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Schwere Fehler: Lanzinger verlangt Schadenersatz

Der österreichische Skirennläufer Matthias Lanzinger, dem in Folge seines schweren Sturzes beim Super-G vergangenen März in Kvitfjell (Norwegen) der linke Unterschenkel amputiert werden musste, verlangt nun vom Internationalen Skiverband (FIS) Schadenersatz.

Ein entsprechendes Schreiben richtete Manfred Ainedter, der Rechtsbeistand des 27-jährigen Salzburgers, am (heutigen) Montag an FIS-Präsident Gian-Franco Kasper.

Basis für die finanziellen Forderungen sind die Feststellungen des von Ainedter mit einer Gutachtenerstellung beauftragten Münchner Gefäßchirurgen Bernd Steckmeier. Demzufolge soll es nach Lanzingers Sturz aus medizinischer Sicht zunächst zu nicht vertretbaren Verzögerungen und anschließend – und das ist neu – auch zu einer mangelhaften chirurgischen Versorgung im Spital in Oslo gekommen sein.

“Die Expertise belegt schwarz auf weiß, dass bei meinem Mandanten gepfuscht worden ist”, so Lanzingers Anwalt im Gespräch mit der APA – Austria Presse Agentur. Ainedter bezeichnet es als “Skandal, dass das Spital in Lillehammer, in das Lanzinger zuerst gebracht wurde, gar nicht in der Lage war, Gefäßverletzungen zu behandeln.” Damit sei es zu einem Zeitverlust gekommen, der die Chancen auf den Erhalt des Unterschenkels “entscheidend verschlechtert” habe.

Laut dem Gutachten sollen aber auch die ersten gefäßchirurgischen Eingriffe in Oslo nicht fachgerecht erfolgt sein. So habe man vor der ersten Operation keine Angiographie (Darstellung der Blutgefäße) vorgenommen. Die Untersuchung des beschlagnahmten Unterschenkelamputats hat laut dem Steckmaier-Gutachten zudem ergeben, dass auch der primäre Bypass nicht dort gelegt worden sein soll, wo er laut OP-Bericht erfolgt war.

Ob tatsächlich die FIS oder lokale Veranstalter für eventuelle Fehler geradestehen müssen, ist noch zu klären. Die FIS hatte schon im Frühjahr Fehler im Fall Lanzinger bestritten. Auch nach dem Tod der österreichischen Skirennläuferin Ulrike Maier im Jänner 1994 in Garmisch hatte es entsprechende Klagen und Forderungen gegeben. 1996 endete der Prozess mit einer Einigung und einer Schadenersatzzahlung durch die FIS in der Höhe von 600.000 Schweizer Franken. Mittlerweile müssen aber alle an FIS-Bewerben teilnehmende Athleten für die Lizenzerlangung eine Erklärung unterschrieben, in der sie erklären, dass sie sich aller Risiken bewusst sind und dass sie die FIS, den nationalen Skiverband und die Organisatoren von jeglicher Haftung befreien.

Es sei zu wenig, wenn sich die FIS auf die lokalen Veranstalter von Weltcup-Rennen verlasse, bemängelt nun aber Ainedter. Die Sicherheitsvorkehrungen und die ausreichende medizinische Versorgung in Kvitfjell hätten vielmehr eingehend überprüft, die Einhaltung der im FIS Medical Guide festgelegten Bestimmungen kontrolliert werden müssen.

“Dieser ihrer Verpflichtung ist die FIS im Falle meines Mandanten mit Sicherheit nicht nachgekommen, da man andernfalls unschwer feststellen hätte können, dass das Krankenhaus Lillehammer die rasche Behandlung schwererer Verletzungen nicht beherrscht”, bemerkt Ainedter in seinem Schreiben an den FIS-Präsidenten.

Dass die FIS am vergangenen Freitag in Sölden ein Maßnahmenpaket zur Erhöhung der Sicherheitsstandards im alpinen Skisport präsentiert und ihren Medial Guide adaptiert hat, wertet der Anwalt als “nachträgliches Schuldeingeständnis, dass bis zum Vorjahr in diese Richtung zu wenig getan wurde”. Offenbar habe die FIS die Notwendigkeit wesentlicher Verbesserungen erkannt, “die für meinen Mandanten leider zu spät kommen”.

Ainedter appelliert daher an Kasper, Lanzingers auf Schmerzengeld und Verdienstentgang gerichtete Forderungen dem Grunde nach anzuerkennen, um im Interesse des Skisports die angelaufene Weltcupsaison nicht unnötig mit dieser Causa zu belasten. Ein Einlenken der FIS wäre nach Ansicht des Anwalts insofern vernünftig, “zumal durch das Gutachten einer international anerkannten Kapazität feststeht, dass der Verlust des Unterschenkels als Verletzungsfolge keineswegs unabwendbar war”, hieß es am Ende des Schreibens an den Internationalen Skiverband.

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