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Schöner Sterben: Crysis

Superkämpfer mit Hirn und Muskeln: Crys.
Superkämpfer mit Hirn und Muskeln: Crys. ©Waibel
Der Vorzeigeshooter des Jahres ist da: Und er bringt selbst High End Rechner zum Glühen. Doch ist Crysis der beste Shooter aller Zeiten? 

Was man da die letzten Monate zu sehen bekam: Alle Achtung. In punkto Optik kommt der Titel gerade unter Vista und DX 10 an das Prädikat „Fotorealismus“ sehr dicht ran. Besonders die Südseeoptik mit weißen Palmenstränden, türkisblauem Meer und Sonnenuntergangsstimmung lässt fast vergessen, dass hier um jeder Ecke schon die Gefahr lauern kann. Auch die Wettereffekte wissen zu überzeugen, der Detailgrad der Gesichter so noch nie dagewesen. Der Preis für die grandiose Optik: Alles unter einem High End-Rechner hat mit der überragenden Technik zu kämpfen. Spielen auf hohem Detailgrad ist mit Mid-End PCs schlichtweg unmöglich. Aber so war es halt einmal immer schon und wird auch immer so bleiben: Edel-Shooter bringen die Technik bei heimischen PCs weiter, insbesondere bei Grafikkarten die das gezeigte flüssig darstellen sollen können.

Auf betagteren Rechnern fällt somit schon einmal der „Boah“-Effekt etwas dezenter aus, somit stellt sich die Frage, was Crysis fernab von Grafikeffekten an Inhalten aufzuweisen hat. Die ist so klischeebeladen wie oft schon so dagewesen. Im Jahr 2019 finden auf einer Südseeinsel von Korea inszenierte Experimente statt. Doch die Ereignisse laufen aus dem Ruder und eine Gruppe von Wissenschaftlern verschwindet. In der Rolle eines Mitglieds einer US-Eliteeinheit macht sich der Spieler auf die Suche nach den dunklen Geheimnissen, die das traumhafte Eiland verbirgt. 

Dabei müssen sich die Elitekämpfer nicht nur wehrhaften Koreanern entgegenstellen. Zum Glück befinden wir uns ja ein paar Jährchen in der Zukunft, und so sind die Amis hier mit etwas mehr als Standardkriegsgerät ausgerüstet. Das kämpfende Alter Ego verfügt zudem über einen entscheidenden Vorteil durch den hypermodernen Nano-Suit. Der sieht auf den ersten Blick aus wie ein aufgebrezelter Taucheranzug mit Sci-Fi Helm, hat es aber faustdick unter den Nähten. Aus einem übersichtlichen Bedienmenü kann der Spieler aus vier verschiedenen Betriebsmodi wählen, die einem für kurze Zeit Superkräfte verleihen. Im getarnten Modus schleicht man leider nicht allzu weit, im Tempo Modus rast man wie der rote Blitz durch den Dschungel. Der Stärke-Modus lässt einen plötzlich zum Hulk mutieren, da fliegen schon einmal Gegenstände oder feindliche Soldaten wie Spielzeug durch die Luft. Klassisch hingegen der Panzerungsmodus, in dem der Anzug einiges an Schaden absorbiert, bevor´s ans eigene Leder geht. Durch Regenerationspausen zwischen den Scharmützeln heilt der Anzug auch Schaden weg, den man erlitten hat. Ermöglicht werden diese Techniken durch vom Anzug in den Blutkreislauf injezierte Naniten. Damit der Spieler dadurch nicht zum Überkrieger mutiert, sind bis auf die Panzerungen die Supermodi zeitlich sehr begrenzt.

Überhaupt ist sogar auf der leichtesten Schwierigkeitsstufe zumindest ein Hauch Taktik angesagt, tumbe Rambo-Durchballerer werden öfter den Checkpoint-Ladeschirm sehen, als ihnen lieb ist. So weiß nämlich nicht nur die KI der Opponenten zu überzeugen. Auch deren Nehmerfähigkeiten sind geradezu schon etwas unrealistisch. Daneben suchen die intelligent Deckung und gehen taktisch klug gemeinsam gegen den Spieler vor. Referenzklasse im Genre!

Dem gegenüber wählt der Spieler aus einer Vielzahl von Schießprügeln. Vorerst begnügt man sich mit einer modifizierbaren Auswahl an klassisch ballistischen Waffen, die mit verschiedenen Zielhilfen sowie Schalldämpfern versehen werden können. Im weiteren Spielverlauf mopst man auch den Aliens die Knarren, dann wird’s futuristisch.

Wer einen Kugelfang braucht, schnappt sich einfach einen armen Gegner und hält ihn schützend vor sich. Durch die Möglichkeit, zahlreiche Vehikel im Game nutzen zu können, wächst Crysis in vielen Situationen über seinen Shooter-Aspekt hinaus: Vom Buggy über Humvees, Boote und sogar Fluggerät lässt sich alles angenehm unkompliziert bedienen. Dabei wie auch in vielen anderen Situationen spielt Crysis seine Technikmuskeln aus, etwa im Bereich der Physikengine, die viele kreative Spielereien mit der Spielumgebung zulässt.

Der Missionsaufbau bleibt leider hinter der Technik etwas zurück. Zwar wird die Geschichte in filmreifen, fantastisch synchronisierten Dialogen vorangetrieben, doch täuscht der Eindruck, man habe in den riesigen Spielwelt eine große Bewegungsfreiheit. So verläuft die eigentliche Spielhandlung in engen Levelschläuchen und der scheinbar offene Spielverlauf bietet nicht viele Lösungsalternativen. Immerhin: Ich habe mich oft schleichend durch die Levels bewegt und bin offenen Gefechten zumeist aus dem Weg gegangen. Tarnen und Täuschen hieß meine Devise, und dass eine solche Vorgehensweise ermöglicht wird, wie die brachiale Waffengewalt auch, zeigt, dass einiges an Freiraum zu finden ist.

Die Story nimmt gerade zum Ende hin wieder an Spannung zu, allerdings sorgt das abrupte Ende für Enttäuschung, auch weil geübte Zocker das Spiel nach 10 Stunden durch haben. Doch ist damit zu rechnen, dass da recht bald ein Sequel erscheint, zumindest drängt sich ein solches geradezu auf. Wer danach nicht genug hat von Crysis, prügelt sich einfach mit zahlreichen weiteren Südsee-Shooter Fans im Multiplayer im Internet. So kann zwischen Instant-Action und einem netten Eroberungsmodus, der an Battlefield erinnert, gewählt werden. Langeweile kommt da jedenfalls keine auf.

 

Fazit:

Crysis erfindet das Rad nicht neu. Muss es aber auch nicht, es macht dennoch Riesenspaß. Wer das Glück hat, einen ausreichend motorisierten Rechner sein eigen zu nennen, erlebt eine Optik, die so noch in keinem Game da gewesen ist. Crysis begründet eine neue Ära, einen Schritt weiter zu fotorealistischen PC-Games. Das wird leider auf Kosten des Spielinhalts erkauft, der leider nur guter Durchschnitt ist. Als Latte, an der sich die aktuelle und demnächst kommende Gamehardware messen muss, ist es geradezu ideal. Und zweifelsohne wird Crysis wie viele andere Egoshooter zuvor, wenn auch noch nie in dieser Intensität, für einen Quantensprung bei der Technik unserer PCs sorgen. Anmerkung: Crysis ist ein Titel für ab 18 und sollte auch nur von volljährigen Gamern gezockt werden. 

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