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Seppi Sigl im Sonntags-Talk: "Da wird Hilfe für mich zur Pflicht!"

Ein Selfie vor frisch gebrautem Bier ist in der Trumer Brauerei schon fast Pflicht.
Ein Selfie vor frisch gebrautem Bier ist in der Trumer Brauerei schon fast Pflicht. ©SALZBURG24/Neumayr/Trumer
In bereits achter Generation hat Seppi Sigl vor rund drei Jahren die Trumer Brauerei in Obertrum (Flachgau) übernommen. Doch der 33-Jährige belebt nicht nur Salzburgs Bierlandschaft, sondern macht auch durch sein soziales Engagement auf sich aufmerksam. Im Sonntags-Talk hat uns der Obertrumer erzählt, wie er beides miteinander verbindet.
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SALZBURG24: Die Brauerei in Obertrum gibt es seit 1601 und ist seit 1775 in Familienbesitz. Wäre für dich als Josef Sigl VIII. eigentlich jemals etwas anderes in Frage gekommen?

Seppi Sigl: Naja, wenn man damit aufwächst, wird das Interesse schon recht früh geweckt. Mit etwa 16 Jahren hab‘ ich mein erstes Bier gebraut. Während meiner Studienzeit hab‘ ich das alles schon hinterfragt. Doch die Familientradition fortzuführen, war definitiv die richtige Entscheidung.

Neben der Brauerei ist deine Familie auch sozial sehr engagiert. Du hast uns im Herbst vergangenen Jahres im Rahmen unserer Statement-Kampagne erzählt, dass ihr eine syrische Familie aufgenommen habt. Wie ist es dazu gekommen?

Die Entscheidung haben wir aus einem Gefühl heraus getroffen. Wenn Menschen auf der Flucht sind, wird Hilfe für mich zur Pflicht. Da kann ich nicht einfach zuschauen und das tatenlos akzeptieren. Da die Wohnung gerade frei war, haben wir uns beim Flüchtlingshaus der Caritas in Salzburg-Mülln gemeldet. Uns wurde dann eine syrische Familie vermittelt. Gemeinsam mit ihnen haben wir die Wohnung auf Vordermann gebracht und sie hergerichtet. 

Welche Erfahrungen habt ihr gemacht? Lebt die Familie heute noch bei euch?

Die größte Herausforderung war am Anfang die Nicht-Kommunikation aufgrund der fehlenden Sprachkenntnisse. Aber vor allem die drei Kinder, die hier mittlerweile die Schule besuchen, haben unheimlich schnell gelernt. Schwieriger ist es natürlich bei den Eltern, aber auch das wird langsam.

Der Vater arbeitet derzeit sieben Stunden pro Woche in der Brauerei, um die ersten Schritte in der Arbeitswelt zu gehen. Momentan hilft er bei diversen Haustätigkeiten mit, die bei uns so anfallen.

Hat dich das Ganze auch persönlich beeinflusst?

Wenn man auf Menschen positiv zugeht, sich ihnen öffnet, wenn man gemeinsam Dinge bewegt und gemeinsam arbeitet, dann entsteht ein ganz faszinierendes Miteinander. Ich möchte die aktuelle Lage hier in keinster Weise schön reden. Die Welt ist derzeit nun mal in Bewegung. Die gesellschaftlichen Herausforderungen, die daraus resultieren, müssen wir anpacken. Dazu gibt es gibt keine Alternative. Integration ist aber auch keine Einbahnstraße. Mit dem Finger auf jemanden zu zeigen und zu sagen, ihr müsst euch integrieren, ist nicht. Ganz klar gibt es auch Dinge, die man fordern muss. Die Sprache ist einfach das Um und Auf.

Kurz gesagt: Wir müssen aufeinander zugehen und miteinander leben lernen. Und so können sich in einigen Branchen, vor allem auch in der Gastronomie, wo es immer Fachkräftemangel gibt, viele neue Chancen ergeben.

Wie sieht’s da bei euch in der Trumerei aus?

Wir haben hier super Erfahrungen gemacht. In der Trumerei sind mittlerweile sechs Nationen vertreten. Da herrscht ein buntes und schönes Miteinander. Bei uns ist auch ein unbegleiteter minderjähriger Flüchtling aus Pakistan in der Lehre. Ein wahnsinnig smarter, lustiger und engagierter Kerl. Er macht die Lehre, macht nebenbei die Matura, und weiß auch schon, was er studieren will. Der bringt einen Schwung in den Laden, wie ich es eigentlich so noch nicht erlebt habe. Das ist für mich faszinierend.

Du hast im Jänner auch die “Syrian Pop Up Kitchen” in die Salzburger Gastroszene gebracht. Worum geht’s dabei?

