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S45-Zug-Unglück in Wien: Menschliches Versagen schuld an Zugkollision?

Ein verheerendes Bild bot sich nach dem Zusammenstoß der beiden Züge der Linie S45
Ein verheerendes Bild bot sich nach dem Zusammenstoß der beiden Züge der Linie S45 ©APA
Wie die ÖBB in einer Aussendung zu dem S-Bahn-Zusammenstoß der Linie S45 in Penzing angab, steckt nach derzeitigem Ermittlungsstand möglicherweise menschliches Versagen hinter dem Unfall, der 41 Verletzte (darunter fünf Schwerverletzte) forderte. Die lückenlose Aufklärung des Geschehens durch eine Unfallkommission wird angestrebt. Zwei der Verletzten schweben nach wie vor in Lebensgefahr.
Einsatz vor Ort
Bergung der Opfer
Details zum Crash
Der S45-Unfall
Zugkollision: Erste Bilder

Wie berichtet, sind am Montag um 08.45 Uhr auf der Linie S45 zwei S-Bahnen zusammengestoßen. Betroffen waren laut ÖBB die Züge mit den Nummern 20592 und 20595.

S45-Zugkollision: Zahlreiche Verletzte

Der Frontalzusammenstoß ereignete sich auf dem 2,8 Kilometer langen eingleisigen Abschnitt der Vorortelinie zwischen den beiden Stationen Penzing und Hütteldorf (Endstation). “Wir haben einen lauten Knall gehört und zuerst geglaubt, eine Dachlawine ist abgegangen”, sagt eine Anrainerin. Erst beim Blick aus dem Fenster ihrer gegenüber der Unfallstelle liegenden Wohnung erkannte die Studentin die Ursache des Lärms.

Laut den ÖBB waren die beide Waggons mit rund 280 Fahrgästen besetzt. Die Einsatzkräfte von ÖBB, Rettung, Polizei und Feuerwehr waren umgehend vor Ort, hieß es seitens der ÖBB in der Aussendung. Alle Verletzten wurden medizinisch erstversorgt und sofort in die umliegenden Krankenhäuser gebracht. Gegen 10.45 Uhr war die Bergung der Verletzten abgeschlossen. “Sie gestaltet sich zum Glück unproblematisch, da wir über eine Treppe und Kräne guten Zugang zu den Zügen haben”, betont Branddirektor Gerald Hillinger. Die mit 80 Mann und 19 Fahrzeugen angerückte Feuerwehr musste einen Passagier, der unmittelbar hinter der Lokführerkabine gesessen war, mit hydraulischem Gerät befreien.

Da die beiden Züge nur leicht beschädigt wurden, erkannten viele Passanten zunächst gar nicht, dass es sich um einen Zusammenstoß handelt. Erst als Kräne der Feuerwehr ausfuhren, sammelten sich Schaulustige an der Rettungsstation Penzing, die sich unmittelbar neben der Bahn befand. Auch die Wiener Vize-Bürgermeisterin Renate Brauner war an Ort und Stelle, um sich einen Eindruck vom Bergungseinsatz zu verschaffen.

Die Rettung erläuterte in einer Aussendung, dass nach etwa eineinhalb Stunden alle Personen den Zug verlassen hatten und betreut wurden. Der Unfall ereignete sich unmittelbar neben der Rettungsstation der Wiener Berufsrettung in Penzing, wodurch die Retter nach wenigen Augenblicken bereits vor Ort waren.

Groß-Einsatz bei der Bergung

Laut aktuellem Wissenstand wurden 41 Fahrgäste verletzt, davon fünf schwer. Zwei der Opfer schwebten in Lebensgefahr, nämlich ein Fahrgast sowie der der 34 Jahre alte Lokführer des Zuges 20592 von Penzing nach Hütteldorf. Er wurde vom Notarzthubschrauber Christophorus 3 ins Unfallkrankenhaus Meidling gebracht und notoperiert. Er befand sich am späten Nachmittag noch in Lebensgefahr.

