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Schwerer Sturz im Kitzbühel-Training

Der Schweizer Daniel Albrecht liegt nach einem schweren Sturz im Training zur Abfahrt in Kitz­bühel im künstlichen Koma. Sturz  | Training 

Bei Albrecht wurde in der Traumatologischen Intensivstation der Universitätsklinik Innsbruck eine Sonde gesetzt, um den Gehirndruck zu überwachen. Der Schweizer Rennfahrer wird zumindest weitere 24 Stunden im künstlichen Tiefschlaf belassen. Weitere Informationen gibt es laut der Klinik erst am Freitag um 17.00 Uhr bei einer Pressekonferenz.

 

Albrechts Zustand sei stabil, verlautete Klinik-Pressesprecher Johannes Schwamberger gegenüber der APA – Austria Presse Agentur. Albrecht laboriere an einem Schädel-Hirn-Trauma, das einzig wirklich Relevante sei der steigende Gehirndruck, hieß es. Die Lungenquetschung sei geringen Ausmaßes, auch eine Gehirnblutung wurde nicht dezitiert erwähnt.

Vorbericht und Trainings-Ergebnisse

2008 ist es der US-Amerikaner Scott Macartney gewesen, der nach seinem schweren Sturz nach dem Zielsprung in Kitzbühel den Augenzeugen einen kalten Schauer über den Rücken jagte. Am Donnerstag galten alle positiven Gedanken dem Schweizer Daniel Albrecht, der nach einem Sprung über rund 70-Meter mit dem Rücken und solcher Wucht auf die pickelharte Piste prallte, dass er dort deutliche Spuren hinterließ. Nach einer rund halbstündigen Unterbrechung wurde das Abfahrts-Training fortgesetzt, das der US-Amerikaner Bode Miller und der Schweizer Didier Cuche (+0,26 Sekunden zurück) dominierten.

Die Miller-Bestzeit mit 1:55,95 Minuten war um fast vier Sekunden schneller als jene des Salzburgers Michael Walchhofer am Vortag, und damit war nicht nur die Piste schneller geworden, sondern damit gingen auch die Sprünge weiter. Albrecht, der sensationell schnell unterwegs war, saß beim Absprung zum Zielsprung weit hinten, wie Rennfahrerkollegen feststellten, er bekam Luft unter die Skier, diese wurden ihm in die Höhe gerissen, der Sportler war chancenlos und den Kräften voll ausgeliefert. Sofort verlor er das Bewusstsein. Nach dem Macartney-Sturz im Vorjahr hat man den Sprung als “Kante” umgebaut, damit der Absprung für den Läufer deutlich erkennbar ist.

Der 25-jährige Albrecht wurde 22 Minuten auf der Piste erstversorgt und danach mit dem ÖAMTC-Notarzthubschrauber ins Krankenhaus St. Johann in Tirol gebracht, wo eine Gehirnblutung und eine Lungenkontusion diagnostiziert wurde, wie Rennarzt Helmuth Obermoser in einem Kommunique bekanntgab. Albrecht wurde daraufhin auf die Traumatologische Intensivstation der Universitätsklinik Innsbruck überstellt. Mit Peter Strodl war der Sturz eines weiteren Läufers nach dem Zielsprung glimpflich ausgegangen. “Man muss dort immer noch vollkonzentriert fahren, wenn man schon ins Ziel schaut, gehts dahin…”, sagte der Deutsche nachher.

Als auf der Leinwand im Zielraum der Albrecht-Sturz zum dritten Mal eingespielt worden war, hatte sich Matthias Lanzinger längst weggedreht. Der 28-jährige Salzburger hatte am Donnerstag zehneinhalb Monate nach seinem schweren Unfall im Kvitfjell-Super-G, nach dem er seinen linken Unterschenkel verlor, auf Skiern die Streif besichtigt. Zu Albrecht meinte er nachdenklich: “Stürze wird es immer wieder geben. Es ist ein Zirkus, eine Show. Und wir sind die Akteure. Wir können nur versuchen, solche Sachen auszumerzen, aber wir dürfen den Sport nicht totmachen.”

