück und verwiese auf das unterschriebene Regierungsprogramm, an dem man sich orientiere. Und der designierte Vizekanzler Wilhelm Molterer (V) lehnte kategorisch ein Aufschnüren ab. „Ich nehme doch nicht an, dass die Unterschrift Gusenbauers für Cap nicht gilt. Für mich gilt sie“.

Gusenbauer hatte Dienstagabend beim Auftakt der SPÖ-Neujahrskonferenz im Wiener Museumsquartier angesichts der Proteste der Jugendorganisation sogar den Hintereingang benutzen müssen. Die Studenten skandierten u.a. „Wer hat uns verraten – Die Sozialdemokraten“ oder „Die Partei geht zu Grunde“ und versuchten, ankommende Politiker am Eingang zu hindern.

Der SPÖ-Chef gab sich im Fernsehen davon unbeeindruckt und sprach von kommunistischen Slogans, die die Österreicher aber nicht beeindruckten. Auch dass er noch im September in einem Radio-Interview die Abschaffung der Studiengebühren in einer Regierung mit der SPÖ versprochen hatte und er ein Lügner genannt werden könne, wenn es die Gebühren nach vier Jahren immer noch geben, ließen Gusenbauer kalt. „Ich sehe das nicht so. Jeder, der nicht zahlen will, braucht sie auch nicht bezahlen, wenn er bereit ist, einen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten und Benachteiligten zu helfen“. Er habe auch “überhaupt keine Sorge“, die Glaubwürdigkeit gerade bei Jungen zu verlieren. „Das ist ein gutes Programm, das sehr stark angenommen werden wird, um die Gesellschaft zum Positiven zu verändern – mit weniger Egoismus und mehr Zusammenhalt“. Es handle sich bei der gemeinnützigen Arbeit zum Freikaufen von den Studiengebühren um einen „gesellschaftlichen Zusatznutzen“. Gusenbauer: „Wenn Sie mich fragen, ich werde die Studiengebühren meiner Tochter nicht zahlen“ und er werde seiner Tochter sagen, „ich will, dass Du dich mit jemandem beschäftigst, dem es nicht so gut geht“.

Und zu den Studentenprotesten meinte er, „ich höre den Menschen genau zu. Aber von mir wird erwartet, dass ich auch ein Urteil treffe und nicht jeder Parole sofort auf den Leim gehe. Mit mir können Studenten und Freude der SPÖ-Jugend diskutieren, aber das ist keine Einbahnstraße. Es geht nicht um Kritik-Absondern, zu Schreien, Krawall zu machen und sich nicht die Meinung anderer anzuhören. Es geht um Abwägen der Argumente mit der Zielsetzung, zu einer Lösung zu kommen“.

Jedenfalls gibt es – nicht nur aufgrund der Kritik an den Studiengebühren, sondern auch wegen Unmut innerhalb der SPÖ über das Überlassen wichtiger Ressorts an die SPÖ – immer mehr Parteiaustritte bzw. zumindest die Drohung, die SPÖ zu verlassen.

  • VIENNA.AT
  • Koalition
  • SPÖ-Turbulenzen um Studiengebühren
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen