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Rendi-Wagner schadet Ludwig

©APA/ROBERT JAEGER
Gastkommentar von Johannes Huber. Die Performance der SPÖ-Vorsitzenden kann dem Wiener Bürgermeister nicht egal sein. Es geht schließlich auch um sein eigenes Leiberl.

Ein solches Setting kann man nicht erfinden: Sonntagabend, nach der SPÖ-Niederlage bei der EU-Wahl, hat die Partei ganz offensichtlich ein bisschen Geschlossenheit demonstrieren wollen. Für einen Live-Auftritt im Fernsehen ließ die Bundesvorsitzende, Pamela Rendi-Wagner, führende Genossen um sich scharen, darunter auch Wiens Bürgermeister Michael Ludwig. Wer immer die Idee dazu hatte, man könnte meinen, dass das nur jemand gewesen sein kann, der der Sozialdemokratie schaden möchte: So finster wie es war, wurden sehr viele Assoziationen ausgelöst, bis hin zu einer gewissen Weltuntergangsstimmung.

Und mitten drin eben: Michael Ludwig. Mitgefangen, mitgehangen. Das kann ihm nicht egal sein. Es geht schließlich auch um sein eigenes Leiberl.

Der Bürgermeister und Landesparteivorsitzende hat in den letzten Tagen sehr viel mitgemacht: Nach Auffliegen des „Ibiza-Videos“ schien es, als könne er nur gewinnen. Dass er selbst im Unterschied zu seinem burgenländischen Genossen Hans Peter Doskozil jedoch zögerte und nicht gleich vorgezogene Landtags- und Gemeinderatswahlen verkündete, erweist sich aus heutiger Sicht als Glück im Unglück für ihn. Grund: Die Freiheitlichen sind gar nicht so tot, wie man geglaubt hat. Siehe die vielen Vorzugsstimmen, die Heinz-Christian Strache bei der EU-Wahl gewonnen hat. Sprich: Auch im Hinblick auf die Wiener Gemeinderatswahl sollte man die FPÖ nicht unterschätzen; wer immer ihr Spitzenkandidat sein wird.

Viel schlimmer aber noch für Ludwig ist die Performance von Pamela Rendi-Wagner: Mit ihr an der Spitze kann die SPÖ zum ersten Mal in der Geschichte der Zweiten Republik nicht mit dem Kanzleranspruch in einen Nationalratswahlkampf ziehen; zu groß ist der Abstand auf Platz eins. Und das liegt nicht nur daran, dass die ÖVP mit Sebastian Kurz unschlagbar wäre. Es hat vielmehr auch damit zu tun, dass die SPÖ mit Rendi-Wagner versagt: Sie hat es in der Vergangenheit nicht geschafft, eine ernstzunehmende Oppositionspolitik zu betreiben und zumindest zwischendurch einmal die innenpolitische Themenführerschaft zu übernehmen. Und sie hat es im Übrigen auch nicht zusammengebracht, Hinz und Kunz verständlich zu machen, warum sie Sebastian Kurz nun wenige Monate vor Neuwahlen das Misstrauen ausgesprochen hat. Zu abstrakt war etwa die Rede, die Rendi-Wagner in der Parlamentsdebatte dazu hielt.

Unter diesen Voraussetzungen wird im Herbst wohl auch ein sozialdemokratischer Herbst eingeläutet: Der türkise Aufstieg setzt sich fort, der blaue Absturz kommt nicht zustande – und rot gleitet ins Out. Nicht nur auf Bundesebene. Gewisse Trends setzen sich überall durch. Die Volkspartei hat sich durch Kurz zum Beispiel vom Boden- bis zum Neusiedlersee erholt. Auch in Wien. Womit wir wieder bei Michael Ludwig angelangt wären: Bleibt es bei dieser Entwicklung, wird es für ihn bei der Gemeinderatswahl 2020 nicht ganz einfach sein, sich gegenüber ÖVP und FPÖ zu behaupten und eine Mehrheit der beiden Parteien zu verhindern.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

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