Mein Grundsatz ist “Beim Essen kommen die Leute zusammen”, und das ist auch die Idee hinter der “Syrian Pop Up Kitchen”. Einfach dass man mit Menschen am Tisch sitzt, miteinander isst und redet. Das ist genau das, was ich auch vorher schon gemeint habe. Wenn man Dinge gemeinsam initiiert und organisiert, dann wächst man Schritt für Schritt zusammen. Wenn man Werte einer anderen Kultur verstehen will, dann sind persönliche Kontakte und Beziehungen die beste Basis.

Die Idee dazu ist nach einer Charity-Veranstaltung entstanden. Ende Jänner fand schließlich das erste “Dinner for All” statt. Wir haben die Küche syrischen Flüchtlingen überlassen und wurden mit Falafel, Humus, Pitabrot und auch Süßem bekocht. Was gibt es denn Schöneres, als etwas Neues zu probieren, etwa Gewürze aus dem arabischen Raum, asiatisches Essen. Ich liebe die österreichische Küche, und bin ein Anhänger von regionaler Landwirtschaft, aber es ist ja auch mal interessant, etwas Neues zu kosten und zu genießen. Die Gegensätze machen das Leben doch erst spannend.

Was ist denn eigentlich deine Leibspeise? Was würdest du dir jetzt spontan bestellen?

Ich bin ein Riesenfan von Tafelspitz. Aber ich esse auch genauso gerne Falafel. Ich kann mich da eigentlich gar nicht für eine Richtung entscheiden, traditionelle Hausmannskost oder Exotisches, Fleisch oder vegetarisch, es gibt einfach so viele tolle Sachen.

Zum Essen gibt’s in deinem Fall sicherlich gerne mal ein Bier. Hast du da einen Favoriten?

Klarerweise bin ich Pilsliebhaber (lacht).

Allgemeinhin gilt Bier ja eher als Männergetränk. Ist da zwischen den Geschlechtern ein Unterschied zu erkennen? Was meinst du?

Noch! Bier wurde sicher in den letzten Jahrzehnten so gelebt – männlich und etwas kräftiger. Es ist aber sehr facettenreich. Bier kann vom leichtesten Leichtbier oder alkoholfreien Bier bis zum stärksten dunkeln Doppelbock – es hat so eine riesen Geschmacksvielfalt, so viele Aromen. Da kann man einfach nicht sagen, dass es ein reines Männergetränk ist.

Die Antwort “Ich trinke kein Bier” zählt für mich außerdem so nicht, weil dann hat man einfach noch nicht den richtigen Bierstil gefunden. Ich bin davon überzeugt, dass in Zukunft vor allem noch sehr viel mehr Frauen auf den Geschmack von Bier kommen werden.

Was empfiehlst du Frauen, zum Beispiel einer überzeugten Weißweintrinkerin wie mir?

Bei uns im Haus gibt’s da ganz konkret das “Hopfenspiel”, ein Leichtbier. Da hör ich gar nicht so selten, dass Frauen sagen, sie trinken eigentlich kein Bier, aber das “Hopfenspiel” lieben sie. Deshalb probieren lohnt auf jeden Fall!

Das werde ich auf jeden Fall machen! Ich sage schon mal “Danke!” für das Gespräch. Zum Abschluss möchten wir noch ein bisschen was Persönliches wissen:

Wenn du eine Sache an Salzburg ändern könntest/müsstest, was wäre das?

Ich würde Salzburg zur Großstadt machen, ihr ein großstädtisches, urbanes Flair einhauchen. Es gibt in der Stadt bereits ganz tolle Initiativen und Entwicklungen, aber manchmal würd‘ ich mir einen offeneren Geist wünschen.

Dein Lieblingsplatz in Salzburg: Klare Sache, der Obertrumer See

Und zum Abschluss noch ein flottes Entweder-Oder:

Kaffee oder Tee? Tee

Halb leer oder halb voll? Halb voll!

Süß oder Sauer? Sauer, aber am liebsten ist mir bitter. Der beste Geschmack überhaupt, da geht nix drüber!

Fleisch oder Fisch? Beides, auf die Qualität kommt’s an.

Imbiss oder Fünf-Sterne-Lokal? Wirtshaus! Scherz bei Seite, ich liebe die Gegensätze und kann beides genießen.

Frühaufsteher oder Langschläfer? Eindeutig Langschläfer

Berge oder Strand? Berge

Lederhose oder Anzug? Weder noch, aber wenn’s sein muss, für Hochzeiten zum Beispiel, dann im Anzug.

 

Jeden Sonntag veröffentlichen wir ein Interview mit besonderen Menschen aus Salzburg – egal ob prominent oder nicht. Wir freuen uns über eure Vorschläge an: nicole.schuchter@salzburg24.at.

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