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Russland bringt Rosneft an Börse

Wenn Russlands drittgrößter Ölkonzern Rosneft in wenigen Tagen an die Börse geht, werden sich einige US-Anwälte erwartungsfroh die Hände reiben.

Der Staatskonzern will mit dem viertgrößten Börsengang weltweit in Moskau und London bis zu acht Mrd. Euro einnehmen, muss aber juristischen Ärger befürchten. Der Börsengang (IPO) ist umstritten, weil Rosneft aus der Konkursmasse des Konkurrenten Yukos dessen größten Förderbetrieb Juganskneftegas zum Schnäppchenpreis erhielt. Nicht nur deshalb nennt der frühere Berater von Präsident Wladimir Putin, Andrej Illarionow, den Börsengang ein „Verbrechen am russischen Staat und an den Menschen“.

Die beiden Väter des milliardenschweren Rosneft-Börsengangs können sich bei der Arbeit über den Moskwa-Fluss hinweg zuwinken. Gegenüber dem Kreml residiert der Rosneft-Vorstandschef Sergej Bogdantschikow in bester Moskauer Lage. Auf der anderen Uferseite hält Igor Setschin, Putins enger Vertrauter und Vizestabschef des Kremls, als Rosneft-Aufsichtsratsvorsitzender alle Fäden in der Hand.

Den Termin für den Börsengang scheinen die Beiden noch nicht endgültig festgelegt zu haben. Erst war der 14. Juli im Gespräch, rechtzeitig zum Gipfeltreffen der G-8-Staaten in St. Petersburg. Nun wird aber auch über eine Verlegung auf den 19. Juli diskutiert, angeblich um ausländischen Investoren noch Bedenkzeit einzuräumen.

Russische Analysten sehen kein Problem darin, dass der Staat auch nach dem Börsengang die Kontrolle über das Unternehmen behält, das nach eigenen Angaben über die weltweit zweitgrößten Ölreserven verfügt. Unter ähnlichen Bedingungen hatte sich der Marktwert des weltgrößten Gasförderers Gazprom in der Vergangenheit vervielfacht. Allerdings steht selbst im Rosneft-Börsenprospekt die Warnung, dass der Staat Entscheidungen treffen könne, die nicht unbedingt an der Wertsteigerung des Unternehmens orientiert sein müssen.

Insgesamt sollen 14,3 Prozent der Aktien zum Preis von 5,85 bis 7,85 Dollar (4,60 bis 6,18 Euro) emittiert werden. Ausländer können die Papiere als Globale Hinterlegungszertifikate (GDR) erwerben.

Aus dem Erlös soll ein von der Muttergesellschaft Rosneftegas 2005 aufgenommener Milliardenkredit getilgt werden. Rosneftegas hatte damit den Erwerb von zehn Prozent Gazprom-Aktien und somit die Konsolidierung der Gazprom-Mehrheit in staatlicher Hand finanziert. Dieser Verwendungszweck der Rosneft-Börseneinnahmen lässt Illarionow von einem „Verbrechen“ sprechen, da Staatseigentum veräußert werde, ohne dass „auch nur eine Kopeke in den Haushalt“ fließe.

Der Fall Yukos, als dessen Drahtzieher Setschin und Bogdantschikow gelten, liegt weiter wie ein Schatten über Rosneft. Nach Schätzungen amerikanischer Anwälte sollen US-Aktionäre um sechs Mrd. Dollar gebracht worden sein. Erste Sammelklagen wurden eingereicht. Yukos war nach Steuernachforderungen von 30 Mrd. Dollar zerschlagen worden. Rosneft sicherte sich 2004 den Hauptförderbetrieb Juganskneftegas und verdreifachte dadurch seine Fördermenge.

Zahlreiche russische Staatsunternehmen wurden in den vergangenen Wochen angewiesen, Rosneft-Aktien zu zeichnen. Damit ist der Erfolg vorprogrammiert. Im Ausland soll bei den führenden Energiekonzernen Chinas, Indiens und Malaysias großes Interesse an einem Einstieg bei Rosneft bestehen, um sich dem Kreml als Energiepartner der Zukunft anzudienen. Obergrenze sind zwei Prozent der Rosneft-Anteile. Um mehr Vertrauen bei ausländischen Investoren zu schaffen, wurde der deutsche Bankier Hans-Jörg Rudloff, Chef der britischen Investmentbank Barclays Capital, in den Aufsichtsrat gewählt.

Welche Vorteile in Russland ein staatlicher Eigentümer genießt, machte im Mai ein Gerichtsurteil zu Steuernachforderungen gegen den Förderbetrieb Juganskneftegas deutlich, der von Yukos an Rosneft überging. Die Richter reduzierten ohne nähere Erläuterung die Steuerlast von ursprünglich 4,7 Mrd. Dollar auf ein Sechstel der Summe – 760 Mio. Dollar.

In Putins Umfeld geht man mit Spekulationen um Rechtsrisiken beim Rosneft-Börsengang entsprechend gelassen um. „Die Investoren wird die Geschichte mit Juganskneftegas nicht abhalten“, zeigt sich ein ranghoher Politiker im Hintergrundgespräch zuversichtlich. „So ist bei uns das Gesetz der Wirtschaft, alles andere ist Schicksal.“

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