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Comeback für Public Enemy

"Ganz offensichtlich sind wir aus gutem Grund zurück" brummt Chuck D mit tiefer Stimme in den Telefonhörer. Die Band ist auf Europatournee, am 10. Dezember gastieren sie im Wiener Gasometer.

Die Polit-Rapper, zu deren Slogans seit mehr als 20 Jahren “Fight The Power” gehört, sind mitten in einer, wie Chuck D andeutet, politischen und kulturellen Zäsur. Nach dem Wahlsieg Barack Obamas müsse alles – gerade auch in den Gehirnen – neu verdrahtet werden. “Alles verändert sich. Und wir müssen prüfen, wie wir unsere Kommunikation in der Art, wie wir auf die Welt schauen, verändern.”

Das ist eine etwas abgemilderte Form seines Essays in der “Terrordome”-Rubrik auf der offiziellen Public-Enemy-Webseite. Alle zwei Wochen äußert sich der PE-Mastermind zu aktuellen Themen; die aktuelle Ausgabe ist “The Re-Beginning of Thought” überschrieben – also etwa “Der Wiederbeginn des Nachdenkens”. Obama habe den “intellektuellen IQ der USA gehoben”. Das bedeute, “dass der Intelligenzstandard, um den Worten der Führung folgen zu können, ebenfalls steigen muss, um sie zu verstehen”. Die “Rebellen des Zweifels” bittet er um “Wissen, Weisheit und Verständnis für das, was hier passiert”. Und er hoffe, dass “etliche von uns blödarschige (dumb-assified), gegen das Wissen (anti-lectual) gerichtete Verhaltensweisen fallen lassen, die wir in den vergangenen eineinhalb Jahrzehnten angenommen haben.”

Dazu gehören kleine Schritte. Sich etwa die Namen von 20 Staaten dieser Welt zu merken, sich mit deren Problemen zu beschäftigen, sagt Chuck D und lacht kurz bei der Zahl 20. In seinem Artikel hatte er noch 25 gefordert… “Die Amerikaner sollen sich über andere Orte in der Welt informieren, weil sie die nächsten 50 Jahre an die Hüfte des Rests der Welt gebunden sind.” Die derzeitige Europatournee und die dann folgende Konzertreise nach Australien und Neuseeland seien Public Enemys Art, sich weiterzubilden. In Deutschland sei die Band seit zehn Jahren nicht mehr gewesen. Das ganze Feld der Außenpolitik in einer multipolaren Welt verlange von erwachsenen Amerikanern, sich des Rests der Welt überhaupt einmal bewusstzuwerden. “Wer immer den Präsidentenjob von George Bush übernimmt, wird auf einem heißen Stuhl sitzen. Das war schon vor der Wahl bekannt.”

Der bisher wichtigste Schritt im beginnenden Wandel: “Eine Menge älterer Leute sind weitergegangen und junge Menschen haben sich dahin entwickelt, dass sie sich der ganzen Bewegung anschließen, die sich um das Land kümmert.” Dabei dürfe man nicht vergessen, “dass 48 Millionen Menschen für John McCain gestimmt haben”. Die USA würden sich nicht über Nacht verändern, das brauche “einige Wunder und eine großartige Präsidentschaft über vier Jahre”.

Und was bringen Public Enemy in dieser Umbruchsphase auf die Bühne? “Wir geben die volle Sergeant Pepper’s Lonely Heart’s Club Band”, frotzelt Chuck D und fügt hinzu: “Nein, wir spielen ‘It Takes A Nation Of Millions To Hold Us Back’ aus Anlass des 20. Jahrestags seiner Veröffentlichung, und ebenso ‘Planet’.” “Fear Of A Black Planet” von 1990 wird in einer auf der offiziellen PE-Webseite nachzulesenden Rezension als das Album bezeichnet, das für die Rap-Szene eine ähnliche Wirkung wie das oben zitierte Beatles-Album für den Pop entfaltet habe.

“Mind Terrorist”, “Louder Than A Bomb”, “Security Of The First World”, “Rebel Without A Pause”, “Prophets Of Rage”, “Burn Hollywood Burn”, “Anti-Nigger Machine”, “Power To The People”, “Revolutionary Generation”, “Fight The Power” – die Aufzählung der Tracks auf diesen beiden Rap-Meilensteinen zeigt die Dimension des geistigen Umbruchs, für den sich Chuck D in der eigenen Anhängerschaft stark macht.

Public Enemy produzieren ihre Musik inzwischen auf ihrem digitalen Label SLAMJamz.com. Sein persönliches Anliegen sei, den Frauen im Hip-Hop mehr Bedeutung zu geben. “Hip-Hop ohne Frauen ist uninteressant.” Er wolle dies mit neuen Distributionsmethoden fördern. Ganz im Sinne des zuletzt erschienenen PE-Albums “How You Sell Soul To A Soulless People Who Sold Their Soul?” – “Wie man Soul verkauft? – Man verkauft Seele nicht, man gibt sie den Menschen. Das ist das ganze Konzept, musikalisch und philosophisch.”

Die neue Single von Public Enemy: Harder Than You Think

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