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Sozialpartner fordern Förder-Paket für Lehrlinge

Auch Lehrlinge kriegen die Krise zu spüren.
Auch Lehrlinge kriegen die Krise zu spüren. ©APA/HERBERT NEUBAUER
Die Sozialpartner fordern ein Lehrlingspaket in der Coronakrise. Dadurch soll der Fachkräftemangel nicht weiter verschlimmert werden. 150 Millionen Euro sollen dafür ausgeschüttet werden.

Die Gewerkschaftsjugend (ÖGJ) und die GPA-djp haben schon vor Wochen ein Paket für die Lehrlinge in der Coronakrise gefordert. Jetzt kommt ein solcher Ruf auch von der Wirtschaftskammer (WKÖ), berichtet der "Kurier" (Freitagsausgabe). "Der Schulabschlussjahrgang 2020 darf nicht jener werden, der als Ausbildungslücke in die Geschichte eingeht", sagt Mariana Kühnel, WKÖ-Vizegeneralsekretärin.

In drei, vier Jahren würde der Fachkräftemangel verschärft, ist sich die Arbeitgebervertreterin demnach mit kürzlichen Ausführungen der Arbeitnehmervertreter einig. Kühnel fordert "in dieser Ausnahmesituation am Lehrlingsmarkt" eine Sonderprämie für Betriebe, die Lehrlinge einstellen. "Wir fordern ein Paket von 150 Millionen Euro an Unterstützung für Lehrbetriebe, die zwischen Juli und Dezember einstellen", sagt Kühnel dem "Kurier".

Prämien nach der Probezeit

Die Prämie soll im Voraus - nach Absolvieren der dreimonatigen Probezeit - ausbezahlt werden. Im Durchschnitt solle sich die Summe auf 1.000 Euro pro Lehrling und Monat belaufen. Wichtig sei, dass diese Lehrlingsprämie sofort und nicht erst im Nachhinein, wie es bei der geltenden Lehrlingsförderung der Fall sei, ausbezahlt werde. "Die Betriebe brauchen jetzt Liquidität", ist die stellvertretende Generalsekretärin der WKÖ überzeugt.

"Aufgrund der Corona-Krise ist ein massiver Wegfall von Lehrstellen zu befürchten", hatte es zuletzt von ÖGJ-Chefin Susanne Hofer geheißen. "Es darf keine Generation Corona geben, die in Jugendarbeitslosigkeit abdriftet." Sie forderte, dass der Not-Ausbildungsfonds mit 140 Mio. Euro dotiert werden müsse.

10.000 weniger Lehrstellen

Zudem riefen die Gewerkschaften nach einer Aufstockung der Ausbildungsplätze im staatlichen und staatsnahen Bereich und einer Erhöhung der Finanzmittel für die überbetriebliche Lehrausbildung mit einer einhergehenden Aufstockung der überbetrieblichen Lehrstellen. Auch Anreize für große Ausbildungsbetriebe, um über ihren eigentlichen Bedarf auszubilden, seien angebracht. Die ÖGJ wünscht sich dahingehend einen Runden Tisch mit dem Wirtschaftsministerium und der Wirtschaftskammer.

Ohne öffentliche Förderung könnte es für junge Lehrstellensuchende heuer eng werden, befürchtet Kühnel. Umfragen bei Betrieben zeigten, dass heuer um bis zu 10.000 weniger Lehrstellen angeboten werden als in guten Jahren - um ein Drittel weniger. "Wir haben üblicherweise bis zu 35.000 neue Lehrstellen pro Jahr", betont Kühnel. Besonders im Handwerk und Gewerbe - die Sparte stellt 43 Prozent aller Lehrstellen - müsse geholfen werden. Aber auch im Tourismus sei größte Zurückhaltung mit Neueinstellungen zu spüren.

Tourismusbranche am stärksten betroffen

Der Abwärtstrend am Lehrstellenmarkt hat sich in der Coronakrise sofort gezeigt. Schon im April ist die Zahl der Lehrlinge, die im ersten Lehrjahr waren, österreichweit um 3,8 Prozent gesunken. Insgesamt - über alle Lehrjahre betrachtet - waren Ende April laut Statistik der Wirtschaftskammer, auf die sich der Zeitungsbericht bezieht, 101.839 junge Menschen in Lehre. Das ist ein kleiner Zuwachs von 0,4 Prozent gegenüber Ende April 2019.

In der von der Pandemie am stärksten betroffenen Tourismusbranche gab es aber schon im April einen Rückgang der Lehrlingszahl um 3,7 Prozent oder 326 Lehrlinge auf 8.522. Die wichtigste Lehrlingssparte Handwerk und Gewerbe beschäftigte mit 43.172 Lehrlingen noch um 1,2 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.

AK: 23.000 Jugendliche suchen Lehrstelle, Regierung muss handeln

Auch die Arbeiterkammer (AK) fordert die Regierung dringend dazu auf, ein Maßnahmenpaket für die Lehre umzusetzen. Derzeit suchten nämlich insgesamt 22.768 junge Menschen eine Lehrstelle: Zu den offiziell suchend gemeldeten kämen nämlich 4.339 in Schulungen und 10.063 in überbetrieblichen Ausbildungsstätten. Offene Stellen gemeldet sind aber nur 4.561. Die Lücke sei zuletzt 2010 so groß gewesen.

"Der Bund muss ein Maßnahmenpaket schnüren, damit die Jungen trotz Coronakrise einen Lehrplatz bekommen", forderte AK-Präsidentin Renate Anderl in einer Aussendung am Freitag. "Der Bund muss ausreichend Budget für genügend überbetriebliche Ausbildungsplätze garantieren. Und alle von der Krise betroffenen Firmen sollen auch für ihre Lehrlinge Kurzarbeit beantragen."

"Besonders dramatisch" sei, dass der Bund erst unlängst die Träger der überbetrieblichen Ausbildung verpflichtet habe, ihre Lehrlinge schnellstens in einen Betrieb zu vermitteln. "Aber wie soll das gehen?", fragt Anderl. "Die Pflicht, überbetriebliche Lehrlinge unbedingt in einen Betrieb zu vermitteln, muss zumindest während der Coronakrise und der danach drohenden Wirtschaftskrise gelockert werden."

(APA/red)

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