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Salzburger Grenzfall: Kampf um Wasserburg Kuchl im Abtsdorfersee

Der Abtsdorfer See ist heute ein beliebtes Ausflugsziel im ehemals salzburgischen Rupertiwinkel.
Der Abtsdorfer See ist heute ein beliebtes Ausflugsziel im ehemals salzburgischen Rupertiwinkel. ©Land Salzburg/Monika Rattey
Im aktuellen Grenzfall geht es um die spätmittelalterliche Fehde zwischen Bayern und dem Erzstift Salzburg. Heute ist der Abtsdorfer See oder auch Haarsee im Rupertiwinkl in der Gemeinde Saaldorf-Surheim ein beliebtes Ausflugsziel für Bayern und Salzburger gleichermaßen, doch was war vor über 600 Jahren?

Vor mehr als 660 Jahren raufte sich das Herzogtum Bayern mit dem Salzburger Erzbistum um eine Burg auf der Insel “Burgstall” im Abtsdorfersee. Dabei wurden auch üble Tricks eingesetzt, um sich gegenseitig das Wasser abzugraben. Über die kleinen Unterschiede und großen Übereinstimmungen der Bayern und der Salzburger und über List und Tücke spätmittelalterlicher Kriegsführung berichtet dieser aktuelle Grenzfall.

Bayern und Salzburger als “gemütliche alpine Völker”

Die Bayern und die Salzburger gelten eigentlich schon von jeher als “gemütliche alpine Völker” (Homo alpinus). So charakterisiert beispielsweise der deutsche Historiker und Hofhistoriograph Aventinus (Johannes Turmaier, geb. 1477 in Abensberg) “das baierische Volk als kirchlich, schlecht und recht, das gern wallfahrten geht und läuft, sowie auch viele kirchliche Aufzüge hat, das sich mehr auf den Ackerbau und die Viehzucht als auf den Krieg legt, dem es auch nit sehr nachläuft, sondern gern daheim bleibt.”

Spaur: Salzburger sind gutmütig

Und der Salzburger Domherr und Schriftsteller Friedrich Franz Joseph Graf Spaur (geb. 1756 in Mainz) beschreibt die Salzburger folgendermaßen: “Dem veränderlichen und feuchten Klima gleicht auch der Charakter der salzburgischen Flachländler. Vergebens würde ich mich bemühen, denselben bestimmt zu definieren, denn der Selbständigkeit fand ich wenig unter ihren Einwohnern. (…)  Einer ihrer hervorstechenden Züge ist Bonhomie (Gutmütigkeit) und Wohltätigkeit. Sie räsonieren gern stark und laut, sind dessen ungeachtet ruhige, gehorsame und den Gesetzen unterworfene und gutmütige Leute.” Ging es jedoch um die eigene Vormachtstellung, galten die Menschen “drent” und “herent” der Salzach gerade im Spätmittelalter nicht als zimperlich.

Burg Kuchl im Jahr 1355 gegründet

Im Jahr 1355 gründete Konrad von Kuchl mit Genehmigung des Salzburger Erzbischofes Ortolph die Wasserburg Kuchl auf der Insel Burgstall im Abtsdorfer See. Das Castrum Aptsee, wie es noch genannt wurde, geriet jedoch auch in die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen den bayerischen Herzogen und dem Erzstift Salzburg. Dabei versuchten die Anhänger des Herzogtums Bayerns die Burg des Salzburger Adeligen aus dem Tennengau im Jahr 1364 unter Wasser zu setzen. Dazu schütteten sie Damm um Damm auf worauf sich der See vergrößerte, vergeblich jedoch – die Burg konnte von den Bayern nicht eingenommen werden. Erst rund 20 Jahre später (1385) wurde sie schließlich von Herzog “Friedrich dem Weisen von Bayern” erobert. Der Herzog lag jahrelang mit dem Salzburger Erzbischof Pilgrim II. von Puchheim in Fehde. Denn das Erzstift Salzburg hatte sich durch die Salzgewinnung, die Erträge aus dem Silber- und Goldbergbau aus Gastein und Rauris zu einem mächtigen Territorium entwickelt, das sich nicht scheute sich auszubreiten und auf das andererseits die bairischen Teilherzöge neidvoll blickten.

Eine Landtafel aus dem Jahr 1568 von Philipp Apian. /Bayerische Landesbibliothek Online
Eine Landtafel aus dem Jahr 1568 von Philipp Apian. /Bayerische Landesbibliothek Online ©Eine Landtafel aus dem Jahr 1568 von Philipp Apian. /Bayerische Landesbibliothek Online

Pilgrim II. dreist festgehalten

So lud im Jahr 1387 Herzog Friedrich den mächtigen Pilgrim II. unter dem Vorwand der Aussöhnung in das Kloster Raitenhaslach, wo er mit einigen Rittern erschien. Er wurde freundlich empfangen und bewirtet, während des Tafelns jedoch samt seiner Gefolgschaft, von Friedrichs Bruder, Herzog Stephan II., festgenommen und in der Burg Burghausen inhaftiert.

Das Salzburger Domkapitel, die Prälaten, die Salzburger Landstände und die Stadt Salzburg kauften den Erzbischof schließlich um die Summe von 30.000 Gulden und den Verzicht auf die Burgen Itter und Kropfsberg (Tirol) frei. Der freigelassene Erzbischof ließ diese hinterhältige Gefangennahme durch Bayerns Herzöge nicht auf sich sitzen und eroberte im Jahr 1388/89 wiederum die Kuchler Burg im Abtsdorfer See zurück. Der Kampf zwischen Bayern und dem Erzstift hielt jedoch an und so wurde schließlich die Wasserburg durch Truppen des Schwäbischen Bundes zerstört und blieb danach als Ruine bestehen. Ende des 15. Jahrhunderts wurde sie schließlich ganz aufgegeben und im 19. Jahrhundert von den Bewohnern rundum den See für eigene Zwecke abgetragen.

Was ist heute mit der Insel Burgstall?

Seit dem Jahr 1950 ist die Insel Burgstall Naturschutzgebiet. Der Rupertiwinkl, heute Teile der Landkreise Berchtesgadener Land und Traunstein zwischen Tittmoning und Piding, blieb bis 1803 in der Hand des Erzstifts Salzburgs, 1816 ging es endgültig an Bayern.

Auf einer historischen Flurkarte des 19. Jahrhunderts ist die ehemalige Burg Kuchl noch in ihrem Umriss angedeutet, der eine Länge von knapp 100 Metern und eine Breite von rund 34 bis 38 Metern aufweist. Auch der Verlauf der ehemaligen Brücke – die Pfähle sind unter Wasser noch heute festzustellen – zu dem an dieser Stelle 140 Meter entfernten Westufer beim Einödhof Seebichl ist angedeutet.

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