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Schuldspruch im Wiener Doppelmord-Prozess: Nun doch lebenslange Haft

Beim Prozess in Wien
Beim Prozess in Wien ©APA
Nach dem Freispruch nun doch ein Schuldspruch im Prozess um einen Doppelmord in Wien-Meidling: Mit 7:1 Stimme haben die Geschworenen am Donnerstagabend den 47-jährigen Andreas B. schuldig gesprochen und gemeinsam mit den Berufsrichtern zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.
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Dem nicht rechtskräftigen Urteil zufolge, das im im Wiener Straflandesgericht gefällt wurde, hat der 16-fach Vorbestrafte gemeinsam mit dem bereits im vergangenen April zur Höchststrafe verurteilten Martin Sch. zwei Frauen umgebracht.

Doppelmord in Wien-Meidling

Bei den Opfern handelte es sich um die 88 Jahre alte Stephanie V., die von den beiden Männern in räuberischer Absicht in ihrer Wohnung in Wien-Meidling überfallen und gemeinsam mit ihrer zufällig anwesenden Heimhelferin Halina H. (54) mit 14 bzw. 19 Messerstichen zu Tode gebracht wurde.

Kein Wahlrecht für Verurteilten

Zusätzlich wurde Andreas B. auf Antrag des Staatsanwalts vom Wahlrecht zum Nationalrat ausgeschlossen. Er muss den Hinterbliebenen der beiden Frauen auch ein Trauerschmerzensgeld bezahlen. Verteidiger Marcus Januschke legte gegen das Urteil umgehend Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung ein.

Die Bluttat in Wien-Meidling

Ausgangspunkt des Geschehens war das Cafe “Magaluf” auf der Wienerbergerstraße, in dem die beiden Männer sowie der Sohn der 88-Jährigen Stammgäste waren. Letzterer soll unter Alkoholeinfluss zur Redseligkeit neigen und im “Magaluf” herumerzählt haben, seine Mutter würde zu Hause Schmuck und Bargeld aufbewahren. Das soll Andreas B. und Martin Sch. auf die Idee gebracht haben, mit einem Überfall auf Stephanie V. ihre finanziellen Schwierigkeiten zu beseitigen.Während Sch. beim ersten Prozess im vergangenen April mit 7:1 Stimmen wegen Doppelmordes schuldig erkannt und zu lebenslanger Haft verurteilt wurde – das Urteil ist nicht rechtskräftig -, sprachen die damaligen Laienrichter B. mit 4:4 Stimmen frei. Diesen Teil des Wahrspruchs setzten die drei Berufsrichterinnen jedoch wegen Irrtums der Geschworenen aus, so dass nun ein neu zusammengesetzter Richtersenat (Vorsitz: Ulrich Nachtlberger) mit neuen Laienrichtern ein zweites Mal gegen den Mann verhandeln musste.

“Maximal, dass i wem a Watsch’n owehau”

Auch bei seinem neuerlichen Auftritt im Grauen Haus beteuerte Andreas B., nichts mit dem Doppelmord zu tun zu haben: “Das is’ absolut net mein Ding, so was. I kann so was gar net. Maximal, dass i wem a Watsch’n owehau.” Er gab sich als geläuterter ehemaliger “Strizzi”, wie ihn Verteidiger Marcus Januschke nannte: “I war halt a Gauner, das streit i net ab.” Dann habe er aber seine nunmehrige Lebensgefährtin kennengelernt “und erkannt, dass es so nicht weiter gehen kann. Seit 2006 hab’ ich nix mehr g’macht”, betonte der Angeklagte.

Er habe sich im Zeitraum nicht am Tatort befunden, sondern einen Freund namens “Bertl” getroffen, wobei es um Marihuana gegangen sei. “Bertl” habe “a bissl verchecked”. Danach sei er im “Magaluf” gewesen. Der Freund konnte zu dem behaupteten Alibi nicht mehr befragt werden, da er mittlerweile verstorben ist. Der Kellner im “Magaluf” wiederum konnte sich nicht genau erinnern, ob B. am 22. Juni des Vorjahrs überhaupt im Lokal war. Dessen Aussage sei nichts wert, konterte B.: “Der is’ a bissl vom anderen Ufer, der Typ.” Den “Bertl” wiederum habe er nicht in die Geschichte hineinziehen wollen und ihn daher zu seinen Lebzeiten nicht als Entlastungszeugen angegeben: “I wollt’ ihm net die Polizei hamschick’n.”

DNA belastete Andreas B.

Dass am Tatort ein Zigarettenstummel mit seinen DNA-Merkmalen gefunden wurde, erklärte der 47-Jährige wie schon beim ersten Prozess damit, jemand müsse im “Magaluf” eine nicht fertig gerauchte Zigarette an sich genommen haben, um eine falsche Spur zu legen. Der bzw. die Täter hätten den Stummel am Tatort deponiert, wobei Andreas B. im Unterschied zum ersten Rechtsgang diesmal nicht mehr ausschloss, dass Sch. einer der Täter gewesen sein könnte.

In diese Richtung argumentierte vor allem Verteidiger Marcus Januschke, der in seinem Schlussplädoyer Sch. und dessen Freundin – “eine ungarische Prostituierte”, wie sich Januschke ausdrückte – unverhohlen der Täterschaft bezichtigte. Er baute diese Vermutung auf einer unbekannten weiblichen DNA-Spur auf, die auf einer Nachttischlampe gefunden wurde, die man samt dem Kabel Stephanie V. um den Körper geschlungen hatte. Die Freundin von Sch. sei von der Polizei nie befragt worden, wo sie sich zum Tatzeitpunkt befunden hätte. Man habe von ihr auch keine DNA-Probe genommen, rügte der Verteidiger.

“Eine bestialische Tat”

Die Geschworenen ließ diese Darstellung mehrheitlich unbeeindruckt. Richter Ulrich Nachtlberger machte in der Urteilsbegründung deutlich, dass in diesem Fall keine andere Sanktion als die gesetzlich vorgesehene Höchststrafe infrage gekommen sei. Er verwies auf die zahlreichen Vorstrafen des Angeklagten und die Umstände des inkriminierten Verbrechens. Es handle sich um “eine bestialische Tat, die bei der Strafzumessung keinen Spielraum mehr lässt”, sagte Nachtlberger.

Andreas B. nahm die Entscheidung gefasst und ohne sichtliche emotionale Bewegung zur Kenntnis. Seine unter den Zuhörern anwesende Lebensgefährtin brach bei der Urteilsverkündung in Tränen aus und stürmte aus dem Verhandlungssaal. Der Verteidiger meldete Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an, das Urteil ist damit nicht rechtskräftig.

(apa/red)

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