Nachdem Jan Böhmermann in einem ORF-Interview erneut scharfe Kritik an der Bundesregierung übte und dabei auch die Österreicher als “acht Millionen Debile” bezeichnete, forderte Anwalt Wolfang List den deutschen Satiriker dazu auf, letztere Aussage zurückzunehmen.
Böhmermann: “Strafanzeige gegen komplett Österreich”
Auf Twitter reagierte Böhmermann nun auf diese Forderung. In einem Tweet informierte er darüber, dass er “soeben Strafanzeige gegen komplett Österreich” erstattet habe, wegen “schwerer Herabwürdigung europäischer Grundwerte und Verbrechen gegen das Ansehen deutschsprachiger Menschen in der Welt”.
PRESSEMITTEILUNG:
Ich habe soeben Strafanzeige gegen komplett Österreich wegen “Schwerer Herabwürdigung europäischer Grundwerte und Verbrechen gegen das Ansehen deutschsprachiger Menschen in der Welt” erstattet.
Als Höchststrafe erwartet Österreich lebenslang das hier: pic.twitter.com/ABph1t9umC
— Jan Böhmermann 🤨🇪🇺 (@janboehm) 11. Mai 2019
Außerdem fügte Böhmermann Fotos von Vizekanzler Heinz-Christian Strache hinzu und wies darauf hin, dass dies Österreich lebenslang als Höchststrafe zu erwarten hätte.
Kritik von prominenter Autorenschaft
Prominente Autoren rund um Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek haben an der Distanzierung des ORF von den Äußerungen Jan Böhmermanns scharfe Kritik geübt. “Wir distanzieren uns von der Distanzierung des ORF von den Äußerungen Jan Böhmermanns in seinem Interview mit dem ORF in der Sendung ‘Kulturmontag’ am 6.5.2019 anlässlich seiner Ausstellung im Grazer Künstlerhaus”, heißt es in der Erklärung.
“Wir distanzieren uns von der Bevormundung des Kulturpublikums durch den ORF, der meint, ihm erklären zu müssen, wie es die Äußerungen Böhmermanns zu verstehen hätte.” Unterzeichnet wurde das Schreiben neben Jelinek von den Autoren Gerhard Ruiss, Gerhard Zeillinger, Eva Menasse, Kathrin Röggla, Doron Rabinovici und Marlene Streeruwitz.
Bezug genommen wurde auch auf Anzeigen gegen Böhmermann durch die Wiener Anwaltskanzlei von Wolfgang List, der eine Herabwürdigung des Staates gegeben sah.
Moderatorin distanzierte sich von Aussagen
“Wir distanzieren uns von Selbstzensur und Zensur, auch wenn sie nicht als solche verstanden werden will”, erklärten die Autoren weiters. Und: “Wir bestehen auf Mündigkeit des Publikums. Wir bestehen auf dem Recht eigenständigen Denkens und Handelns, ohne Zwangsrekrutierungen.”
Die Moderatorin des “Kulturmontag”, Clarissa Stadler, hatte sich von regierungskritischen Aussagen des deutschen Satirikers Böhmermann in einem Interview distanziert. ORF-TV-Kulturchef Martin Traxl erklärte danach, es habe “keinerlei Druck von innen oder außen” dazu gegeben, sondern die Redaktion habe sich angesichts des höchstgerichtlichen Urteils zur “Nestroy”-Gala-Übertragung 2002 dazu entschieden. Demnach sei der ORF – der dem Objektivitätsgebot unterliegt – verpflichtet, sich von unsachlichen Äußerungen Dritter in seinen Sendungen zu distanzieren. Mit Stadlers Anmerkung habe der ORF also “nichts anderes getan als medienrechtliche Vorgaben einzuhalten”.
(APA/Red)