Ebenfalls schwer verletzt wurde eine 17 Jahre alte Frau, sie wurde vom Christophorus 9 ins Lorenz Böhler Unfallkrankenhaus gebracht. Einen 28 Jahre alten Mann brachte der Notarzthubschrauber ins Wilhelminenspital. Ein 29 Jahre alter Mann und eine 54 Jahre alte Frau wurden ins AKH gebracht, sie erlitten laut einer Sprecherin schwere Knochenbrüche. Die Rettung war mit rund 50 Einsatzkräften, 30 Fahrzeugen und dem gesamten Katastrophenzug an Ort und Stelle. Neben der Wiener Berufsrettung waren auch die Hubschrauber Christophorus 3 und 9, der Samariterbund, das Rote Kreuz und die Johanniter sowie 80 Mann der Feuerwehr mit 19 Fahrzeugen im Einsatz.

Betroffenheit bei den ÖBB

Die Zusammenarbeit der ÖBB mit den Einsatzkräften habe sehr gut funktioniert: Die Polizei habe den Unfallbereich vorbildlich abgesichert, hieß es. So konnten die zahlreichen Schaulustigen zurückgehalten und Nebenstraßen zu Einbahnstraßen umfunktioniert werden, was für den Einsatz der Rettungsfahrzeuge vorrangig war.

Die ÖBB erklärten sich tief betroffen über den Unfall und haben umgehend alle Maßnahmen eingeleitet, um den Vorfall lückenlos aufzuklären. “Wir bedauern das heutige Unglück und möchten allen Betroffenen insbesondere den Verletzten und deren Angehörigen unsere Anteilnahme aussprechen”, so Siegfried Stumpf, Vorstandsdirektor der ÖBB-Infrastruktur AG.

Wahrscheinliche Unfall-Ursache

Die Unfallursache ist voraussichtlich eine menschliche Fehlleistung des zuständigen Fahrdienstleiters. Nach einer technischen Störung bei einer Weiche (vermutlich witterungsbedingt) musste das Störungsprozedere vom Fahrdienstleiter in Penzing manuell in Kraft gesetzt werden, dabei wurde laut vorläufigem Ermittlungsstand vergessen ein Signal umzustellen. Der Zug 20592 von Penzing nach Hütteldorf hätte keine Fahrerlaubnis bekommen dürfen. Einen endgültigen Bericht zur Unfallursache, der in den nächsten Tagen vorliegen soll, erstellt die zuständige Unfallkommission. Dieser soll in den nächsten Tagen vorliegen.

Auch morgen noch Auswirkungen auf den Zugverkehr

Der Verkehr zwischen Wien Westbahnhof und Wien Hütteldorf konnte gegen 11.00 Uhr wieder aufgenommen werden. Alle Züge verkehrten wieder auf ihrer Planstrecke – ausgenommen die S-Bahnlinien S45 und S50. Züge der S45 fuhren zwischen Handelskai und Penzing und nicht zwischen Hütteldorf und Penzing. Die Züge der S50 fuhr zwischen Rekawinkel und Hütteldorf statt zwischen Westbahnhof und Hütteldorf. Die Bergung der beiden Züge war am späten Montagnachmittag noch im Gange. Bei der S45 und S50 werden die Einschränkungen im Fahrbetrieb voraussichtlich bis Dienstagvormittag andauern, so die ÖBB.

Die Fahrgäste müssen heute noch mit Verspätungen von Zügen, die ab/bis Wien Westbahnhof verkehren rechnen. Diese Verspätungen können bis zu 15 Minuten betragen. Alle Nahverkehrszüge, die bis und ab Wien Westbahnhof fahren, halten zusätzlich in Wien Penzing als Ersatz für die S45. Fahrgäste der S45 und S50 werden ersucht in den nicht geführten Abschnitten auf andere öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen. ÖBB-Tickets werden von den Wiener Linien anerkannt.

Hotline für Angehörige der Opfer

Auf den betroffenen Bahnhöfen sind seit den Morgenstunden ÖBB-Mitarbeiter vor Ort, die Fahrgäste über Zugausfälle und Verspätungen informieren. Weiters können sich Kunden auf der ÖBB Website sowie im ÖBB-Kundenservice unter 05 17 17 über die aktuelle Streckensituation informieren.

(apa/red)

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