Schwere Vorwürfe gegen Justizministerium
ÖRAK-Präsident Rupert Wolff sprach von einem “versteckten Angriff auf Grundpfeiler des demokratischen Rechtsstaates” und “demokratiepolitisches Unverständnis”. Sollte der Gesetzesentwurf vom Parlament abgesegnet werden, sei es “künftig ein Leichtes, die Verschwiegenheit eines Rechtsanwaltes oder das Redaktionsgeheimnis auszuhebeln, indem man den Betroffenen in die Position eines Beschuldigten versetzt”, warnte Wolff.
Der Gesetzesentwurf sieht unter anderem eine Neuregelung des § 112 StPO vor, der die Sicherstellung von schriftlichen Aufzeichnungen oder Datenträgern bei Berufsgruppen regelt, die die verschwiegene Behandlung ihnen überlassener Daten und Informationen zu wahren haben. Dies betrifft unter anderem Rechtsanwälte, Steuerberater, Notare, Ärzte, Geistliche und Journalisten. Der ÖRAK und die Journalistengewerkschaft befürchten, dass Anwälte oder Journalisten von den Anklagebehörden künftig formell als Beschuldigte geführt werden könnten, um die Sicherheitsbehörden in den Besitz des gesamten Akten- bzw. Datenmaterials einer Kanzlei oder Redaktion zu bringen.
Justizministerin Karl widersprach der Kritik. “Mir ist es wichtig, dass das Berufsgeheimnis bestmöglich geschützt wird. Bei der an mich herangetragenen Kritik wird übersehen, dass der grundsätzliche Rechtsschutz nicht geschwächt, sondern durch zweimalige Absicherung doppelt gestärkt werden soll.” “Der Entwurf ist auf ganz normalem Weg begutachtet worden. Niemand hat was vorbeigeschummelt”, erklärte Sektionschef Christian Pilnacek gegenüber der APA. Weder sei an eine Einschränkung des Redaktionsgeheimnisses noch an einen Eingriff in die berufliche Verschwiegenheitspflicht gedacht.
SPÖ-Justizsprecher Jarolim betonte, dass die vom Justizministerium vorgenommenen Änderungen koalitionsintern “nicht abgestimmt” seien. Das BZÖ kündigte an, im Rahmen der Sitzung des Nationalrats am Donnerstag einen Misstrauensantrag gegen Karl einbringen zu wollen.