Hermann Maier, der nach Albrecht Startnummer sechs hatte und dann lange warten musste, wusste, dass etwas beim Zielsprung passiert sein musste. “Ich habe gerade ausgeholt am Start. Aber das wichtigste ist, dass der Verletzte gut versorgt wird. Es ist nicht einfach, man ist danach wieder ein Testpilot, aber ich habe die Spannung gut halten können.” Maier erklärte, dass er schon am Mittwoch weit gesprungen sei und wusste, dass es mit noch mehr Geschwindigkeit noch weiter gehen würde. “Ich bin dann nicht mit dem letzten Zacken gefahren. Abschnittsweise war die Fahrt ganz gut.” Der Flachauer hatte als Neunter 2,12 Sekunden Rückstand.

Klaus Kröll war Drittbester des Tages (+1,64) – und überrascht. “Ich habe schon noch Reserven von der Linie her. Ich habe auch schon fest angetaucht, ich muss aber aufpassen, es war schon fast ein bisserl zuviel, dann habe ich Schmerzen, das nehme ich dann drei, vier Tore mit und das lenkt mich ab”, sagte der Steirer, der mit einer Spezialschiene wegen dreier gebrochener Handwurzelknochen fährt. Den Albrecht-Sturz hat er mitbekommen, weil die Leute aufgeschrien haben, er selbst schaut am Start nicht mehr zu. “Wenn wer schreit, kennst du dich eh gleich aus. Man versucht das so gut wie möglich wegzublenden. Wenn sich das im Hinterkopf einbrennt, dann fährt man da nicht mehr so runter.” Der Zielsprung sei kein Problem gewesen, meinte er.

Bei Walchhofer (5./+1,73) lief es nicht so rund wie am Mittwoch: “Der Rückstand ist entsprechend riesig, das hat mich ein bisserl weggebracht von der Favoritenrollen. Das ist schlecht.” Er habe im Mittelteil auch nicht hundertprozentig Gas gegeben und es sei schwer gewesen, sich nochmals richtig aufs Finish einzustellen. “Ich bin aber guter Dinge, der einzige Unterschied ist, dass Miller und Cuche jetzt auch große Favoriten sind.” Mittwoch habe es ausgeschaut, dass er alles locker im Griff habe, aber mit der Einstellung dürfe man nicht am Start stehen, weshalb der Warnschuss am Donnerstag schon gut gewesen sei.

Walchhofer wollte am Start wissen, wo der Sturz passiert ist, denn er wollte nicht im Ungewissen sein. Er hatte am Mittwoch Glück, in einer ähnlichen Situation nach dem Zielsprung hatte er allerdings weniger Luftstand als Albrecht und seine Ski fassten hinten wieder den Schnee. “Ich bin mit Cuche heute oben gestanden und wir haben geredet, dass der Zielsprung ein bisserl eine Nase hat. Wenn du da nicht hundertprozentig drüber bist, dann bekommst sofort Luft. Das ist fatal. Cuche wollte es bei der Besichtigung ein bisserl abrutschen und ist vom Schanzenmeister belächelt worden”, erzählte Walchhofer.

Der Schweizer Cuche erläuterte dies: “Ich habe diskutiert, ob man da nicht ein paar Zentimeter wegnimmt. Ich habe gesagt, der Sprung steigt, da hat der Typ gegrinst, da habe ich ihm erklärt, der Tisch muss flach sein. Der Sprung, ob er jetzt perfekt gebaut ist oder nicht, ist immer giftig. Wenn man da ein bisschen Rückenlage hat, dann bekommt man soviel Druck unter dem Ski, genau wie es Dani passiert ist.”

Er habe die Fahrt von Albrecht mitverfolgt und den Sturz gesehen. “Ich wusste, einer wie Dani wird hier gut fahren, dem kann man zuschauen. Eine Schrecksekunde für mich. Aber Kitzbühel ist einfach eine brutale Strecke, man muss das so schnell wie möglich wegstecken.” Vom Trainingsschnellsten Miller gab es keine Wortspende zu seiner Bestzeit, er deutete im Vorbeigehen nur “Daumen hoch” und flüchtete über die Zäune aus dem Zielraum.

 

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