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Rotlicht-Prozess gegen Richard St.: "Kronzeuge" machte dubiosen Eindruck

Am Tag 5 im Prozess gegen den mutmaßlichen Rotlicht-Boss Richard St. kam der Kronzeuge zu Wort
Am Tag 5 im Prozess gegen den mutmaßlichen Rotlicht-Boss Richard St. kam der Kronzeuge zu Wort ©APA
Am Montag wurde der Prozess gegen den mutmaßlichen Wiener Rotlicht-Boss Richard St. fortgesetzt. Zu Wort kam am 6. Prozesstag der 62-jährige Helmut Sch., der als "Kronzeuge der Anklage" gilt. Dieser, ein Musikproduzent, der ursprünglich mit St. befreundet war, hinterließ einen zwiespältigen Eindruck. Er belastete den Angeklagten mit seinen Aussagen.
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Helmut Sch., ursprünglich ein Musikproduzent mit durchaus beachtlichen Erfolgen in den 1980-er Jahren, der später geschäftliche Erfahrungen in der Rotlicht-Szene in Oberösterreich sammelte und so St. kennenlernte – belastete den mutmaßlichen Rotlicht-Boss beim Prozess in Wien. Er habe Schutzgeld zahlen müssen und sei mehrfach mit dem Tod bedroht worden, als er die Zahlungen an St. einstellte.

Selbst kein unbeschriebenes Blatt: Helmut Sch.

Dass Helmut Sch. in dem Verfahren selbst nicht eine ganz saubere Rolle spielt, zeigte sich, als er zu einem zentralen Punkt der Anklage befragt wurde. Seiner Darstellung zufolge, die in der Anklageschrift ihren Niederschlag gefunden hat, soll Richard St. im März 2003 die Entführung und Misshandlung des damaligen Geschäftsführers des Schärdinger Nachtclubs “La Hacienda” veranlasst haben. Helmut Sch. will die Szenen als unbeteiligter Augenzeuge großteils miterlebt und zugunsten des Opfers interveniert haben.

Die Verhandlung förderte jedoch zutage, dass das Ganze möglicherweise ganz anders abgelaufen sein könnte.

Telefon-Protokolle: Drohungen erfolgten

Richter Stefan Erdei konfrontierte Sch. mit Protokollen aus einer Telefonüberwachung (TÜ), die Gespräche zwischen Sch. und dem später Misshandelten belegen, in denen ersterer wenige Stunden vor der Entführung das spätere Opfer wüst bedroht, nachdrücklich Geld zurückverlangt und “Ich krieg dich schon” bzw. “In einer Stunde wird Wien aktiv” ankündigt.

Sch., damals noch Geschäftspartner des Wieners Richard St., ließ laut der TÜ seinen Schuldner wörtlich wissen, er werde “alles daran setzen, dass du deiner gerechten Strafe zugeführt wirst”.

Helmut Sch., gegen den von der Staatsanwaltschaft ermittelt wird und der in der Anklageschrift gegen Richard St. sogar als Mitglied dessen krimineller Organisation bezeichnet wird, stellte entschieden in Abrede, hinter den Übergriffen auf den Geschäftsführer gesteckt oder diese sogar “bestellt” zu haben.

Richard St. war Freund und Geschäftspartner

Fakt ist allerdings, dass der Musikproduzent sich seinerzeit ganz offensichtlich in Oberösterreich in der Rotlicht-Szene zu etablieren versucht hatte. Er unterhielt geraume Zeit Geschäftsbeziehungen zu Richard St. und pflegte mit diesem zunächst auch einen freundschaftlichen Umgang. Als der mutmaßliche Wiener Rotlicht-Boss im April 2010 nach einem Aufenthalt in der Dominikanischen Republik festgenommen wurde, sollten wie für andere mutmaßliche Komplizen auch für Helmut Sch. die Handschellen klicken. Die Ermittler verdächtigten ihn damals, er wäre in der zerschlagenen Gruppierung nach St. die Nummer zwei.

Doch Sch. durfte erstaunlicherweise nach seiner ersten polizeilichen Einvernahme nach Hause statt ins Gefängnis gehen, nachdem er St. erheblich belastet und seine weitere Kooperation mit den Behörden angeboten hatte. Laut Christian Werner, dem Rechtsbeistand von St., wurde Sch. seitens der Polizei sogar die Aufnahme ins Zeugenschutzprogramm in Aussicht gestellt.

Der Prozess gegen Richard St. wird am Dienstag fortgesetzt.

(apa/red)

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