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SOS Mitmensch fordert erneut Wahlrecht für alle Wiener

Mehr als 30 Prozent der in Wien lebenden Menschen dürfen aufgrund ihrer Staatsbürgerschaft an der Wien-Wahl nicht teilnehmen.
Mehr als 30 Prozent der in Wien lebenden Menschen dürfen aufgrund ihrer Staatsbürgerschaft an der Wien-Wahl nicht teilnehmen. ©APA/ROLAND SCHLAGER
Bei der Wien-Wahl dürfen mehr als 30 Prozent der in Wien lebenden Menschen nicht teilnehmen. Grund dafür ist ihre Staatsbürgerschaft. Am Dienstag wurde dieser Umstand erneut von SOS Mitmensch kritisiert.

Mehr als 30 Prozent der in Wien lebenden Menschen dürfen aufgrund ihrer Staatsbürgerschaft an der Wahl am 11. Oktober nicht teilnehmen. Ein Umstand, der von SOS Mitmensch am Dienstag kritisiert wurde. Erlaubt ist das Wählen nur Personen mit österreichischem Pass - auch wenn sie erst vor kurzem hierher gezogen sind. Andere, die schon viel länger in der Stadt wohnen und diese gut kennen würden, dürften hingegen ihre Stimme nicht abgeben - weil sie keine Österreicher seien.

Systemträger sollen sich auch am System beteiligen dürfen

Aus diesem Grund pocht die Menschenrechtsorganisation in einer Pressekonferenz einmal mehr auf das Wahlrecht für alle in Wien lebenden Menschen, also auch Nicht-Staatsbürger. Konkret geht es bei dieser Forderung um die Gemeinderats- und Landtagswahl, denn bei der Wahl zur Bezirksvertretung sind alle in Wien lebenden EU-Bürger wahlberechtigt. "Viele der während der Corona-Pandemie beklatschen Systemerhalter haben keine österreichische Staatsbürgerschaft", sagte Gerlinde Affenzeller, Geschäftsführerin der SOS Mitmensch. Laut ihr handelt es sich dabei um rund ein Drittel aller Beschäftigten in Lebensmittelberufen, um 30 Prozent der Menschen am Bau und um mehr als jedem Fünften im Einzelhandel. "Sie riskieren seit Beginn der Pandemie ihre Gesundheit, aber haben kein Wahlrecht", sagte sie und erklärte die kommende Wien-Wahl deshalb für unvollständig.

"Wer das System trägt, muss in einer Republik in diesem System auch abgebildet werden", sagte die ebenfalls an der Pressekonferenz teilnehmende Migrationsforscherin Judith Kohlenberger. Kinder ohne österreichischen Pass, die in der Schule das Wahlsystem erlernen, werden dieses laut ihr nie anwenden können. "Es ist sehr schwierig Demokratie passiv zu verstehen, wenn man sie aktiv nicht erleben kann", sagte sie. Ihr gehe es vor allem darum, dass jene, die das System tragen, sich auch am System beteiligen dürfen.

Betroffene Musikerin erklärte ihre Sicht der Dinge

Eine Betroffene saß am Dienstag auch am Podium und erklärte ihre Sicht der Dinge: Die Musikerin Golnar Shahyar besitzt einen iranischen und einen kanadischen Pass. Sie wohnt in Wien: "Ich lebe und arbeite seit 13 Jahren in Österreich und bis heute fällt es mir schwer, Österreich als mein Zuhause zu bezeichnen", sagte sie und kritisierte gleichzeitig die österreichische Bevölkerung. "Dieses Land ist noch nicht bereit, Menschen wie mich als Österreicher zu akzeptieren." Doch habe sie das Recht auf Würde und Respekt in einer Gesellschaft, in der sie einen Beitrag leiste.

Kohlenbergers Kollege, der Migrationsforscher Rainer Bauböck, sieht ein großes Problem im gesellschaftlichen Zusammenleben. "An der politischen Integration zeigt sich, ob die Rede von der Integration von beiden Seiten ernst genommen wird", sagte er und präsentierte eine im EU-Vergleich sehr niedrige Statistik. "In den vergangenen zehn Jahren wurde jeweils nur sieben von 1.000 Ausländern die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen", sagte er. Er fordert einerseits eine generelle Erleichterung dafür und zudem eine Abkopplung des kommunalen Wahlrechts von der Staatsbürgerschaft. In 14 EU-Staaten wäre das bereits für EU-Bürger gegeben, in zwölf weiteren sogar für Staatsbürger von Drittstaaten.

"Pass Egal Wahl" noch bis 6. Oktober

SOS Mitmensch bietet traditionell den nicht wahlberechtigten Personen trotzdem eine Möglichkeit an, ihre Stimme abzugeben: Sie können noch bis zum 6. Oktober an der Wiener "Pass Egal Wahl" teilnehmen. Am Abend des letzten Wahltages werden alle Stimmzettel am Rathausplatz präsentiert. Damit soll die Öffentlichkeit auf die große Menge aufmerksam gemacht werden.

(APA/Red)

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