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Selbstverständlich mit dabei

Lustenau – Gerhard "Gery" Schreiber aus Lustenau ist ein Beispiel für gelebte Inklusion.

Integration war einmal. Jetzt geht es um „Inklusion“. Der Begriff bezeichnet das selbstverständliche Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderung. Doch was vielfach noch nachdrücklich eingefordert werden muss, ist für Gerhard „Gery“ Schreiber längst Alltag. Seine Behinderung schränkt den lebensfrohen Lustenauer kaum ein. „Er gehört einfach überall dazu“, erzählt seine Schwester Gertraud Holzer. Mehr als alles andere liebt Gery jedoch den Sport. „Eishockey und Fußball“, listet der 51-Jährige jungenhaft lachend auf. Der EHC hat ihn sogar zum Glückbringer erkoren und der Verein der „Eislöwen“ verlieh ihm die Ehrenmitgliedschaft. Überhaupt ist Gery Schreiber in Lustenau „so bekannt wie der Bürgermeister“. Einfach, weil er selbstverständlich dabei ist.

Hartnäckig geblieben

Das war Gery Schreiber von Kindesbeinen an. Die inzwischen verstorbenen Eltern haben ihren geistig behinderten Sohn zwar „ein bisschen in den Glaskasten gestellt“, wie es Gertraud Holzer formuliert. Aber er wurde überallhin mitgenommen. Und da Gery selbst auch recht kommunikativ ist, sprang der Funke meist schnell über. Ansonsten richtete er es mit Hartnäckigkeit. Wie im Fall des EHC. Als Belohnung für seine Hilfe beim Bau des Hauses, das gegenüber der Rheinhalle liegt, bekam Gery eine Saisonkarte geschenkt. Nach jedem Match pflanzte er sich vor der Tür der Mannschaftskabine auf und wartete. Solange, bis er einmal hinein durfte. Heute lebt er vom Herbst bis ins Frühjahr mehr in der Eishalle als zu Hause und die Mannschaftskabine steht ihm wie selbstverständlich offen.

Begeisterter Koch

Außerdem deklariert sich Gery Schreiber als „echter Austrianer“. Handtuch, Decke, Bettzeug, Poster: sein Zimmer ist ein „Austria-Haus“. Doch sportlich fair besucht Gery auch die Spiele des FC. Und immer das gleiche Bild: „Hoi Gery!“ ruft es aus allen Ecken und Enden. „Was wir an Integration mit ihm erleben ist einfach gewaltig“, sagt Gertraud Holzer sichtlich bewegt. Lange hatte sie Angst um ihren Bruder, wenn der wieder einmal „auf Achse“ war. Das hat sich mittlerweile gelegt. Denn: „Mich kennen ja alle“, beruhigt er seine Schwester. Seit 42 Jahren arbeitet Gery Schreiber in der Werkstätte der Lebenshilfe in Lustenau. „Ich koche gerne“, verrät er ob des fremden Gastes noch etwas schüchtern. Deshalb macht er montags Küchendienst.

Vielbeschäftigt

Er geht auch regelmäßig zum therapeutischen Reiten. „Das tut mir gut“, sagt er schon etwas mutiger. Dazu kommen noch Turnen, Schwimmen und Tischtennis beim Sportverein „Special Friends“. Langeweile kennt er nicht. Wenn doch, macht er sich einfach vom Acker. Urplötzlich ist er verschwunden. „Er musste jetzt hinaus“, erklärt Gertraud Holzer. Wie gewohnt wird Gery seine Runden drehen, wird bei Freunden und Bekannten vorbeischauen und wie gewohnt wird es überall heißen: „Hoi, Gery!“

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