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Societe Generale ist in der "Krise"

Im Milliardenskandal um Börsenspekulationen bei der Societe Generale spricht die Regierung in Paris offen von einer "Krise" der französischen Großbank.

Es handle sich um einen derart weitreichenden Gesetzesbruch, dass die Bank jetzt in einer Krise sei, sagte Justizministerin Rachida Dati am Dienstag dem Radiosender France Info. “Alle Verantwortlichkeiten müssen ans Licht kommen”, fügte sie hinzu. “Die Affäre ist schockierend.”

Anders als Staatschef Nicolas Sarkozy äußerte sich Dati zum Schicksal von Konzernchef Daniel Bouton nur zurückhaltend. Sarkozy hatte Montag gesagt, die Affäre könne “nicht ohne Konsequenzen” bleiben. Bouton hat seinen Rücktritt angeboten, was der Verwaltungsrat bisher aber ablehnt.

Der 31-jährige Aktienhändler Jerome Kerviel soll der Societe Generale mit unerlaubten und vertuschten Spekulationen auf den Verlauf der wichtigsten europäischen Aktienindizes einen Verlust von fast 5 Mrd. Euro beschert haben. Ein Pariser Gericht eröffnete am Montag ein Verfahren gegen ihn.

In der Affäre hat daneben ein Anwalt im Namen von rund 100 Kleinanlegern Anzeige wegen des Verdachts auf Insiderhandel erstattet.

Im Visier steht Verwaltungsratsmitglied Robert Day. Der Skandal sollte auch das Treffen der Staats- und Regierungschefs von Großbritannien, Deutschland, Frankreich und Italien am Dienstagabend in London beschäftigen.

Kerviel ist gestern, Montag, unter Auflagen auf freien Fuß gesetzt worden. Außerdem sei der 31-Jährige wegen Vertrauensbruchs, Fälschung und Eindringens in ein Computerdatensystem formell beschuldigt worden, teilte seine Anwältin Elisabeth Meyer am Montagabend mit. Die Staatsanwaltschaft wollte gegen die Entscheidung Einspruch einlegen. Sie hatte Untersuchungshaft beantragt. Kerviel wird vorgeworfen, bei eigenmächtigen Finanzgeschäften seiner Bank einen Verlust von 4,9 Mrd. Euro beschert zu haben. Er war seit Samstag in Polizeigewahrsam.

Zu den Auflagen machte Meyer keine genaueren Angaben. Es sei keine Kaution hinterlegt worden, sagte sie. Nach Angaben ihres Kollegen Christian Charriere-Bournazel wurde Kerviels Pass eingezogen. Wie aus Justizkreisen verlautete, wurde dem 31-Jährigen untersagt, mit Mitarbeitern der Societe Generale in Kontakt zu treten, abgesehen von den Angestellten in der Filiale, die seine Konten betreut. Außerdem darf Kerviel demnach keine Geschäfte als Händler an den Finanzmärken tätigen.

Die Untersuchungsrichter folgten bei ihrer Entscheidung nicht der Staatsanwaltschaft und ließen die Vorwürfe des versuchten Betrugs und erschwerten Vertrauensmissbrauchs fallen. Kerviels Anwalt Christian Charriere-Bournazel sagte, die Richter hätten ihre Entscheidung “mit Ruhe und Vernunft” getroffen. Meyer sprach von einem “schönen Sieg”. “Aber das ist nur Gerechtigkeit”, fügte sie hinzu. Über den Einspruch der Staatsanwaltschaft muss nun eine Kammer des Gerichts entscheiden.

Kerviel gab laut Staatsanwaltschaft zu, verschleierte Geschäfte getätigt zu haben. Er habe sich gegenüber Kollegen und Vorgesetzten als “Ausnahmehändler” profilieren, sich jedoch nicht selbst bereichern wollen, teilte die Behörde am Montag in Paris mit. Die Societe Generale wirft ihm vor, ungenehmigte Spekulationen im Wert von zuletzt “ungefähr 50 Mrd. Euro” getätigt zu haben. Dies soll dem Institut einen Verlust von 4,9 Mrd. Euro verursacht haben. Auf einfachen Vertrauensbruch stehen eine Haftstrafe von bis zu drei Jahren und 375.000 Euro Geldstrafe.

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