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Regierung will bis zu 30 Mio. Euro in Eigenwerbung investieren

Die Regierung will sich um 30 Mio. Euro selbst bewerben.
Die Regierung will sich um 30 Mio. Euro selbst bewerben. ©APA/HERBERT NEUBAUER
Bis zu 30 Millionen Euro will die Regierung in den kommenden Jahren für die Bewerbung ihrer Politik ausgeben. Die Opposition reagiert empört und spricht von Selbstbeweihräucherung.

Die Regierung sucht eine Werbe-Agentur, die ihre Politik bis zur nächsten Wahl 2024 ins rechte Licht rücken soll. Wie aus einer bereits am 9. November veröffentlichten Ausschreibung hervorgeht, sollen in den kommenden vier Jahren bis zu 30 Mio. Euro für "Kreativagenturleistungen" fließen. Wie die Bundesbeschaffung GmbH dem "Standard" bestätigt, ist es der erste derartige Werbeetat einer Regierung. Die Opposition reagiert empört und spricht von Selbstbeweihräucherung.

ÖVP und Grüne wollen "das Beste aus beiden Welten" bewerben

Angestrebt wird der Ausschreibung zufolge eine "gemeinsame Kommunikationsstrategie" der Bundesregierung unter dem schon bei der Regierungsbildung ausgegebenen Motto "das Beste aus beiden Welten". Gemeint sind damit ÖVP und Grüne. "Ziel ist eine stringente gemeinsame Kommunikation aller Ministerien", heißt es in den Unterlagen - also "ein Kommunikationsrahmen von einem Anbieter (Leadfunktion), auf den alle Ministerien zugreifen können". Als Themenschwerpunkt (mit einem Gesamtbudget von vier Mio. Euro) wird der Klimaschutz genannt und hier besonders die "Verkehrswende".

Die Teilnahmefrist läuft bis 10. Dezember. Abgeschlossen werden soll die Rahmenvereinbarung Ende Mai 2021.

Opposition kritisiert Selbstbeweihräucherung

Scharfe Kritik an der Ausschreibung übte am Dienstag die Opposition. SPÖ und FPÖ verweisen darauf, dass ÖVP und Grüne erst vor wenigen Tagen die "Hacklerregelung" im Pensionssystem gestrichen haben. "Um denselben Betrag gönnen sich Kurz, Kogler und Co. nun ein fettes Budget für PR-Berater und Agenturen. Wie abgehoben, zynisch und weg von den Problemen der Bevölkerung kann man eigentlich sein?", so SP-Vizeklubchef Jörg Leichtfried.

"Österreich steht mit dem Rücken an der Wand. In der Wirtschaft droht durch die Corona-Maßnahmen der Regierung eine Pleitewelle, und Schwarz-Grün gönnt sich eine Marketing-Offensive um schlanke 30 Millionen Euro", kritisiert auch FP-Chef Norbert Hofer. Auch NEOS-Mediensprecherin Henrike Brandstötter will von der Regierung wissen, wieso sie sich angesichts der schwersten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg nun ausgerechnet das teuerste PR-Budget aller Zeiten gönne. Die Menschen hätten genug von der "türkis-grünen PR-Politik": "Sie haben sich eine patente Politik verdient- und nicht Propagandaministerien."

Bis zu 180 Mio. Euro Rahmen für Inserate

Parallel zum Engagement einer Werbeagentur plant die Regierung offenbar eine Aufstockung ihrer Inserate. In einer ebenfalls laufenden Ausschreibung wird nämlich eine Schaltagentur gesucht, die Aufträge im Wert von bis zu 180 Mio. Euro (exklusive Umsatzsteuer) abwickeln soll. Bis 2024 wären das jährlich 45 Mio. Euro, was auf eine Verdoppelung der Regierungsinserate hinauslaufen würde. Bis wann das Geld verbraucht werden könnte, geht aus der Ausschreibung aber nicht hervor.

FPÖ fordert sofortigen Stopp der Ausschreibung

Die FPÖ forderte in einer Aussendung am Dienstag den sofortigen Stopp der Ausschreibung. Parteichef Norbert Hofer verwies darauf, dass die Regierung laut den veröffentlichten Medientransparenzdaten in den vergangenen Jahren lediglich zwischen 19 und 25 Mio. Euro für Inserate ausgegeben hatte und die nun geplanten Summen auf eine Verdoppelung hinauslaufen würden. "Das ist nichts anderes als das Vorhaben, sich eine regierungsfreundliche Berichterstattung in den Medien zu erkaufen", so Hofer.

