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Russisches Roulette

Die EM-Kür der Herren wird zwischen den Russen Alexej Jagudin und Jewgenij Pluschenko entschieden. [9.2.2000]

Wer der beiden Gold-Kandidaten am Donnerstag nach der Kür (18:30 Uhr) an der Spitze rangiert, bestimmt aber nicht nur die Tagesverfassung. Denn die scheinbar oft vorgefassten Preisrichter-Meinungen bleiben davon meist unbeeindruckt. Das Herren-Finale wird damit quasi zum Russischen Roulette.

Diskussionen über die Noten der „Judges“ begleiten den Eiskunstlauf seit seinem Bestehen. Nur bei eindeutig und offensichtlich unterschiedlichen Leistungen sind die Aktiven vor der „Willkür“ der neun Experten sicher. Bei den Könnern Jagudin und Pluschenko ist aber eine ähnlich hervorragende Performance zu erwarten. So war es auch im Kurzprogramm. Prompt stieß die Bevorzugung Jagudins bei etlichen Fachleuten auf Unverständnis. „Ich habe Pluschenko vorne gesehen“, meinte etwa auch Emmerich Danzer, mehrfacher Welt- und Europameister.

Fünf Preisrichter plädierten für Jagudin, vier stimmten für Pluschenko. „Ich weiß nicht, warum für Alexej entschieden wurde. Das wissen wohl nur die Preisrichter selbst“, meinte Pluschenko-Trainer Alexej Mischin, der früher Jagudin betreute und daher seinen Stolz über die Ausnahmestellung der Beiden auch nicht verheimlicht.

Abseits seines Trainer-Jobs macht sich der Russe aber auch so seine Gedanken über das Benotungs-System: „Ich bin für eine Änderung. Mir gefällt der Modus, wie er beim Grand-Prix-Finale gelaufen wird. Das bringt mehr für den Sport, macht den Eiskunstlauf interessanter.“ Beim Grand-Prix-Finale werden zwei verschiedene Küren gelaufen, die Entscheidung im Finale fällt in einem direkten Duell zweier Läufer. „Davor noch eine Qualifikation, das könnte die Zukunft bei EM und WM sein.“

Das Einstudieren zweier Programme hält Mischin für unproblematisch: „Man kann ja eine Woche die eine, die nächste Woche die andere Kür trainieren. Und wer in einem Wettkampf zwei Programme zu je viereinhalb Minuten konditionell nicht durchhält, sollte mit dem Eiskunstlauf aufhören. In einem Finale hat man den Vorteil, dass die Preisrichter nur zwei Aktive vergleichen müssen. Das würde bessere und gerechtere Bewertungen bringen.“

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