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Rechtswidrig: Sobotka lehnt Ibiza-Video für U-Ausschuss ab

Wolfgang Sobotka heute beim Ibiza-U-Ausschuss.
Wolfgang Sobotka heute beim Ibiza-U-Ausschuss. ©APA/HELMUT FOHRINGER
Das Angebot eines Anwalts, dem Ibiza-U-Ausschuss das Video zukommen zu lassen, wurde am Montag ausgeschlagen. U-Ausschussvorsitzender Wolfgang Sobotka (ÖVP) bezieht sich dabei auf einer Erkenntnis des OGH, wonach das Video rechtswidrig hergestellt wurde.

Nationalratspräsident und U-Ausschussvorsitzender Wolfgang Sobotka (ÖVP) wird das Angebot des Anwalts des mutmaßlichen Ibiza-Drahtziehers Julian H., das Video in Originalversion zu übermitteln, nicht annehmen. Einer Erkenntnis des OGH zufolge sei das Video rechtswidrig zustande gekommen, zudem könne nicht ausgeschlossen werden, dass das Beweismittel widerrechtlich erlangt worden sei, so Sobotka.

"Wir stehen auf der Basis des österreichischen Rechtsstaates."

Und der U-Ausschuss dürfe rechtswidrig zustande gekommene Beweismittel nicht annehmen. Darüber hinaus fänden sich in der Verfahrensordnung keine Anhaltspunkte dafür, dass eine Übermittlung von Beweismittel durch Dritte direkt an den Ausschuss zulässig sei. Dies sei die Einschätzung des rechtswissenschaftlichen Dienstes, der Verfahrensrichterin Ilse Huber sowie der Verfahrensanwalt Andreas Joklik, so Sobotka nach einem Treffen mit den Fraktionen. Er schließe sich dem als Vorsitzender an: "Wir stehen auf der Basis des österreichischen Rechtsstaates." Es sei "nicht möglich" einfach so Beweismittel von Dritten auf den Tisch zu legen.

SPÖ, NEOS und FPÖ anderer Meinung

NEOS, SPÖ und FPÖ sind, was das Video-Angebot des Anwalts des mutmaßlichen Drahtziehers an den U-Ausschuss anbelangt, gegenteiliger Ansicht als Vorsitzender Wolfgang Sobotka (ÖVP). Sowohl NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper als auch ihr SPÖ-Pendant Jan Krainer bezeichneten die Entscheidung als unverständlich. Ebenfalls nicht nachvollziehen konnte diese FPÖ-Vertreter Martin Graf.

Krisper nannte die Entscheidung "völlig unlogisch" und "rechtlich überhaupt nicht nachvollziehbar". Sie werde nun prüfen, inwieweit es möglich sei, dass sie das Video vom Anwalt erhalte, um es dann dem Ausschuss als Beweismittel vorzulegen. "Wenn es da liegt, wird man die heiße Kartoffel wohl angreifen." Was bleibe, sei der bittere Beigeschmack, dass die SoKo Tape es unterlassen habe, selbst den Anwalt zu kontaktieren, um an das Video zu gelangen. Und nach der Sicherstellung habe sie sich dann "selbst beweihräuchert". Die SoKo sei einfach "zum Fremdschämen", so Krisper. Dass die Herstellung des Videos illegal gewesen sei, ist aus Krispers Sicht ein "absurdes Argument", denn das Video, das der Staatsanwaltschaft vorliegt, sei ja dasselbe.

Opposition versteht Entscheidung nicht

In ein ähnliches Horn stieß Krainer: "Wir haben klar gesagt, dass wir diese Vorgehensweise gar nicht verstehen." Denn zum einen sei der Inhalt dieses Videos - "hoffentlich" - derselbe, als jene Version, die der Staatsanwaltschaft vorliegt. Zum anderen schließe die Verfahrensordnung keineswegs aus, dass Beweismittel von Dritten angenommen werden dürfen. Auch Krainer kündigte an, die verschiedenen Varianten zu prüfen, um an das Video zu kommen. "Wir werden nun prüfen, welche die rechtlich sauberste ist." Die einzige Fraktion, die sich für die Vorgehensweise Sobotkas aussprach, sei die ÖVP gewesen, merkte Krainer an.