Der Grüne Abgeordnete Michel Reimon erklärte die Ausschreibung des 30 Mio. Euro-Etats damit, dass es sich nur um einen Rahmenvertrag handle. Andere Agenturen könnten innerhalb dieses Rahmens als Subunternehmer des Hauptauftrages auftreten. Nötig sei dies, weil die Regierung im Rahmen der Coronakrise bemerkt habe, dass sie wegen der Ausschreibungsrichtlinien keine raschen Kampagnen aufstellen könne. "Es ist also nicht so (und nicht gewünscht), dass eine Agentur zentral alle Kommunikation des Bundes macht", so Reimon auf Twitter.

In der Ausschreibung ist von einer "gemeinsamen Kommunikationsstrategie des Bundes" die Rede. Außerdem nimmt die Ausschreibung keinen Bezug auf die aktuelle Pandemie oder eine allfällige Impfkampagne im kommenden Jahr.

Laut Bundesbeschaffung Corona-Krise Grund

Die Bundesbeschaffungs-Gesellschaft begründet die Suche der Regierung nach einer Kreativagentur mit der Corona-Krise. "Die Notwendigkeit für diese Ausschreibung hat sich primär aus Erfahrungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie ergeben", hieß es in einem Statement zur APA. Denn die Regierung habe keine geeignete Agentur unter Vertrag gehabt, daher sei es in der ersten Phase nicht möglich gewesen, eine Agentur für eine Informationskampagne zur Pandemie zu beauftragen.

"Daher gab es bis jetzt die Vereinbarung mit dem Roten Kreuz, deren eigene Agenturleistungen der 'Schau auf mich, schau auf dich'-Aktion der Regierung zur Verfügung zu stellen", heißt es in der Stellungnahme der Bundesbeschaffung GmbH (BBG) vom Dienstagnachmittag.

Für das kommende Jahr, "das unter anderem im Zeichen einer Sars-Cov-2-Impfung und umfassenden Konjunkturbelebung in der Wirtschaftskrise stehen wird", sei "in Aussicht genommen, dass die Regierung Agenturleistungen eigenständig beauftragen kann", so die BBG. Mit der nun erfolgten Ausschreibung soll dies vergaberechts- und wettbewerbskonform sichergestellt werden. Das ausgeschriebene Volumen von 30 Mio. Euro sei "vorsorglich" gewählt. Es stelle die "maximale Obergrenze" für alle Ministerien und über die gesamte Legislaturperiode dar. Dieser Rahmen würde "wohl nur im Fall einer weiteren großen Krise" ausgeschöpft werden, so die BBG.

VÖZ begrüßt "Professionalisierung" der Vergabe

Der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) begrüßt, dass die Regierung die Kampagnenplanung des Bundes "auf neue Beine stellt". Mit der Ausschreibung über die Vergabe von Werbeaufträgen über die Bundesbeschaffungsgesellschaft habe die Regierung den richtigen Weg eingeschlagen, hieß es am Mittwoch in einer Aussendung. Handlungsbedarf sieht der Verband aber bei der Umsatzsteuerreduktion. Diese müsse auch für Zeitungen verlängert werden.

Die Vergabe öffentlicher Werbeaufträge habe in der Vergangenheit immer wieder für Diskussionen gesorgt, da sie zum Teil freihändig erfolgt sei, Kampagnenerfolge nicht nach professionellen Gesichtspunkten gemessen und mögliche Rabatte aufgrund eines gemeinsamen Einkaufs nicht genutzt worden seien. Bereits 2011 habe der VÖZ daher eine Professionalisierung der Kampagnenvergabe von Bund und Ländern gefordert.

"Die Ausschreibung über die BBG und Auslagerung der Mediaplanung an eine Mediaagentur führt zu mehr Professionalität in der Kampagnenplanung, wie sie auch in der Privatwirtschaft selbstverständlich ist", so VÖZ-Präsident Markus Mair. Die Regierung breche damit mit "der bisherigen Praxis einer nicht kohärenten Werbestrategie des Bundes und der Nichtnutzung von Synergien zum Nachteil der Steuerzahler".

Die Ausschreibung ist online hier zu finden.

(APA/Red)

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