Auch FPÖ-Abgeordneter Graf wertete die Vorgehensweise als "völlig inakzeptabel" und als weiteren Versuch, die Ausschussarbeit zu verzögern. Das Video sei schließlich das "zentrale Beweismittel" und sollte dem U-Ausschuss in voller Länge vorgelegt werden. Sollte der Anwalt das Video ihm übermitteln, dann würde er dieses umgehend dem U-Ausschuss als Beweismittel vorlegen, stellte Graf seinerseits ein Angebot in den Raum. Von Interesse sei das Video auch deswegen, um festzustellen, ob es allenfalls Abweichungen zu der von der SoKo Tape sichergestellten Version gebe. Ein weiterer Kritikpunkt Grafs war es, dass es sich bei dem heutigen Treffen um eine informelle Sitzung der Fraktionsführer gehandelt habe. Graf plädiert stattdessen auf eine offizielle und beschlussfähige Sitzung des Untersuchungsausschusses am Rande der kommenden Plenartage, damit sich die Fraktionen mittels Abstimmung deklarieren können.

Grünen-Fraktionsführerin "offiziell entschuldigt"

Grünen-Fraktionsführerin Nina Tomaselli betonte gegenüber der APA, dass sie bei dem Treffen am Montag "offiziell entschuldigt" gewesen sei und Sobotka dies auch kundgetan habe. In der Sache merkte Tomaselli an, dass es sich "nur noch um Tage" handeln könne, bis das Video auf einem "sauberen und legalen Weg" über die Staatsanwaltschaft in den U-Ausschuss komme. Sie könne die Ungeduld verstehen, es sei aber wichtig, einen "geradlinigen" und rechtlich sauberen Weg zu gehen. Zudem verwies sie darauf, dass es keine Mehrheitsentscheidung der Fraktionen sei, sondern eine des Vorsitzenden Sobotka, ob er das Video annehme oder nicht.

Auch die Verfahrensrichterin Ilse Huber und der Verfahrensanwalt Andreas Joklik, die gemeinsam mit Sobotka vor die Journalisten getreten waren, verteidigten die Entscheidung, die man sich "sehr genau angeschaut" habe. Joklik zufolge galt es zwei Stränge zu trennen, nämlich das Strafrecht und die Verfahrensordnung. Und bei beidem habe es Bedenken gegeben. Er glaube aber in Anlehnung an Bundespräsident Alexander Van der Bellen "an die Schönheit der Verfahrensordnung", so Joklik: "Wir werden das Problem lösen." Auch Huber merkte an, dass es sich über Gesetzesauslegungen "immer streiten" lasse, hier sei die Sache aber relativ eindeutig. Als Vertreter der Justiz nahm Sektionschef Christian Pilnacek am Treffen teil.

 ÖVP verweist auf Rechtsstaatlichkeit

ÖVP-Fraktionsführer Wolfgang Gerstl hat am Montag die Entscheidung des Vorsitzenden Wolfgang Sobotka (ÖVP), das Video-Angebot nicht anzunehmen, mit dem Verweis auf den Rechtsstaat verteidigt. Als Parlament sei man der Rechtsstaatlichkeit verpflichtet, so Gerstl.

Die Lieferung könne "rechtlich einwandfrei" durch die österreichische Justiz erfolgen, so Gerstl: "Wir brauchen keine sonderbaren Angebote aus dem Ausland." Fragwürdig sei außerdem, warum der Anwalt des Beschuldigten das Angebot erst jetzt gestellt habe. Schließlich hätte er das ja schon seit langem gekonnt.

Das Schreiben mit dem Angebot sei ja auch an die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegangen, so Gerstl: "Es wird eine spannende Frage, wie sie mit dem Video umgehen wird."

Sobotka ersucht Anwalt Kontakt mit Behörden aufzunehmen

Nationalratspräsident und U-Ausschussvorsitzender Wolfgang Sobotka (ÖVP) hat am Montag dem Anwalt des mutmaßlichen Ibiza-Drahtziehers Julian H., Johannes Eisenberg, in einem Schreiben mitgeteilt, das Angebot auf Übermittlung des Videos wegen mangelnder Rechtsgrundlage nicht anzunehmen. Gleichzeitig ersuchte er Eisenberg, rasch mit den zuständigen Strafverfolgungsbehörden in Österreich Kontakt aufzunehmen.

APA-Informationen zufolge schrieb Sobotka Eisenberg, dass es keine Rechtsgrundlage gebe, auf Basis derer der U-Ausschuss das Video "direkt" anfordern könne. Eisenberg solle daher mit den Strafverfolgungsbehörden Kontakt aufnehmen.

Laut Parlament ging am Nachmittag ein zweites Schreiben Sobotkas an Justizministerin Alma Zadic (Grüne). In diesem informierte der Nationalratspräsident Zadic über die Entscheidung, das Video nicht anzunehmen. Zudem bat er die Justizministerin einmal mehr, das Video im Rahmen der Aktenlieferung "möglichst rasch" den Abgeordneten im U-Ausschuss zu übermitteln.

(APA/red)

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